Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

dem Anpochen und Lermen der Sponsirer
von aussen, Thür und Fensterläden wohl
verschlossen hielt, daß all mein Visiren
und Glostern vergebens war, aus dem
Gedrittenschein des Freyeradspekts den be-
günstigten Liebhaber heraus zu finden: so
schien doch, ungeachtet der vom Vater mir
angerühmten Unerfahrenheit ihres Herzens,
die Mutter Natur den treuen Unterricht ihr
nicht vorenthalten zu haben, den sie keiner
ihrer iugendlichen Töchter versagt: die auf-
blühenden Reize als Nez und Schlingen zu
gebrauchen, um die Anstauner Kluppweise
drein zu knüpfen, anzureihen und wenig-
stens aus Eitelkeit damit so zu paradiren,
wie die häußliche Mutter einen Bund
Schlüssel an den Schürzhacken trug. Die
Jungfer hatte diesmal ihren Anzug sorg-
fältiger gewählt, wenns gleich nur an ei-
nem Werkeltag war, als die zween Sonn-
tage vorher, da ich sie zur Kirche führte.

Sie

dem Anpochen und Lermen der Sponſirer
von auſſen, Thuͤr und Fenſterlaͤden wohl
verſchloſſen hielt, daß all mein Viſiren
und Gloſtern vergebens war, aus dem
Gedrittenſchein des Freyeradſpekts den be-
guͤnſtigten Liebhaber heraus zu finden: ſo
ſchien doch, ungeachtet der vom Vater mir
angeruͤhmten Unerfahrenheit ihres Herzens,
die Mutter Natur den treuen Unterricht ihr
nicht vorenthalten zu haben, den ſie keiner
ihrer iugendlichen Toͤchter verſagt: die auf-
bluͤhenden Reize als Nez und Schlingen zu
gebrauchen, um die Anſtauner Kluppweiſe
drein zu knuͤpfen, anzureihen und wenig-
ſtens aus Eitelkeit damit ſo zu paradiren,
wie die haͤußliche Mutter einen Bund
Schluͤſſel an den Schuͤrzhacken trug. Die
Jungfer hatte diesmal ihren Anzug ſorg-
faͤltiger gewaͤhlt, wenns gleich nur an ei-
nem Werkeltag war, als die zween Sonn-
tage vorher, da ich ſie zur Kirche fuͤhrte.

Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0199" n="191"/>
dem Anpochen und Lermen der Spon&#x017F;irer<lb/>
von au&#x017F;&#x017F;en, Thu&#x0364;r und Fen&#x017F;terla&#x0364;den wohl<lb/>
ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hielt, daß all mein Vi&#x017F;iren<lb/>
und Glo&#x017F;tern vergebens war, aus dem<lb/>
Gedritten&#x017F;chein des Freyerad&#x017F;pekts den be-<lb/>
gu&#x0364;n&#x017F;tigten Liebhaber heraus zu finden: &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chien doch, ungeachtet der vom Vater mir<lb/>
angeru&#x0364;hmten Unerfahrenheit ihres Herzens,<lb/>
die Mutter Natur den treuen Unterricht ihr<lb/>
nicht vorenthalten zu haben, den &#x017F;ie keiner<lb/>
ihrer iugendlichen To&#x0364;chter ver&#x017F;agt: die auf-<lb/>
blu&#x0364;henden Reize als Nez und Schlingen zu<lb/>
gebrauchen, um die An&#x017F;tauner Kluppwei&#x017F;e<lb/>
drein zu knu&#x0364;pfen, anzureihen und wenig-<lb/>
&#x017F;tens aus Eitelkeit damit &#x017F;o zu paradiren,<lb/>
wie die ha&#x0364;ußliche Mutter einen Bund<lb/>
Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el an den Schu&#x0364;rzhacken trug. Die<lb/>
Jungfer hatte diesmal ihren Anzug &#x017F;org-<lb/>
fa&#x0364;ltiger gewa&#x0364;hlt, wenns gleich nur an ei-<lb/>
nem Werkeltag war, als die zween Sonn-<lb/>
tage vorher, da ich &#x017F;ie zur Kirche fu&#x0364;hrte.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0199] dem Anpochen und Lermen der Sponſirer von auſſen, Thuͤr und Fenſterlaͤden wohl verſchloſſen hielt, daß all mein Viſiren und Gloſtern vergebens war, aus dem Gedrittenſchein des Freyeradſpekts den be- guͤnſtigten Liebhaber heraus zu finden: ſo ſchien doch, ungeachtet der vom Vater mir angeruͤhmten Unerfahrenheit ihres Herzens, die Mutter Natur den treuen Unterricht ihr nicht vorenthalten zu haben, den ſie keiner ihrer iugendlichen Toͤchter verſagt: die auf- bluͤhenden Reize als Nez und Schlingen zu gebrauchen, um die Anſtauner Kluppweiſe drein zu knuͤpfen, anzureihen und wenig- ſtens aus Eitelkeit damit ſo zu paradiren, wie die haͤußliche Mutter einen Bund Schluͤſſel an den Schuͤrzhacken trug. Die Jungfer hatte diesmal ihren Anzug ſorg- faͤltiger gewaͤhlt, wenns gleich nur an ei- nem Werkeltag war, als die zween Sonn- tage vorher, da ich ſie zur Kirche fuͤhrte. Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/199
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/199>, abgerufen am 23.12.2024.