Hausvogt entsprossen zu seyn sich bedünken läßt. Art läßt nicht von Art. Obgleich Camerarius seinem Urältervater das rühm- liche Zeugniß giebt, daß er ein ehrlicher Hausvogt gewesen sey, ohne welchen der theure Gottesmann in seiner Oeconomie nicht bestanden wär, dem der Konkurs wie sein Schatten immer auf dem Fuße nachgefolgt seyn soll: so ergiebt sich doch aus allen Um- ständen, daß Johannes ein so arger Knau- ser war als sein würdiger Abkömmling. Jch kans nie ohne Jammer und Herzeleid lesen, wie der selge Melanchton sich von seinem Hausmeister mußt' anschnauzen lassen, wenn er einmal gutes Muths seyn, ein Wohlle- ben oder einen Hochschmauß anstellen woll- te, war dazu nie Geld in Kassa, und der Hausmeister kiff und biß um sich, wie ein wilder Eber, daher der gute friedliebende Mann, um den ungestümen Polterer loß zu werden, einen silbernen Becher nach dem
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Hausvogt entſproſſen zu ſeyn ſich beduͤnken laͤßt. Art laͤßt nicht von Art. Obgleich Camerarius ſeinem Uraͤltervater das ruͤhm- liche Zeugniß giebt, daß er ein ehrlicher Hausvogt geweſen ſey, ohne welchen der theure Gottesmann in ſeiner Oeconomie nicht beſtanden waͤr, dem der Konkurs wie ſein Schatten immer auf dem Fuße nachgefolgt ſeyn ſoll: ſo ergiebt ſich doch aus allen Um- ſtaͤnden, daß Johannes ein ſo arger Knau- ſer war als ſein wuͤrdiger Abkoͤmmling. Jch kans nie ohne Jammer und Herzeleid leſen, wie der ſelge Melanchton ſich von ſeinem Hausmeiſter mußt’ anſchnauzen laſſen, wenn er einmal gutes Muths ſeyn, ein Wohlle- ben oder einen Hochſchmauß anſtellen woll- te, war dazu nie Geld in Kaſſa, und der Hausmeiſter kiff und biß um ſich, wie ein wilder Eber, daher der gute friedliebende Mann, um den ungeſtuͤmen Polterer loß zu werden, einen ſilbernen Becher nach dem
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Hausvogt entſproſſen zu ſeyn ſich beduͤnken
laͤßt. Art laͤßt nicht von Art. Obgleich
Camerarius ſeinem Uraͤltervater das ruͤhm-
liche Zeugniß giebt, daß er ein ehrlicher
Hausvogt geweſen ſey, ohne welchen der
theure Gottesmann in ſeiner Oeconomie nicht
beſtanden waͤr, dem der Konkurs wie ſein
Schatten immer auf dem Fuße nachgefolgt
ſeyn ſoll: ſo ergiebt ſich doch aus allen Um-
ſtaͤnden, daß Johannes ein ſo arger Knau-
ſer war als ſein wuͤrdiger Abkoͤmmling. Jch
kans nie ohne Jammer und Herzeleid leſen,
wie der ſelge Melanchton ſich von ſeinem
Hausmeiſter mußt’ anſchnauzen laſſen, wenn
er einmal gutes Muths ſeyn, ein Wohlle-
ben oder einen Hochſchmauß anſtellen woll-
te, war dazu nie Geld in Kaſſa, und der
Hausmeiſter kiff und biß um ſich, wie ein
wilder Eber, daher der gute friedliebende
Mann, um den ungeſtuͤmen Polterer loß zu
werden, einen ſilbernen Becher nach dem
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/113>, abgerufen am 22.11.2024.
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