lich aussen blieben, als ihm das Schatten- profil sollt' abgenommen werden; sondern hat auch spöttisch über das ganze Wesen ge- kannegiesert, welches zur Zeit ich doch nicht hab ahnden mögen.
Jn Betreff des andern Punktes davon Sie in Jhrem Brief Meldung thun, bedaur' ich, daß ich damit nicht eben so rasch zu Werk' gehen kann als mit dem Ersten. Wird Jhnen wohl bewußt seyn, daß wenn Freund- schaft nicht auf den ehernen Pfeiler der Phy- siognomik aufgebauet ist, solche nicht haf- ten, noch Bestand haben kann. Daher ist einer meiner heiligsten Grundsätz, der auch Jhnen aus den Fragmenten nicht verborgen seyn kann: mit keinem Menschen, wie viel Gutes mir der Ruf von ihm sagen möcht, Freundschaft zu machen, bis ich ihn, oder zuverläßig ähnliche Porträt' und Silhonet- ten von ihm gesehen. Lassen wir's also da- bey, wie uns unser Meister gelehrt hat. Dieser Aufschub denk ich, soll uns unser Bündniß mehr fördern als selbigem hinderlich fallen. Prüfen Sie einstweilen beyliegen- des Schattenprofil, und sagen Sie mir frey raus, ob auf der Wölbung dieser Stirn, dem Rücken dieser Nase, und dem Umriß
dieses
lich auſſen blieben, als ihm das Schatten- profil ſollt’ abgenommen werden; ſondern hat auch ſpoͤttiſch uͤber das ganze Weſen ge- kannegieſert, welches zur Zeit ich doch nicht hab ahnden moͤgen.
Jn Betreff des andern Punktes davon Sie in Jhrem Brief Meldung thun, bedaur’ ich, daß ich damit nicht eben ſo raſch zu Werk’ gehen kann als mit dem Erſten. Wird Jhnen wohl bewußt ſeyn, daß wenn Freund- ſchaft nicht auf den ehernen Pfeiler der Phy- ſiognomik aufgebauet iſt, ſolche nicht haf- ten, noch Beſtand haben kann. Daher iſt einer meiner heiligſten Grundſaͤtz, der auch Jhnen aus den Fragmenten nicht verborgen ſeyn kann: mit keinem Menſchen, wie viel Gutes mir der Ruf von ihm ſagen moͤcht, Freundſchaft zu machen, bis ich ihn, oder zuverlaͤßig aͤhnliche Portraͤt’ und Silhonet- ten von ihm geſehen. Laſſen wir’s alſo da- bey, wie uns unſer Meiſter gelehrt hat. Dieſer Aufſchub denk ich, ſoll uns unſer Buͤndniß mehr foͤrdern als ſelbigem hinderlich fallen. Pruͤfen Sie einſtweilen beyliegen- des Schattenprofil, und ſagen Sie mir frey raus, ob auf der Woͤlbung dieſer Stirn, dem Ruͤcken dieſer Naſe, und dem Umriß
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lich auſſen blieben, als ihm das Schatten-
profil ſollt’ abgenommen werden; ſondern
hat auch ſpoͤttiſch uͤber das ganze Weſen ge-
kannegieſert, welches zur Zeit ich doch nicht
hab ahnden moͤgen.
Jn Betreff des andern Punktes davon
Sie in Jhrem Brief Meldung thun, bedaur’
ich, daß ich damit nicht eben ſo raſch zu
Werk’ gehen kann als mit dem Erſten. Wird
Jhnen wohl bewußt ſeyn, daß wenn Freund-
ſchaft nicht auf den ehernen Pfeiler der Phy-
ſiognomik aufgebauet iſt, ſolche nicht haf-
ten, noch Beſtand haben kann. Daher iſt
einer meiner heiligſten Grundſaͤtz, der auch
Jhnen aus den Fragmenten nicht verborgen
ſeyn kann: mit keinem Menſchen, wie viel
Gutes mir der Ruf von ihm ſagen moͤcht,
Freundſchaft zu machen, bis ich ihn, oder
zuverlaͤßig aͤhnliche Portraͤt’ und Silhonet-
ten von ihm geſehen. Laſſen wir’s alſo da-
bey, wie uns unſer Meiſter gelehrt hat.
Dieſer Aufſchub denk ich, ſoll uns unſer
Buͤndniß mehr foͤrdern als ſelbigem hinderlich
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/54>, abgerufen am 16.02.2025.
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