Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Frag. Zu was nutzt und frommt der
Welt die zeitige Modeschwärmerey?

Antwort. Weil in dem großen Weltall
jedes Ding so geordnet ist, daß es zu Ver-
vollkommung des Ganzen seinen Scherf mit
beyträgt; ob wohl die Nutzbarkeit davon
zuweilen für gemeinen Meuschen Augen
verborgen ist, und nur einem feinen Spä-
her einleuchtet; wie denn sogar Menschen
lästiges Ungeziefer als Flöh und Wanzen,
desgleichen mancherley Leibesgebrechen und
Krankheiten, als Milz-Schwind- und
Wassersucht, unter Philosophen und Dich-
tern Panegyristen gefunden haben: so be-
dünkt mich, daß unsre heutige Schwärme-
rey auch ihre gute Seit hab' und weder auf
Kosten des Witzes, noch durch Beyhülf so-
phistischer Künst' sich mancherley Nutz und
Gewinn angeben lasse, der dadurch erzielet
werd'. Erstlich gewährt dieses donum dem
Besitzer eine gewisse Herzensfülle, die ihm

nichts
H 3

Frag. Zu was nutzt und frommt der
Welt die zeitige Modeſchwaͤrmerey?

Antwort. Weil in dem großen Weltall
jedes Ding ſo geordnet iſt, daß es zu Ver-
vollkommung des Ganzen ſeinen Scherf mit
beytraͤgt; ob wohl die Nutzbarkeit davon
zuweilen fuͤr gemeinen Meuſchen Augen
verborgen iſt, und nur einem feinen Spaͤ-
her einleuchtet; wie denn ſogar Menſchen
laͤſtiges Ungeziefer als Floͤh und Wanzen,
desgleichen mancherley Leibesgebrechen und
Krankheiten, als Milz-Schwind- und
Waſſerſucht, unter Philoſophen und Dich-
tern Panegyriſten gefunden haben: ſo be-
duͤnkt mich, daß unſre heutige Schwaͤrme-
rey auch ihre gute Seit hab’ und weder auf
Koſten des Witzes, noch durch Beyhuͤlf ſo-
phiſtiſcher Kuͤnſt’ ſich mancherley Nutz und
Gewinn angeben laſſe, der dadurch erzielet
werd’. Erſtlich gewaͤhrt dieſes donum dem
Beſitzer eine gewiſſe Herzensfuͤlle, die ihm

nichts
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0117" n="117"/>
        <p>Frag. Zu was nutzt und frommt der<lb/>
Welt die zeitige Mode&#x017F;chwa&#x0364;rmerey?</p><lb/>
        <p>Antwort. Weil in dem großen Weltall<lb/>
jedes Ding &#x017F;o geordnet i&#x017F;t, daß es zu Ver-<lb/>
vollkommung des Ganzen &#x017F;einen Scherf mit<lb/>
beytra&#x0364;gt; ob wohl die Nutzbarkeit davon<lb/>
zuweilen fu&#x0364;r gemeinen Meu&#x017F;chen Augen<lb/>
verborgen i&#x017F;t, und nur einem feinen Spa&#x0364;-<lb/>
her einleuchtet; wie denn &#x017F;ogar Men&#x017F;chen<lb/>
la&#x0364;&#x017F;tiges Ungeziefer als Flo&#x0364;h und Wanzen,<lb/>
desgleichen mancherley Leibesgebrechen und<lb/>
Krankheiten, als Milz-Schwind- und<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ucht, unter Philo&#x017F;ophen und Dich-<lb/>
tern Panegyri&#x017F;ten gefunden haben: &#x017F;o be-<lb/>
du&#x0364;nkt mich, daß un&#x017F;re heutige Schwa&#x0364;rme-<lb/>
rey auch ihre gute Seit hab&#x2019; und weder auf<lb/>
Ko&#x017F;ten des Witzes, noch durch Beyhu&#x0364;lf &#x017F;o-<lb/>
phi&#x017F;ti&#x017F;cher Ku&#x0364;n&#x017F;t&#x2019; &#x017F;ich mancherley Nutz und<lb/>
Gewinn angeben la&#x017F;&#x017F;e, der dadurch erzielet<lb/>
werd&#x2019;. Er&#x017F;tlich gewa&#x0364;hrt die&#x017F;es <hi rendition="#aq">donum</hi> dem<lb/>
Be&#x017F;itzer eine gewi&#x017F;&#x017F;e Herzensfu&#x0364;lle, die ihm<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 3</fw><fw place="bottom" type="catch">nichts</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[117/0117] Frag. Zu was nutzt und frommt der Welt die zeitige Modeſchwaͤrmerey? Antwort. Weil in dem großen Weltall jedes Ding ſo geordnet iſt, daß es zu Ver- vollkommung des Ganzen ſeinen Scherf mit beytraͤgt; ob wohl die Nutzbarkeit davon zuweilen fuͤr gemeinen Meuſchen Augen verborgen iſt, und nur einem feinen Spaͤ- her einleuchtet; wie denn ſogar Menſchen laͤſtiges Ungeziefer als Floͤh und Wanzen, desgleichen mancherley Leibesgebrechen und Krankheiten, als Milz-Schwind- und Waſſerſucht, unter Philoſophen und Dich- tern Panegyriſten gefunden haben: ſo be- duͤnkt mich, daß unſre heutige Schwaͤrme- rey auch ihre gute Seit hab’ und weder auf Koſten des Witzes, noch durch Beyhuͤlf ſo- phiſtiſcher Kuͤnſt’ ſich mancherley Nutz und Gewinn angeben laſſe, der dadurch erzielet werd’. Erſtlich gewaͤhrt dieſes donum dem Beſitzer eine gewiſſe Herzensfuͤlle, die ihm nichts H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/117
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 2. Altenburg, 1778, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen02_1778/117>, abgerufen am 04.12.2024.