zerstöhren? Würde Sie's nicht auf der See- le brennen, wenn sich so ein lieber Schwär- mer aus Verzweiflung erwertherte; oder seine animulam vagulam blandulam in ei- nem Blutsturz aushustete; oder sich sonst zu Tode härmte, zum crevecoeur für Sie, auf den Geroldsheimer Kirchhof sich begra- ben ließ, und Sie mit seinem Schatten quälte? Solcher traurigen Exempel giebts viel in unsern Tagen. Jeder Vater, der eine wohlgestaltete Tochter hat, sollte das all wohl erwägen, und eh er sein Kind aus- steuret, zur Sicherstellung seines Gewissens, wenigstens in dreyer Herren Landen, und durch die öffentlichen Zeitungen Ediktales er- gehen lassen, um alle, die quouis modo ein Recht an ein ehefähiges Mädchen zu haben vermeinen, zu convociren, und über ihre Prioritäts-Jura rechtlich verfahren zu lassen.
Der
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zerſtoͤhren? Wuͤrde Sie’s nicht auf der See- le brennen, wenn ſich ſo ein lieber Schwaͤr- mer aus Verzweiflung erwertherte; oder ſeine animulam vagulam blandulam in ei- nem Blutſturz aushuſtete; oder ſich ſonſt zu Tode haͤrmte, zum crêvecoeur fuͤr Sie, auf den Geroldsheimer Kirchhof ſich begra- ben ließ, und Sie mit ſeinem Schatten quaͤlte? Solcher traurigen Exempel giebts viel in unſern Tagen. Jeder Vater, der eine wohlgeſtaltete Tochter hat, ſollte das all wohl erwaͤgen, und eh er ſein Kind aus- ſteuret, zur Sicherſtellung ſeines Gewiſſens, wenigſtens in dreyer Herren Landen, und durch die oͤffentlichen Zeitungen Ediktales er- gehen laſſen, um alle, die quouis modo ein Recht an ein ehefaͤhiges Maͤdchen zu haben vermeinen, zu convociren, und uͤber ihre Prioritaͤts-Jura rechtlich verfahren zu laſſen.
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zerſtoͤhren? Wuͤrde Sie’s nicht auf der See-
le brennen, wenn ſich ſo ein lieber Schwaͤr-
mer aus Verzweiflung erwertherte; oder
ſeine animulam vagulam blandulam in ei-
nem Blutſturz aushuſtete; oder ſich ſonſt zu
Tode haͤrmte, zum crêvecoeur fuͤr Sie,
auf den Geroldsheimer Kirchhof ſich begra-
ben ließ, und Sie mit ſeinem Schatten
quaͤlte? Solcher traurigen Exempel giebts
viel in unſern Tagen. Jeder Vater, der
eine wohlgeſtaltete Tochter hat, ſollte das
all wohl erwaͤgen, und eh er ſein Kind aus-
ſteuret, zur Sicherſtellung ſeines Gewiſſens,
wenigſtens in dreyer Herren Landen, und
durch die oͤffentlichen Zeitungen Ediktales er-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/171>, abgerufen am 22.11.2024.
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