weiße wieder abzutragen; aber ich bedurfte einer Wirthin. Hatte mir's zum Gesez ge- macht, nie anders als par raisonnement zu heyrathen, und nahm mir ein niedliches schmuckeres Weib par inclination, schmeckte alle Seligkeiten der Liebe mit einem Ent- zücken, dem nichts zu vergleichen war. Ein Paar wie wir, mußte der Dichter vor Augen haben, als er den berühmten Vers niederschrieb: Ein Schauspiel für Götter, zwey Liebende zu sehn.
Ja Herr, versezt ich, für Götter mags ein Schauspiel seyn; aber die Sterblichen amüsirts blutschlecht. Denn für den drit- ten Mann weis ich nichts überlästigers, als die Gesellschaft zweyer Liebenden. Wenn das Schauspiel für Götter, die wärmste Theilnehmung eines Dritten, an dem Ge- zier und den Tändeleyen zweyer Verliebten andeuten soll: so wünscht ich, der Dichter müßt einmal bey einer solchen Gelegenheir
den
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weiße wieder abzutragen; aber ich bedurfte einer Wirthin. Hatte mir’s zum Geſez ge- macht, nie anders als par raiſonnement zu heyrathen, und nahm mir ein niedliches ſchmuckeres Weib par inclination, ſchmeckte alle Seligkeiten der Liebe mit einem Ent- zuͤcken, dem nichts zu vergleichen war. Ein Paar wie wir, mußte der Dichter vor Augen haben, als er den beruͤhmten Vers niederſchrieb: Ein Schauſpiel fuͤr Goͤtter, zwey Liebende zu ſehn.
Ja Herr, verſezt ich, fuͤr Goͤtter mags ein Schauſpiel ſeyn; aber die Sterblichen amuͤſirts blutſchlecht. Denn fuͤr den drit- ten Mann weis ich nichts uͤberlaͤſtigers, als die Geſellſchaft zweyer Liebenden. Wenn das Schauſpiel fuͤr Goͤtter, die waͤrmſte Theilnehmung eines Dritten, an dem Ge- zier und den Taͤndeleyen zweyer Verliebten andeuten ſoll: ſo wuͤnſcht ich, der Dichter muͤßt einmal bey einer ſolchen Gelegenheir
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weiße wieder abzutragen; aber ich bedurfte
einer Wirthin. Hatte mir’s zum Geſez ge-
macht, nie anders als par raiſonnement
zu heyrathen, und nahm mir ein niedliches
ſchmuckeres Weib par inclination, ſchmeckte
alle Seligkeiten der Liebe mit einem Ent-
zuͤcken, dem nichts zu vergleichen war.
Ein Paar wie wir, mußte der Dichter vor
Augen haben, als er den beruͤhmten Vers
niederſchrieb: Ein Schauſpiel fuͤr Goͤtter,
zwey Liebende zu ſehn.
Ja Herr, verſezt ich, fuͤr Goͤtter mags
ein Schauſpiel ſeyn; aber die Sterblichen
amuͤſirts blutſchlecht. Denn fuͤr den drit-
ten Mann weis ich nichts uͤberlaͤſtigers, als
die Geſellſchaft zweyer Liebenden. Wenn
das Schauſpiel fuͤr Goͤtter, die waͤrmſte
Theilnehmung eines Dritten, an dem Ge-
zier und den Taͤndeleyen zweyer Verliebten
andeuten ſoll: ſo wuͤnſcht ich, der Dichter
muͤßt einmal bey einer ſolchen Gelegenheir
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/25>, abgerufen am 23.07.2024.
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