auf der Stell, wenn er ihn hätt': denn die gutherzigen Leut werden nicht leichter wild, als wenn sie inne werden, daß ein Boshaf- ter ihr Herz betrügt.
Aber da kommt mir ein Gedank' von un- gefehr, den ich gleich fest halten muß: mein Haus ist im Aufruhr; das ganze Dorf; alles in Schrecken und Bestürzung, als wenn eine allgemeine Plünderung vorge- wesen wär; ich hör nichts als den diebischen Markus verwünschen und verfluchen; sind ihm mehr als dreyßig Leut nach, ihn zu fahen, doch der wird sich nicht kriegen laßen, dazu sieht mir sein Profil zu ver- schmizt aus, ist 'n ausgelernter Dieb, wird mit seinen zwölf Hammeln bey den ameri- kanischen Werbern in Freystadt schon in Si- cherheit seyn. Von all' den Eiferern hat gleichwohl keiner einer Stecknadel werth eingebüßt; ich allein hab den Verlust, und als ein guter Wirth pfleg ich auch nichts wegzuwerfen; wie mir aber der Verwalter den Diebstahl kund macht', empfand ich mehr eine heimliche Freud' als einen Ver- druß darüber. Wie erklär ich mir das? Jst mit alle dem eine wunderbare Erschei- nung; doch viel Kopfbrechens soll's nicht
kosten
M
auf der Stell, wenn er ihn haͤtt’: denn die gutherzigen Leut werden nicht leichter wild, als wenn ſie inne werden, daß ein Boshaf- ter ihr Herz betruͤgt.
Aber da kommt mir ein Gedank’ von un- gefehr, den ich gleich feſt halten muß: mein Haus iſt im Aufruhr; das ganze Dorf; alles in Schrecken und Beſtuͤrzung, als wenn eine allgemeine Pluͤnderung vorge- weſen waͤr; ich hoͤr nichts als den diebiſchen Markus verwuͤnſchen und verfluchen; ſind ihm mehr als dreyßig Leut nach, ihn zu fahen, doch der wird ſich nicht kriegen laßen, dazu ſieht mir ſein Profil zu ver- ſchmizt aus, iſt ’n ausgelernter Dieb, wird mit ſeinen zwoͤlf Hammeln bey den ameri- kaniſchen Werbern in Freyſtadt ſchon in Si- cherheit ſeyn. Von all’ den Eiferern hat gleichwohl keiner einer Stecknadel werth eingebuͤßt; ich allein hab den Verluſt, und als ein guter Wirth pfleg ich auch nichts wegzuwerfen; wie mir aber der Verwalter den Diebſtahl kund macht’, empfand ich mehr eine heimliche Freud’ als einen Ver- druß daruͤber. Wie erklaͤr ich mir das? Jſt mit alle dem eine wunderbare Erſchei- nung; doch viel Kopfbrechens ſoll’s nicht
koſten
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auf der Stell, wenn er ihn haͤtt’: denn die
gutherzigen Leut werden nicht leichter wild,
als wenn ſie inne werden, daß ein Boshaf-
ter ihr Herz betruͤgt.
Aber da kommt mir ein Gedank’ von un-
gefehr, den ich gleich feſt halten muß: mein
Haus iſt im Aufruhr; das ganze Dorf;
alles in Schrecken und Beſtuͤrzung, als
wenn eine allgemeine Pluͤnderung vorge-
weſen waͤr; ich hoͤr nichts als den diebiſchen
Markus verwuͤnſchen und verfluchen; ſind
ihm mehr als dreyßig Leut nach, ihn zu
fahen, doch der wird ſich nicht kriegen
laßen, dazu ſieht mir ſein Profil zu ver-
ſchmizt aus, iſt ’n ausgelernter Dieb, wird
mit ſeinen zwoͤlf Hammeln bey den ameri-
kaniſchen Werbern in Freyſtadt ſchon in Si-
cherheit ſeyn. Von all’ den Eiferern hat
gleichwohl keiner einer Stecknadel werth
eingebuͤßt; ich allein hab den Verluſt, und
als ein guter Wirth pfleg ich auch nichts
wegzuwerfen; wie mir aber der Verwalter
den Diebſtahl kund macht’, empfand ich
mehr eine heimliche Freud’ als einen Ver-
druß daruͤber. Wie erklaͤr ich mir das?
Jſt mit alle dem eine wunderbare Erſchei-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/183>, abgerufen am 16.02.2025.
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