hätte er gewünscht, anstatt dem richter- lichen Amte in Burgholzheim im Franken- lande vorzustehen, das Rentamt Burghaus- sen in Bayern zu verwalten. Dort müsse sich, meynt' er, der Beamte excellent ste- hen: denn besage der im Münchner Jntel- ligenzblatt sich befindenden Abhandlung von Felddieberey, wären vom Jahr 1748 bis 1776 daselbst an die 11000 Menschen ein Opfer der peinlichen Gesetze worden. Jn hiesigem Gerichtsbezirk, setzt' er ganz miß- müthig hinzu, wären in dieser Zeit nicht so viel Lerchen gefangen als dort Diebe iustifi- zirt worden. Er wolle gern die erste oder die lezte Ziffer an dieser Summe schwinden lassen, und doch ein Kapitalist seyn, wenn er, wie gewöhnlich, die Justifizirten als Richter beerbt hätte. Wunderbar! dacht ich bey mir, daß Richter und Malefikant doch so oft nach einerley Grundsätzen denken und handeln, als wären sie zusammen in
eine
haͤtte er gewuͤnſcht, anſtatt dem richter- lichen Amte in Burgholzheim im Franken- lande vorzuſtehen, das Rentamt Burghauſ- ſen in Bayern zu verwalten. Dort muͤſſe ſich, meynt’ er, der Beamte excellent ſte- hen: denn beſage der im Muͤnchner Jntel- ligenzblatt ſich befindenden Abhandlung von Felddieberey, waͤren vom Jahr 1748 bis 1776 daſelbſt an die 11000 Menſchen ein Opfer der peinlichen Geſetze worden. Jn hieſigem Gerichtsbezirk, ſetzt’ er ganz miß- muͤthig hinzu, waͤren in dieſer Zeit nicht ſo viel Lerchen gefangen als dort Diebe iuſtifi- zirt worden. Er wolle gern die erſte oder die lezte Ziffer an dieſer Summe ſchwinden laſſen, und doch ein Kapitaliſt ſeyn, wenn er, wie gewoͤhnlich, die Juſtifizirten als Richter beerbt haͤtte. Wunderbar! dacht ich bey mir, daß Richter und Malefikant doch ſo oft nach einerley Grundſaͤtzen denken und handeln, als waͤren ſie zuſammen in
eine
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0026"n="18"/>
haͤtte er gewuͤnſcht, anſtatt dem richter-<lb/>
lichen Amte in Burgholzheim im Franken-<lb/>
lande vorzuſtehen, das Rentamt Burghauſ-<lb/>ſen in Bayern zu verwalten. Dort muͤſſe<lb/>ſich, meynt’ er, der Beamte excellent ſte-<lb/>
hen: denn beſage der im Muͤnchner Jntel-<lb/>
ligenzblatt ſich befindenden Abhandlung von<lb/>
Felddieberey, waͤren vom Jahr 1748 bis<lb/>
1776 daſelbſt an die 11000 Menſchen ein<lb/>
Opfer der peinlichen Geſetze worden. Jn<lb/>
hieſigem Gerichtsbezirk, ſetzt’ er ganz miß-<lb/>
muͤthig hinzu, waͤren in dieſer Zeit nicht ſo<lb/>
viel Lerchen gefangen als dort Diebe iuſtifi-<lb/>
zirt worden. Er wolle gern die erſte oder<lb/>
die lezte Ziffer an dieſer Summe ſchwinden<lb/>
laſſen, und doch ein Kapitaliſt ſeyn, wenn<lb/>
er, wie gewoͤhnlich, die Juſtifizirten als<lb/>
Richter beerbt haͤtte. Wunderbar! dacht<lb/>
ich bey mir, daß Richter und Malefikant<lb/>
doch ſo oft nach einerley Grundſaͤtzen denken<lb/>
und handeln, als waͤren ſie zuſammen in<lb/><fwplace="bottom"type="catch">eine</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[18/0026]
haͤtte er gewuͤnſcht, anſtatt dem richter-
lichen Amte in Burgholzheim im Franken-
lande vorzuſtehen, das Rentamt Burghauſ-
ſen in Bayern zu verwalten. Dort muͤſſe
ſich, meynt’ er, der Beamte excellent ſte-
hen: denn beſage der im Muͤnchner Jntel-
ligenzblatt ſich befindenden Abhandlung von
Felddieberey, waͤren vom Jahr 1748 bis
1776 daſelbſt an die 11000 Menſchen ein
Opfer der peinlichen Geſetze worden. Jn
hieſigem Gerichtsbezirk, ſetzt’ er ganz miß-
muͤthig hinzu, waͤren in dieſer Zeit nicht ſo
viel Lerchen gefangen als dort Diebe iuſtifi-
zirt worden. Er wolle gern die erſte oder
die lezte Ziffer an dieſer Summe ſchwinden
laſſen, und doch ein Kapitaliſt ſeyn, wenn
er, wie gewoͤhnlich, die Juſtifizirten als
Richter beerbt haͤtte. Wunderbar! dacht
ich bey mir, daß Richter und Malefikant
doch ſo oft nach einerley Grundſaͤtzen denken
und handeln, als waͤren ſie zuſammen in
eine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/26>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.