ungewiß Ding, da giebts hundert Fehl- schüß' gegen einen Treffer.
Bist 'n unglaubiger Thomas, glaubst nicht was du nicht mit Händen greifen kannst.
Phil. Hab's wohl erfahren, daß die Physiognomik (sprach Füßökonomik) ein' arge betrügliche Kunst ist, ungewisser als 's Harn besehn, richtet oben drein Schaden und Unglück an.
Gemach Philipp! Komm mir nicht zu tief in Text, daß wir Freund' bleiben.
Phil. Ja Herr! So lang's geht, mag's seyn.
Nun, was schad't dir denn?
Phil. Daß der arme Markus um sei- ner Fratze willen aus'm Dienst und gar aus'm Dorf soll mit Weib und Kind, das frißt mir's Herz. Muß wohl ein Strauch- dieb werden, wenn er keiner ist. Als er ge- stern am Holz hintrieb mit der Heerde, fragt ich: wie geht's Markus? Wie soll's gehn, sprach er, toll gnug, daß Gott erbarm! Weint' der Kerl seine bittern Thränen, daß es 'n Stein hätt erbarmen mögen, und mehr redt' er kein Wort.
Schlag
C
ungewiß Ding, da giebts hundert Fehl- ſchuͤß’ gegen einen Treffer.
Biſt ’n unglaubiger Thomas, glaubſt nicht was du nicht mit Haͤnden greifen kannſt.
Phil. Hab’s wohl erfahren, daß die Phyſiognomik (ſprach Fuͤßoͤkonomik) ein’ arge betruͤgliche Kunſt iſt, ungewiſſer als ’s Harn beſehn, richtet oben drein Schaden und Ungluͤck an.
Gemach Philipp! Komm mir nicht zu tief in Text, daß wir Freund’ bleiben.
Phil. Ja Herr! So lang’s geht, mag’s ſeyn.
Nun, was ſchad’t dir denn?
Phil. Daß der arme Markus um ſei- ner Fratze willen aus’m Dienſt und gar aus’m Dorf ſoll mit Weib und Kind, das frißt mir’s Herz. Muß wohl ein Strauch- dieb werden, wenn er keiner iſt. Als er ge- ſtern am Holz hintrieb mit der Heerde, fragt ich: wie geht’s Markus? Wie ſoll’s gehn, ſprach er, toll gnug, daß Gott erbarm! Weint’ der Kerl ſeine bittern Thraͤnen, daß es ’n Stein haͤtt erbarmen moͤgen, und mehr redt’ er kein Wort.
Schlag
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ungewiß Ding, da giebts hundert Fehl-
ſchuͤß’ gegen einen Treffer.
Biſt ’n unglaubiger Thomas, glaubſt
nicht was du nicht mit Haͤnden greifen
kannſt.
Phil. Hab’s wohl erfahren, daß die
Phyſiognomik (ſprach Fuͤßoͤkonomik) ein’
arge betruͤgliche Kunſt iſt, ungewiſſer als ’s
Harn beſehn, richtet oben drein Schaden
und Ungluͤck an.
Gemach Philipp! Komm mir nicht zu
tief in Text, daß wir Freund’ bleiben.
Phil. Ja Herr! So lang’s geht,
mag’s ſeyn.
Nun, was ſchad’t dir denn?
Phil. Daß der arme Markus um ſei-
ner Fratze willen aus’m Dienſt und gar
aus’m Dorf ſoll mit Weib und Kind, das
frißt mir’s Herz. Muß wohl ein Strauch-
dieb werden, wenn er keiner iſt. Als er ge-
ſtern am Holz hintrieb mit der Heerde, fragt
ich: wie geht’s Markus? Wie ſoll’s gehn,
ſprach er, toll gnug, daß Gott erbarm!
Weint’ der Kerl ſeine bittern Thraͤnen, daß
es ’n Stein haͤtt erbarmen moͤgen, und
mehr redt’ er kein Wort.
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/39>, abgerufen am 08.07.2024.
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