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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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Apostel? Jch versteh das Ding anders,
kan mir das all ausdeuten, durch ein
Gleichniß mit des Breitkopfs Bär in Leip-
zig. Der war vor Zeiten ein Symbolum
der Buchhändler, führt' die Ueberschrift:
Ipse alimenta sibi, das leg ich so aus:
der Buchhändler sucht Nahrung für sich,
kümmert sich wenig um den Autor, ob der
fastet oder über seine Autorschaft verhun-
gert. Jezt ist aber der Bär ein Symbo-
lum der Schriftsteller, nährt sich traun!
wohl mancher von seinen Tatzen. -- Doch
halt! so wars nicht, wie ichs eigentlich ha-
ben wollt', ich mein es damit also: eh Wis-
senschaft und guter Geschmak, sich durch
die Ueberbleibsel von Barbarey und Unwis-
senheit in Deutschland durchgearbeitet hat-
ten, waren die Gelehrten fremder Hülf be-
dürftig, mußten sich Nahrung suchen und
eintragen aus dem Vorrath der Alten; da
glichen sie dem Bär, der seine Schnauz in
ieden Honigbaum stekt, gute süße Kost in
sich zu saugen, daß er stark und feist werd.
Nun er das worden ist, stöhrt er nicht
mehr die Honigbäum um, sondern thut sich
nieder in sein Dickig, saugt aus seinen
eignen Tatzen balsamische herzerquickende

Nahrung,

Apoſtel? Jch verſteh das Ding anders,
kan mir das all ausdeuten, durch ein
Gleichniß mit des Breitkopfs Baͤr in Leip-
zig. Der war vor Zeiten ein Symbolum
der Buchhaͤndler, fuͤhrt’ die Ueberſchrift:
Ipſe alimenta ſibi, das leg ich ſo aus:
der Buchhaͤndler ſucht Nahrung fuͤr ſich,
kuͤmmert ſich wenig um den Autor, ob der
faſtet oder uͤber ſeine Autorſchaft verhun-
gert. Jezt iſt aber der Baͤr ein Symbo-
lum der Schriftſteller, naͤhrt ſich traun!
wohl mancher von ſeinen Tatzen. — Doch
halt! ſo wars nicht, wie ichs eigentlich ha-
ben wollt’, ich mein es damit alſo: eh Wiſ-
ſenſchaft und guter Geſchmak, ſich durch
die Ueberbleibſel von Barbarey und Unwiſ-
ſenheit in Deutſchland durchgearbeitet hat-
ten, waren die Gelehrten fremder Huͤlf be-
duͤrftig, mußten ſich Nahrung ſuchen und
eintragen aus dem Vorrath der Alten; da
glichen ſie dem Baͤr, der ſeine Schnauz in
ieden Honigbaum ſtekt, gute ſuͤße Koſt in
ſich zu ſaugen, daß er ſtark und feiſt werd.
Nun er das worden iſt, ſtoͤhrt er nicht
mehr die Honigbaͤum um, ſondern thut ſich
nieder in ſein Dickig, ſaugt aus ſeinen
eignen Tatzen balſamiſche herzerquickende

Nahrung,
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[162/0168] Apoſtel? Jch verſteh das Ding anders, kan mir das all ausdeuten, durch ein Gleichniß mit des Breitkopfs Baͤr in Leip- zig. Der war vor Zeiten ein Symbolum der Buchhaͤndler, fuͤhrt’ die Ueberſchrift: Ipſe alimenta ſibi, das leg ich ſo aus: der Buchhaͤndler ſucht Nahrung fuͤr ſich, kuͤmmert ſich wenig um den Autor, ob der faſtet oder uͤber ſeine Autorſchaft verhun- gert. Jezt iſt aber der Baͤr ein Symbo- lum der Schriftſteller, naͤhrt ſich traun! wohl mancher von ſeinen Tatzen. — Doch halt! ſo wars nicht, wie ichs eigentlich ha- ben wollt’, ich mein es damit alſo: eh Wiſ- ſenſchaft und guter Geſchmak, ſich durch die Ueberbleibſel von Barbarey und Unwiſ- ſenheit in Deutſchland durchgearbeitet hat- ten, waren die Gelehrten fremder Huͤlf be- duͤrftig, mußten ſich Nahrung ſuchen und eintragen aus dem Vorrath der Alten; da glichen ſie dem Baͤr, der ſeine Schnauz in ieden Honigbaum ſtekt, gute ſuͤße Koſt in ſich zu ſaugen, daß er ſtark und feiſt werd. Nun er das worden iſt, ſtoͤhrt er nicht mehr die Honigbaͤum um, ſondern thut ſich nieder in ſein Dickig, ſaugt aus ſeinen eignen Tatzen balſamiſche herzerquickende Nahrung,

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/168>, abgerufen am 22.11.2024.