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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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cher Absicht, und in welcher Laune, ver-
dient Aufmerksamkeit. Jhre Heurathsaxio-
men sind mir neu und fremd, ich habe sie
bey meiner zweyfachen Ehe nicht befolgt und
demungeachtet mich wohl dabey befunden,
und so hab ich auch meine Tochter nach dem
alten System verheurathen wollen; weil ich
von keinem andern wußte. Es ist mir nie
der Gedanke eingekommen, weder als ich
um die erste, noch da ich um die zwote
Braut warb, daß ich eine frühere Verbin-
dung stöhren könnte, und in dieser glückli-
chen Unwissenheit, hab ich mit meinen bey-
den Frauen, Gott Lob! gesunde und gerade
Kinder gezeugt. Meine selge Frau war
die Tochter meines Vorwesers hier im Amt,
dem ich Alters halber beygefügt wurde. Als
ich einer Wirthin bedurfte, sprach ich ihn,
ohne vorgängige Liebesintrigue, um seine
Tochter an, und erhielt sie ohne Schwierig-
keiten. Jch supponirte, daß ihr Herz noch

völlig

cher Abſicht, und in welcher Laune, ver-
dient Aufmerkſamkeit. Jhre Heurathsaxio-
men ſind mir neu und fremd, ich habe ſie
bey meiner zweyfachen Ehe nicht befolgt und
demungeachtet mich wohl dabey befunden,
und ſo hab ich auch meine Tochter nach dem
alten Syſtem verheurathen wollen; weil ich
von keinem andern wußte. Es iſt mir nie
der Gedanke eingekommen, weder als ich
um die erſte, noch da ich um die zwote
Braut warb, daß ich eine fruͤhere Verbin-
dung ſtoͤhren koͤnnte, und in dieſer gluͤckli-
chen Unwiſſenheit, hab ich mit meinen bey-
den Frauen, Gott Lob! geſunde und gerade
Kinder gezeugt. Meine ſelge Frau war
die Tochter meines Vorweſers hier im Amt,
dem ich Alters halber beygefuͤgt wurde. Als
ich einer Wirthin bedurfte, ſprach ich ihn,
ohne vorgaͤngige Liebesintrigue, um ſeine
Tochter an, und erhielt ſie ohne Schwierig-
keiten. Jch ſupponirte, daß ihr Herz noch

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[168/0176] cher Abſicht, und in welcher Laune, ver- dient Aufmerkſamkeit. Jhre Heurathsaxio- men ſind mir neu und fremd, ich habe ſie bey meiner zweyfachen Ehe nicht befolgt und demungeachtet mich wohl dabey befunden, und ſo hab ich auch meine Tochter nach dem alten Syſtem verheurathen wollen; weil ich von keinem andern wußte. Es iſt mir nie der Gedanke eingekommen, weder als ich um die erſte, noch da ich um die zwote Braut warb, daß ich eine fruͤhere Verbin- dung ſtoͤhren koͤnnte, und in dieſer gluͤckli- chen Unwiſſenheit, hab ich mit meinen bey- den Frauen, Gott Lob! geſunde und gerade Kinder gezeugt. Meine ſelge Frau war die Tochter meines Vorweſers hier im Amt, dem ich Alters halber beygefuͤgt wurde. Als ich einer Wirthin bedurfte, ſprach ich ihn, ohne vorgaͤngige Liebesintrigue, um ſeine Tochter an, und erhielt ſie ohne Schwierig- keiten. Jch ſupponirte, daß ihr Herz noch voͤllig

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/176>, abgerufen am 22.11.2024.