Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

einer fleißigen Lektüre an sich trug, nichts
wichtiges enthielt, außer das beliebte Hey-
rathssystem des Herrn Hermes, welches
Kernbuch nach allen drey rechtmäßigen Auf-
lagen sich hier befand, und die physiogno-
mischen Fragmente.

Die Frau von Bohn hatte die Gewohn-
heit, die Physiognomik des Nachmittags
eben so zu behandeln, wie ihr biblisches
Schatzkästlein in der Morgenstunde. Sie
grif nach einem Band der Fragmente, wel-
cher ihr zuerst in die Hand kam, und das
Blatt, das sie ohne Wahl aufschlug, war
das Pensum des Tages, das gelesen und
von ihr kommentirt wurde; und wenns nicht
reichhaltig genug war, wurd' auch wohl
das Looß noch einmal gezogen. Diesmal
bracht' ihr der Zufall das drey und dreyßig-
ste Fragment des zweyten Theils zuerst zu
Gesicht'. Ueber die Tafel mit Löwen, Tie-
ger, Katz' und Leoparden gab's herrliche

Bemer-
L

einer fleißigen Lektuͤre an ſich trug, nichts
wichtiges enthielt, außer das beliebte Hey-
rathsſyſtem des Herrn Hermes, welches
Kernbuch nach allen drey rechtmaͤßigen Auf-
lagen ſich hier befand, und die phyſiogno-
miſchen Fragmente.

Die Frau von Bohn hatte die Gewohn-
heit, die Phyſiognomik des Nachmittags
eben ſo zu behandeln, wie ihr bibliſches
Schatzkaͤſtlein in der Morgenſtunde. Sie
grif nach einem Band der Fragmente, wel-
cher ihr zuerſt in die Hand kam, und das
Blatt, das ſie ohne Wahl aufſchlug, war
das Penſum des Tages, das geleſen und
von ihr kommentirt wurde; und wenns nicht
reichhaltig genug war, wurd’ auch wohl
das Looß noch einmal gezogen. Diesmal
bracht’ ihr der Zufall das drey und dreyßig-
ſte Fragment des zweyten Theils zuerſt zu
Geſicht’. Ueber die Tafel mit Loͤwen, Tie-
ger, Katz’ und Leoparden gab’s herrliche

Bemer-
L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0161" n="161"/>
einer fleißigen Lektu&#x0364;re an &#x017F;ich trug, nichts<lb/>
wichtiges enthielt, außer das beliebte Hey-<lb/>
raths&#x017F;y&#x017F;tem des Herrn Hermes, welches<lb/>
Kernbuch nach allen drey rechtma&#x0364;ßigen Auf-<lb/>
lagen &#x017F;ich hier befand, und die phy&#x017F;iogno-<lb/>
mi&#x017F;chen Fragmente.</p><lb/>
        <p>Die Frau von Bohn hatte die Gewohn-<lb/>
heit, die Phy&#x017F;iognomik des Nachmittags<lb/>
eben &#x017F;o zu behandeln, wie ihr bibli&#x017F;ches<lb/>
Schatzka&#x0364;&#x017F;tlein in der Morgen&#x017F;tunde. Sie<lb/>
grif nach einem Band der Fragmente, wel-<lb/>
cher ihr zuer&#x017F;t in die Hand kam, und das<lb/>
Blatt, das &#x017F;ie ohne Wahl auf&#x017F;chlug, war<lb/>
das Pen&#x017F;um des Tages, das gele&#x017F;en und<lb/>
von ihr kommentirt wurde; und wenns nicht<lb/>
reichhaltig genug war, wurd&#x2019; auch wohl<lb/>
das Looß noch einmal gezogen. Diesmal<lb/>
bracht&#x2019; ihr der Zufall das drey und dreyßig-<lb/>
&#x017F;te Fragment des zweyten Theils zuer&#x017F;t zu<lb/>
Ge&#x017F;icht&#x2019;. Ueber die Tafel mit Lo&#x0364;wen, Tie-<lb/>
ger, Katz&#x2019; und Leoparden gab&#x2019;s herrliche<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L</fw><fw place="bottom" type="catch">Bemer-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0161] einer fleißigen Lektuͤre an ſich trug, nichts wichtiges enthielt, außer das beliebte Hey- rathsſyſtem des Herrn Hermes, welches Kernbuch nach allen drey rechtmaͤßigen Auf- lagen ſich hier befand, und die phyſiogno- miſchen Fragmente. Die Frau von Bohn hatte die Gewohn- heit, die Phyſiognomik des Nachmittags eben ſo zu behandeln, wie ihr bibliſches Schatzkaͤſtlein in der Morgenſtunde. Sie grif nach einem Band der Fragmente, wel- cher ihr zuerſt in die Hand kam, und das Blatt, das ſie ohne Wahl aufſchlug, war das Penſum des Tages, das geleſen und von ihr kommentirt wurde; und wenns nicht reichhaltig genug war, wurd’ auch wohl das Looß noch einmal gezogen. Diesmal bracht’ ihr der Zufall das drey und dreyßig- ſte Fragment des zweyten Theils zuerſt zu Geſicht’. Ueber die Tafel mit Loͤwen, Tie- ger, Katz’ und Leoparden gab’s herrliche Bemer- L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/161
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/161>, abgerufen am 25.11.2024.