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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

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der Hauptzweck ist. Jch verließ den Jrr-
weg der Gefühle, und folgte der Heerstraße
des Verstandes. Das erste Axiom, das
mir auf meinem Wege begegnete, war, daß
der ganze Kram von der Bedeutsamkeit ein-
zelner Theile des Gesichts, nichts als lee-
res Stroh sey, aus dem sich kein Waitzen
sammlen lasse. Eben die Form der Nase,
die Wölbung der Stirn, die Oeffnung des
Auges, welche in einem Gesicht Arglist,
Trug, Niederträchtigkeit weissagen, be-
zeichnen in dem andern Ehrlichkeit, Treue,
Rechtschaffenheit, wenn diese Tugenden
noch unter den Menschen wohnen. Alle
einzelne Theile des Gesichts, verhalten sich
wie einzelne Töne, die einen einfachen Laut
geben, der ist, was man ihn gelten läßt;
aber die Zusammenstimmung mehrerer
macht einen Akkord, von dem sich urthei-
len läßt, ob er dur oder moll sey. Darum
hab' ich mich nie auf die Bedeutsamkeit ein-

zelner

der Hauptzweck iſt. Jch verließ den Jrr-
weg der Gefuͤhle, und folgte der Heerſtraße
des Verſtandes. Das erſte Axiom, das
mir auf meinem Wege begegnete, war, daß
der ganze Kram von der Bedeutſamkeit ein-
zelner Theile des Geſichts, nichts als lee-
res Stroh ſey, aus dem ſich kein Waitzen
ſammlen laſſe. Eben die Form der Naſe,
die Woͤlbung der Stirn, die Oeffnung des
Auges, welche in einem Geſicht Argliſt,
Trug, Niedertraͤchtigkeit weiſſagen, be-
zeichnen in dem andern Ehrlichkeit, Treue,
Rechtſchaffenheit, wenn dieſe Tugenden
noch unter den Menſchen wohnen. Alle
einzelne Theile des Geſichts, verhalten ſich
wie einzelne Toͤne, die einen einfachen Laut
geben, der iſt, was man ihn gelten laͤßt;
aber die Zuſammenſtimmung mehrerer
macht einen Akkord, von dem ſich urthei-
len laͤßt, ob er dur oder moll ſey. Darum
hab’ ich mich nie auf die Bedeutſamkeit ein-

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[40/0040] der Hauptzweck iſt. Jch verließ den Jrr- weg der Gefuͤhle, und folgte der Heerſtraße des Verſtandes. Das erſte Axiom, das mir auf meinem Wege begegnete, war, daß der ganze Kram von der Bedeutſamkeit ein- zelner Theile des Geſichts, nichts als lee- res Stroh ſey, aus dem ſich kein Waitzen ſammlen laſſe. Eben die Form der Naſe, die Woͤlbung der Stirn, die Oeffnung des Auges, welche in einem Geſicht Argliſt, Trug, Niedertraͤchtigkeit weiſſagen, be- zeichnen in dem andern Ehrlichkeit, Treue, Rechtſchaffenheit, wenn dieſe Tugenden noch unter den Menſchen wohnen. Alle einzelne Theile des Geſichts, verhalten ſich wie einzelne Toͤne, die einen einfachen Laut geben, der iſt, was man ihn gelten laͤßt; aber die Zuſammenſtimmung mehrerer macht einen Akkord, von dem ſich urthei- len laͤßt, ob er dur oder moll ſey. Darum hab’ ich mich nie auf die Bedeutſamkeit ein- zelner

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/40>, abgerufen am 21.11.2024.