zelner Gliedmaßen oder Linien eingelassen, noch weniger hab ich mich der verworrenen Lavaterschen Scala bedient. Denn die Li- neamenten aus einander reissen, sie abson- dern und ausdehnen, und das Menschen- angesicht so zerarbeiten, wie ein Gerber ei- ne Rindsphysiognomie, heißt nicht es phy- siognomisch behandeln. Die Zusammen- stimmung und Anordnung aller festen und beweglichen Theile, hat allerdings einen gewissen bestimmten Charakter; nie aber hab' ich mehr als zwo Hauptklassen von Gesichtsformen entdecken können, so wie es überhaupt nur in sittlicher Betrachtung zwo Gattungen von Menschen giebt, eine thä- tige und eine leidende.
Diese Thätigkeit des Geistes, ist mit so unverkennbaren Charakter in die Physiogno- mie hineingestempelt, daß ich auf den er- sten Anblick, einen wildfremden Menschen mit eben der Zuverläßigkeit zu klassificiren
weiß,
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zelner Gliedmaßen oder Linien eingelaſſen, noch weniger hab ich mich der verworrenen Lavaterſchen Scala bedient. Denn die Li- neamenten aus einander reiſſen, ſie abſon- dern und ausdehnen, und das Menſchen- angeſicht ſo zerarbeiten, wie ein Gerber ei- ne Rindsphyſiognomie, heißt nicht es phy- ſiognomiſch behandeln. Die Zuſammen- ſtimmung und Anordnung aller feſten und beweglichen Theile, hat allerdings einen gewiſſen beſtimmten Charakter; nie aber hab’ ich mehr als zwo Hauptklaſſen von Geſichtsformen entdecken koͤnnen, ſo wie es uͤberhaupt nur in ſittlicher Betrachtung zwo Gattungen von Menſchen giebt, eine thaͤ- tige und eine leidende.
Dieſe Thaͤtigkeit des Geiſtes, iſt mit ſo unverkennbaren Charakter in die Phyſiogno- mie hineingeſtempelt, daß ich auf den er- ſten Anblick, einen wildfremden Menſchen mit eben der Zuverlaͤßigkeit zu klaſſificiren
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zelner Gliedmaßen oder Linien eingelaſſen,
noch weniger hab ich mich der verworrenen
Lavaterſchen Scala bedient. Denn die Li-
neamenten aus einander reiſſen, ſie abſon-
dern und ausdehnen, und das Menſchen-
angeſicht ſo zerarbeiten, wie ein Gerber ei-
ne Rindsphyſiognomie, heißt nicht es phy-
ſiognomiſch behandeln. Die Zuſammen-
ſtimmung und Anordnung aller feſten und
beweglichen Theile, hat allerdings einen
gewiſſen beſtimmten Charakter; nie aber
hab’ ich mehr als zwo Hauptklaſſen von
Geſichtsformen entdecken koͤnnen, ſo wie es
uͤberhaupt nur in ſittlicher Betrachtung zwo
Gattungen von Menſchen giebt, eine thaͤ-
tige und eine leidende.
Dieſe Thaͤtigkeit des Geiſtes, iſt mit ſo
unverkennbaren Charakter in die Phyſiogno-
mie hineingeſtempelt, daß ich auf den er-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/41>, abgerufen am 02.03.2025.
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