Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.ich, klar zu Tage, wie schwer es sey, einen scha-
ich, klar zu Tage, wie ſchwer es ſey, einen ſcha-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0056" n="56"/> ich, klar zu Tage, wie ſchwer es ſey, einen<lb/> Dichter phyſiognomiſch zu analyſiren. No-<lb/> tabene verſteht ſich, daß der Dichter nichts<lb/> ſeyn muß als Dichter, denn wenn er zum<lb/> Exempel ein Schuſter dabey waͤr, ſo iſts<lb/> was anders, da ſcheint die irdene Form der<lb/> Schuſterphyſiognomie durch, und verſchlingt<lb/> die wellenartige Zuͤge des Dichters fuͤr ein<lb/> gemeines Auge ganz, welche vielleicht La-<lb/> vaters Adlerauge auf dieſer Welt ganz al-<lb/> lein noch aufzuſpuͤren vermag. Wenn ſich<lb/> nun ein Geſicht durchaus nicht phyſiogno-<lb/> miſch verarbeiten laͤßt, hab ich mir aus<lb/> dieſen erzaͤhlten Betrachtungen die Regel<lb/> gemacht, daß ich den Kopf, dems zuge-<lb/> hoͤrt, ſo lang fuͤr einen Dichter anſprech’,<lb/> bis mir Freund L. die Linien von Koͤpfen<lb/> hinzeichnet, die Dichter ſeyn muͤſſen, und<lb/> von Koͤpfen, die nicht Dichter ſeyn koͤnnen.<lb/> Wenn wir erſt dieſes Eyermaas haben, als-<lb/> denn iſt’s keine Kunſt mehr, die flachen,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſcha-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [56/0056]
ich, klar zu Tage, wie ſchwer es ſey, einen
Dichter phyſiognomiſch zu analyſiren. No-
tabene verſteht ſich, daß der Dichter nichts
ſeyn muß als Dichter, denn wenn er zum
Exempel ein Schuſter dabey waͤr, ſo iſts
was anders, da ſcheint die irdene Form der
Schuſterphyſiognomie durch, und verſchlingt
die wellenartige Zuͤge des Dichters fuͤr ein
gemeines Auge ganz, welche vielleicht La-
vaters Adlerauge auf dieſer Welt ganz al-
lein noch aufzuſpuͤren vermag. Wenn ſich
nun ein Geſicht durchaus nicht phyſiogno-
miſch verarbeiten laͤßt, hab ich mir aus
dieſen erzaͤhlten Betrachtungen die Regel
gemacht, daß ich den Kopf, dems zuge-
hoͤrt, ſo lang fuͤr einen Dichter anſprech’,
bis mir Freund L. die Linien von Koͤpfen
hinzeichnet, die Dichter ſeyn muͤſſen, und
von Koͤpfen, die nicht Dichter ſeyn koͤnnen.
Wenn wir erſt dieſes Eyermaas haben, als-
denn iſt’s keine Kunſt mehr, die flachen,
ſcha-
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