M. Gr. Jn Jhrer Bemerkung liegt allerdings etwas Wahres: der Verfall der Gelehrsamkeit äussert sich am sichtbar- sten durch die Verachtung der sogenannten Schulstudien, die fast durchgängig für un- nütze Pedanterey ausgegeben werden. Be- sonders beeifern sich die philanthropischen Zeloten, ihnen den lezten Stoß zu geben, die man daher lieber Jkonoklasten als Re- formatoren des Schulwesens nennen möch- te. Jndessen hat schon mancher Sachver- ständige, vornämlich der gelehrte Rektor Krebsius, diesen Unfug zur Gnüge darge- than und gezeigt, mit was für unnützen, und zum Theil unschicklichen Dingen, man die Lücke der klassischen Schriftsteller, die man der Jugend entzieht, ausgefüllet ha- be; und welche Barbarey uns dadurch be- vorstehe, wenn der Jüngling frühzeitig von allen Dingen schwatzen lernt, und von kei- nem recht.
Lieber Herr! das all' ist auch schon von andern Gelehrten widerlegt. Haben in- sonderheit die Berliner Köch, den guten Krebs mit so heißer Lauge gebrühet, daß ihm die Scheeren gelähmt sind, und er nimmer kneipen wird.
Mag.
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M. Gr. Jn Jhrer Bemerkung liegt allerdings etwas Wahres: der Verfall der Gelehrſamkeit aͤuſſert ſich am ſichtbar- ſten durch die Verachtung der ſogenannten Schulſtudien, die faſt durchgaͤngig fuͤr un- nuͤtze Pedanterey ausgegeben werden. Be- ſonders beeifern ſich die philanthropiſchen Zeloten, ihnen den lezten Stoß zu geben, die man daher lieber Jkonoklaſten als Re- formatoren des Schulweſens nennen moͤch- te. Jndeſſen hat ſchon mancher Sachver- ſtaͤndige, vornaͤmlich der gelehrte Rektor Krebſius, dieſen Unfug zur Gnuͤge darge- than und gezeigt, mit was fuͤr unnuͤtzen, und zum Theil unſchicklichen Dingen, man die Luͤcke der klaſſiſchen Schriftſteller, die man der Jugend entzieht, ausgefuͤllet ha- be; und welche Barbarey uns dadurch be- vorſtehe, wenn der Juͤngling fruͤhzeitig von allen Dingen ſchwatzen lernt, und von kei- nem recht.
Lieber Herr! das all’ iſt auch ſchon von andern Gelehrten widerlegt. Haben in- ſonderheit die Berliner Koͤch, den guten Krebs mit ſo heißer Lauge gebruͤhet, daß ihm die Scheeren gelaͤhmt ſind, und er nimmer kneipen wird.
Mag.
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M. Gr. Jn Jhrer Bemerkung liegt
allerdings etwas Wahres: der Verfall
der Gelehrſamkeit aͤuſſert ſich am ſichtbar-
ſten durch die Verachtung der ſogenannten
Schulſtudien, die faſt durchgaͤngig fuͤr un-
nuͤtze Pedanterey ausgegeben werden. Be-
ſonders beeifern ſich die philanthropiſchen
Zeloten, ihnen den lezten Stoß zu geben,
die man daher lieber Jkonoklaſten als Re-
formatoren des Schulweſens nennen moͤch-
te. Jndeſſen hat ſchon mancher Sachver-
ſtaͤndige, vornaͤmlich der gelehrte Rektor
Krebſius, dieſen Unfug zur Gnuͤge darge-
than und gezeigt, mit was fuͤr unnuͤtzen,
und zum Theil unſchicklichen Dingen, man
die Luͤcke der klaſſiſchen Schriftſteller, die
man der Jugend entzieht, ausgefuͤllet ha-
be; und welche Barbarey uns dadurch be-
vorſtehe, wenn der Juͤngling fruͤhzeitig von
allen Dingen ſchwatzen lernt, und von kei-
nem recht.
Lieber Herr! das all’ iſt auch ſchon von
andern Gelehrten widerlegt. Haben in-
ſonderheit die Berliner Koͤch, den guten
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ihm die Scheeren gelaͤhmt ſind, und er
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/175>, abgerufen am 16.02.2025.
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