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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

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wohl mit seinem Seelenhirten nicht verder-
ben dürfe, nur im lezten Viertel und im
Neumond seine Andacht laut werden zu
lassen.

Weils iedem Reisenden obliegt, iedes
Ortes Sitt und Gewohnheit zu erforschen,
und fleißig zu notiren, was von dem gemei-
nen Schlendrian abweicht, eilt' ich das
neue Phänomenon behörig in Augenschein
zu nehmen. Jch fand die ganze Gemeine
gar züchtig und sittsam in lange Reihen ge-
lagert, das Gesicht nach Morgen, dem
kommenden Mond entgegen gekehrt. Der
Prediger machte dem Auditorium nicht das
gewöhnliche Vis a vis, sondern hielt sich
hinter der Front' als ein Major, wenn das
Bataillon im Chargiren begriffen ist, ver-
muthlich um nicht durch eine andere Stel-
lung, sich oder der Gemeinde den herrlichen
Anblick des Mondes zu rauben. Wars die
Neuheit der Sache, oder hat der Mond

eine

wohl mit ſeinem Seelenhirten nicht verder-
ben duͤrfe, nur im lezten Viertel und im
Neumond ſeine Andacht laut werden zu
laſſen.

Weils iedem Reiſenden obliegt, iedes
Ortes Sitt und Gewohnheit zu erforſchen,
und fleißig zu notiren, was von dem gemei-
nen Schlendrian abweicht, eilt’ ich das
neue Phaͤnomenon behoͤrig in Augenſchein
zu nehmen. Jch fand die ganze Gemeine
gar zuͤchtig und ſittſam in lange Reihen ge-
lagert, das Geſicht nach Morgen, dem
kommenden Mond entgegen gekehrt. Der
Prediger machte dem Auditorium nicht das
gewoͤhnliche Vis à vis, ſondern hielt ſich
hinter der Front’ als ein Major, wenn das
Bataillon im Chargiren begriffen iſt, ver-
muthlich um nicht durch eine andere Stel-
lung, ſich oder der Gemeinde den herrlichen
Anblick des Mondes zu rauben. Wars die
Neuheit der Sache, oder hat der Mond

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[136/0136] wohl mit ſeinem Seelenhirten nicht verder- ben duͤrfe, nur im lezten Viertel und im Neumond ſeine Andacht laut werden zu laſſen. Weils iedem Reiſenden obliegt, iedes Ortes Sitt und Gewohnheit zu erforſchen, und fleißig zu notiren, was von dem gemei- nen Schlendrian abweicht, eilt’ ich das neue Phaͤnomenon behoͤrig in Augenſchein zu nehmen. Jch fand die ganze Gemeine gar zuͤchtig und ſittſam in lange Reihen ge- lagert, das Geſicht nach Morgen, dem kommenden Mond entgegen gekehrt. Der Prediger machte dem Auditorium nicht das gewoͤhnliche Vis à vis, ſondern hielt ſich hinter der Front’ als ein Major, wenn das Bataillon im Chargiren begriffen iſt, ver- muthlich um nicht durch eine andere Stel- lung, ſich oder der Gemeinde den herrlichen Anblick des Mondes zu rauben. Wars die Neuheit der Sache, oder hat der Mond eine

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/136>, abgerufen am 25.11.2024.