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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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abgeschnitten haben. Es waren keine fei-
gen, sondern empfindsame Thränen die sie
weinte, weil sie das süße Eheglück entbeh-
ren und ihren Herzpatron, den sie vermuth-
lich sich schon auserkohren hatte, auf ewig
verabschieden mußte. -- Jedes Frauen-
zimmer sag ich, das nicht in dem Fall ist,
ein so furchtbar Gelübde ablegen zu müssen,
ist berechtiget, den zukünftigen Chefreund
sich nach diesem Jdeal vorzubilden. Wüst
ich wo der Jüngling anzutreffen wär, aus
dessen Physiognomie die schöne Herzrubrik
des Skweir West hervor leuchtete, wahrlich,
Lottchen! ich sags unverhohlen, heute noch
führt ich den Jhnen zu. Aber ieder, der
sich unterfing um Jhre Hand zu werden,
und diesem Jdeal nicht gleich käm, --
Gott gnad seiner armen Seele! der hätts
mit mir zu thun, ich würd' eine scharfe
Lanze mit ihm brechen, und ihn auf den
Sand setzen, so wahr ich lebe!

Sie

abgeſchnitten haben. Es waren keine fei-
gen, ſondern empfindſame Thraͤnen die ſie
weinte, weil ſie das ſuͤße Ehegluͤck entbeh-
ren und ihren Herzpatron, den ſie vermuth-
lich ſich ſchon auserkohren hatte, auf ewig
verabſchieden mußte. — Jedes Frauen-
zimmer ſag ich, das nicht in dem Fall iſt,
ein ſo furchtbar Geluͤbde ablegen zu muͤſſen,
iſt berechtiget, den zukuͤnftigen Chefreund
ſich nach dieſem Jdeal vorzubilden. Wuͤſt
ich wo der Juͤngling anzutreffen waͤr, aus
deſſen Phyſiognomie die ſchoͤne Herzrubrik
des Skweir Weſt hervor leuchtete, wahrlich,
Lottchen! ich ſags unverhohlen, heute noch
fuͤhrt ich den Jhnen zu. Aber ieder, der
ſich unterfing um Jhre Hand zu werden,
und dieſem Jdeal nicht gleich kaͤm, —
Gott gnad ſeiner armen Seele! der haͤtts
mit mir zu thun, ich wuͤrd’ eine ſcharfe
Lanze mit ihm brechen, und ihn auf den
Sand ſetzen, ſo wahr ich lebe!

Sie
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[204/0212] abgeſchnitten haben. Es waren keine fei- gen, ſondern empfindſame Thraͤnen die ſie weinte, weil ſie das ſuͤße Ehegluͤck entbeh- ren und ihren Herzpatron, den ſie vermuth- lich ſich ſchon auserkohren hatte, auf ewig verabſchieden mußte. — Jedes Frauen- zimmer ſag ich, das nicht in dem Fall iſt, ein ſo furchtbar Geluͤbde ablegen zu muͤſſen, iſt berechtiget, den zukuͤnftigen Chefreund ſich nach dieſem Jdeal vorzubilden. Wuͤſt ich wo der Juͤngling anzutreffen waͤr, aus deſſen Phyſiognomie die ſchoͤne Herzrubrik des Skweir Weſt hervor leuchtete, wahrlich, Lottchen! ich ſags unverhohlen, heute noch fuͤhrt ich den Jhnen zu. Aber ieder, der ſich unterfing um Jhre Hand zu werden, und dieſem Jdeal nicht gleich kaͤm, — Gott gnad ſeiner armen Seele! der haͤtts mit mir zu thun, ich wuͤrd’ eine ſcharfe Lanze mit ihm brechen, und ihn auf den Sand ſetzen, ſo wahr ich lebe! Sie

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/212>, abgerufen am 27.11.2024.