schen den Gartenhecken des Fleckens, schloß ich mich an die Gesellschaft, erhascht zuerst ein Jüngfergen, welches ich gar recht die Tochter vom Hauß zu seyn erachtete. Frug praemissis praemittendis, ob dem also sey? der Knicks des Jüngfergens sprach, ia. Zu- gleich sah sie mir scharf in die Augen, und nach einer Uebersicht von einem Augenblick, rief sie ganz freudig: der Herr Vetter Ma- ma! Welche Worte mich an die Mutter präsentirten, die mich gar tugendlich und ehrlich, mit Komplimenten, Entschuldigun- gen über die Abwesenheit des Mannes, Vor- würfen, wegen der sehr angenehmen aber ganz unvermutheten Ueberraschung, und Nachfragen nach dem Herrn Sohn, em- pfing. Der Jrrthum war nach meinem Sinn, drum unterhielt ich ihn durch meine Gegenreden, die so ganz aufs Allgemeine gestellt waren, daß nichts draus zu neh- men war, als ich sey ihrs Eheherrn dicker
Freund.
ſchen den Gartenhecken des Fleckens, ſchloß ich mich an die Geſellſchaft, erhaſcht zuerſt ein Juͤngfergen, welches ich gar recht die Tochter vom Hauß zu ſeyn erachtete. Frug praemiſſis praemittendis, ob dem alſo ſey? der Knicks des Juͤngfergens ſprach, ia. Zu- gleich ſah ſie mir ſcharf in die Augen, und nach einer Ueberſicht von einem Augenblick, rief ſie ganz freudig: der Herr Vetter Ma- ma! Welche Worte mich an die Mutter praͤſentirten, die mich gar tugendlich und ehrlich, mit Komplimenten, Entſchuldigun- gen uͤber die Abweſenheit des Mannes, Vor- wuͤrfen, wegen der ſehr angenehmen aber ganz unvermutheten Ueberraſchung, und Nachfragen nach dem Herrn Sohn, em- pfing. Der Jrrthum war nach meinem Sinn, drum unterhielt ich ihn durch meine Gegenreden, die ſo ganz aufs Allgemeine geſtellt waren, daß nichts draus zu neh- men war, als ich ſey ihrs Eheherrn dicker
Freund.
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ſchen den Gartenhecken des Fleckens, ſchloß
ich mich an die Geſellſchaft, erhaſcht zuerſt
ein Juͤngfergen, welches ich gar recht die
Tochter vom Hauß zu ſeyn erachtete. Frug
praemiſſis praemittendis, ob dem alſo ſey?
der Knicks des Juͤngfergens ſprach, ia. Zu-
gleich ſah ſie mir ſcharf in die Augen, und
nach einer Ueberſicht von einem Augenblick,
rief ſie ganz freudig: der Herr Vetter Ma-
ma! Welche Worte mich an die Mutter
praͤſentirten, die mich gar tugendlich und
ehrlich, mit Komplimenten, Entſchuldigun-
gen uͤber die Abweſenheit des Mannes, Vor-
wuͤrfen, wegen der ſehr angenehmen aber
ganz unvermutheten Ueberraſchung, und
Nachfragen nach dem Herrn Sohn, em-
pfing. Der Jrrthum war nach meinem
Sinn, drum unterhielt ich ihn durch meine
Gegenreden, die ſo ganz aufs Allgemeine
geſtellt waren, daß nichts draus zu neh-
men war, als ich ſey ihrs Eheherrn dicker
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/143>, abgerufen am 24.07.2024.
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