Gebühr, wollt mich mit dem Narren nicht einlassen und sagt ihm kurz, er möcht' sich streichen.
Drauf begann ich die litterarische Runde zu gehen, erst bey den Facultisten. Hatte mich fest in Sattel gesetzt und den ganzen physiognomischen Cursus durchlaufen, als wenn ich promoviren wollt, und den Tag blank stehen müßt' im Eramen. Jch wähnt' die Herren würden meine physio- gnomische Erkenntniß prüfen, da wollt' ich nun nicht gern kahl bestehen, sondern wünscht, jedem ehrlichen Bescheid zu ge- ben auf seine gelehrte Frag; aber das war vergebne Arbeit, 's kam viel anders als ich dacht. Nur bey wenigen traf ich den gün- stigen Augenblick, daß ich von Angesicht zu Angesicht mit ihnen reden konnt; einige waren auf dem Lande, andere verbaten meinen Besuch Geschäft' halber, wieder an- dere schützten Unpäßlichkeit vor, und bey
denen,
Gebuͤhr, wollt mich mit dem Narren nicht einlaſſen und ſagt ihm kurz, er moͤcht’ ſich ſtreichen.
Drauf begann ich die litterariſche Runde zu gehen, erſt bey den Facultiſten. Hatte mich feſt in Sattel geſetzt und den ganzen phyſiognomiſchen Curſus durchlaufen, als wenn ich promoviren wollt, und den Tag blank ſtehen muͤßt’ im Eramen. Jch waͤhnt’ die Herren wuͤrden meine phyſio- gnomiſche Erkenntniß pruͤfen, da wollt’ ich nun nicht gern kahl beſtehen, ſondern wuͤnſcht, jedem ehrlichen Beſcheid zu ge- ben auf ſeine gelehrte Frag; aber das war vergebne Arbeit, ’s kam viel anders als ich dacht. Nur bey wenigen traf ich den guͤn- ſtigen Augenblick, daß ich von Angeſicht zu Angeſicht mit ihnen reden konnt; einige waren auf dem Lande, andere verbaten meinen Beſuch Geſchaͤft’ halber, wieder an- dere ſchuͤtzten Unpaͤßlichkeit vor, und bey
denen,
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Gebuͤhr, wollt mich mit dem Narren nicht
einlaſſen und ſagt ihm kurz, er moͤcht’ ſich
ſtreichen.
Drauf begann ich die litterariſche Runde
zu gehen, erſt bey den Facultiſten. Hatte
mich feſt in Sattel geſetzt und den ganzen
phyſiognomiſchen Curſus durchlaufen, als
wenn ich promoviren wollt, und den Tag
blank ſtehen muͤßt’ im Eramen. Jch
waͤhnt’ die Herren wuͤrden meine phyſio-
gnomiſche Erkenntniß pruͤfen, da wollt’ ich
nun nicht gern kahl beſtehen, ſondern
wuͤnſcht, jedem ehrlichen Beſcheid zu ge-
ben auf ſeine gelehrte Frag; aber das war
vergebne Arbeit, ’s kam viel anders als ich
dacht. Nur bey wenigen traf ich den guͤn-
ſtigen Augenblick, daß ich von Angeſicht zu
Angeſicht mit ihnen reden konnt; einige
waren auf dem Lande, andere verbaten
meinen Beſuch Geſchaͤft’ halber, wieder an-
dere ſchuͤtzten Unpaͤßlichkeit vor, und bey
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/31>, abgerufen am 16.02.2025.
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