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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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Der Mann sah mich verwundernd an,
wußte nicht, obs zu Schimpf oder Ernst
gemeinet sey, was ich da sprach, darum
fuhr ich fort. Weil die empfindsame Welt
für Sie unter die unbekannten Anstrallän-
der gehöret: so trau ich Jhnen kaum zu,
daß Sie den renommirten Werther kennen.
Den Werther? unterbrach er mich, 's ist
mir so, als hätt ich von ihm reden hören.
Wo hört er zu Hause? Jch. Unter den
beyden Linden an seinen Grabeshügel, wo-
hin ihn eine Lotte befördert hat. Merken
Sie sich das, Freund! Sie haben auch eine;
Die Lotten sind ominös, und richten leicht
groß Herzeleid an. Wenn Jhnen also Wer-
ther fremd ist, so werden Sie noch weniger
einen Adolph, einen Sontheim, einen Tellow
und andere von gleichem Gelichter kennen,
die alle für ihre Mädchen, und für die wie-
derum ihre Mädchen ausgelitten und ausge-
rungen haben. Eh Sie ihre Tochter an ei-

nen

Der Mann ſah mich verwundernd an,
wußte nicht, obs zu Schimpf oder Ernſt
gemeinet ſey, was ich da ſprach, darum
fuhr ich fort. Weil die empfindſame Welt
fuͤr Sie unter die unbekannten Anſtrallaͤn-
der gehoͤret: ſo trau ich Jhnen kaum zu,
daß Sie den renommirten Werther kennen.
Den Werther? unterbrach er mich, ’s iſt
mir ſo, als haͤtt ich von ihm reden hoͤren.
Wo hoͤrt er zu Hauſe? Jch. Unter den
beyden Linden an ſeinen Grabeshuͤgel, wo-
hin ihn eine Lotte befoͤrdert hat. Merken
Sie ſich das, Freund! Sie haben auch eine;
Die Lotten ſind ominoͤs, und richten leicht
groß Herzeleid an. Wenn Jhnen alſo Wer-
ther fremd iſt, ſo werden Sie noch weniger
einen Adolph, einen Sontheim, einen Tellow
und andere von gleichem Gelichter kennen,
die alle fuͤr ihre Maͤdchen, und fuͤr die wie-
derum ihre Maͤdchen ausgelitten und ausge-
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[164/0172] Der Mann ſah mich verwundernd an, wußte nicht, obs zu Schimpf oder Ernſt gemeinet ſey, was ich da ſprach, darum fuhr ich fort. Weil die empfindſame Welt fuͤr Sie unter die unbekannten Anſtrallaͤn- der gehoͤret: ſo trau ich Jhnen kaum zu, daß Sie den renommirten Werther kennen. Den Werther? unterbrach er mich, ’s iſt mir ſo, als haͤtt ich von ihm reden hoͤren. Wo hoͤrt er zu Hauſe? Jch. Unter den beyden Linden an ſeinen Grabeshuͤgel, wo- hin ihn eine Lotte befoͤrdert hat. Merken Sie ſich das, Freund! Sie haben auch eine; Die Lotten ſind ominoͤs, und richten leicht groß Herzeleid an. Wenn Jhnen alſo Wer- ther fremd iſt, ſo werden Sie noch weniger einen Adolph, einen Sontheim, einen Tellow und andere von gleichem Gelichter kennen, die alle fuͤr ihre Maͤdchen, und fuͤr die wie- derum ihre Maͤdchen ausgelitten und ausge- rungen haben. Eh Sie ihre Tochter an ei- nen

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/172>, abgerufen am 22.11.2024.