nicht. Jst er was anders, so steht er in der Welt nicht an seinem Platze, wie das bey den meisten Menschen der Fall ist. Die Definition eines Scharfrichters ist aber sei- nem Gesicht leserlich aufgedruckt."
Vermuthlich nehmen sie das Wort nicht in der gewöhnlichen Bedeutung.
"Allerdings! Jch verstehe darunter einen Mann, der eine Fertigkeit besitzt, für einen Preiß von fünf Gulden, einen jeden Men- schen der ihm übergeben wird, mit kaltem Blute abzuschlachten, auf eine Art, wie man's von ihm verlangt. Ob er diese Fer- tigkeit auf dem Schaffot und Rabenstein, oder nur privatim; auch auf welche Art er sie ausübt, vermöge obrigkeitlicher Gewalt, oder aus eigenem Antrieb, das kann ich ihm nicht ansehn. Gnug er besitzt sie, das les' ich ihm aus dem Gesicht'."
Also wär das ein Variant, denn ich les' das Gesicht ganz anders.
"Sie
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nicht. Jſt er was anders, ſo ſteht er in der Welt nicht an ſeinem Platze, wie das bey den meiſten Menſchen der Fall iſt. Die Definition eines Scharfrichters iſt aber ſei- nem Geſicht leſerlich aufgedruckt.„
Vermuthlich nehmen ſie das Wort nicht in der gewoͤhnlichen Bedeutung.
„Allerdings! Jch verſtehe darunter einen Mann, der eine Fertigkeit beſitzt, fuͤr einen Preiß von fuͤnf Gulden, einen jeden Men- ſchen der ihm uͤbergeben wird, mit kaltem Blute abzuſchlachten, auf eine Art, wie man’s von ihm verlangt. Ob er dieſe Fer- tigkeit auf dem Schaffot und Rabenſtein, oder nur privatim; auch auf welche Art er ſie ausuͤbt, vermoͤge obrigkeitlicher Gewalt, oder aus eigenem Antrieb, das kann ich ihm nicht anſehn. Gnug er beſitzt ſie, das leſ’ ich ihm aus dem Geſicht’.„
Alſo waͤr das ein Variant, denn ich leſ’ das Geſicht ganz anders.
„Sie
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[201/0201]
nicht. Jſt er was anders, ſo ſteht er in
der Welt nicht an ſeinem Platze, wie das
bey den meiſten Menſchen der Fall iſt. Die
Definition eines Scharfrichters iſt aber ſei-
nem Geſicht leſerlich aufgedruckt.„
Vermuthlich nehmen ſie das Wort nicht
in der gewoͤhnlichen Bedeutung.
„Allerdings! Jch verſtehe darunter einen
Mann, der eine Fertigkeit beſitzt, fuͤr einen
Preiß von fuͤnf Gulden, einen jeden Men-
ſchen der ihm uͤbergeben wird, mit kaltem
Blute abzuſchlachten, auf eine Art, wie
man’s von ihm verlangt. Ob er dieſe Fer-
tigkeit auf dem Schaffot und Rabenſtein,
oder nur privatim; auch auf welche Art er
ſie ausuͤbt, vermoͤge obrigkeitlicher Gewalt,
oder aus eigenem Antrieb, das kann ich ihm
nicht anſehn. Gnug er beſitzt ſie, das leſ’
ich ihm aus dem Geſicht’.„
Alſo waͤr das ein Variant, denn ich leſ’
das Geſicht ganz anders.
„Sie
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/201>, abgerufen am 16.02.2025.
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