Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

Christ beschehren zu lassen: nehmem Sie sich aber wohl in acht, ihr eine Korb Portechaise zu verehren, Sie dürften vielleicht der erste seyn, der die Ehre hätte, darinne getragen zu werden. Alle Korbmacherarbeit ist den Liebenden fatal, und wird von ihnen eben sowohl für ein böses Anzeichen gehalten, als die unglücklichen Vögel bey den Römern, wenn sie zu Felde zogen. Ich war bei meiner Liebe so abergläubisch, daß wenn mir jemand mit einem Korbe begegnete, wenn ich ihr aufwarten wollte, so kehrte ich stehendes Fußes wieder um, und versparte meinen Besuch bis auf eine glücklichere Zeit. Sie wissen, daß der Unglaube eher mein Fehler ist, als der Aberglaube. Wenn Sie mir ehemals von Ihren Feldzügen eine Erzehlung machten, so erregte ich Ihnen so viele Zweifel, daß Sie oftmals eben so ungewiß waren, als ich, ob sich das wirklich zugetragen hätte, was Sie erzählten. Man giebt mir also mit Recht den Namen des Ungläubigen, aber bei der Liebe und beim Spiel verdiene ich ihn nicht, ich bin in beiden sehr abergläubisch. Der Pabst Sixt der fünfte, ob er gleich Pabst war, hatte doch den Aberglauben, alle glückliche Begebenheiten seines Lebens ereigneten sich an einer Mittwoche, und ich habe angemerkt, daß mir das Glück

Christ beschehren zu lassen: nehmem Sie sich aber wohl in acht, ihr eine Korb Portechaise zu verehren, Sie dürften vielleicht der erste seyn, der die Ehre hätte, darinne getragen zu werden. Alle Korbmacherarbeit ist den Liebenden fatal, und wird von ihnen eben sowohl für ein böses Anzeichen gehalten, als die unglücklichen Vögel bey den Römern, wenn sie zu Felde zogen. Ich war bei meiner Liebe so abergläubisch, daß wenn mir jemand mit einem Korbe begegnete, wenn ich ihr aufwarten wollte, so kehrte ich stehendes Fußes wieder um, und versparte meinen Besuch bis auf eine glücklichere Zeit. Sie wissen, daß der Unglaube eher mein Fehler ist, als der Aberglaube. Wenn Sie mir ehemals von Ihren Feldzügen eine Erzehlung machten, so erregte ich Ihnen so viele Zweifel, daß Sie oftmals eben so ungewiß waren, als ich, ob sich das wirklich zugetragen hätte, was Sie erzählten. Man giebt mir also mit Recht den Namen des Ungläubigen, aber bei der Liebe und beim Spiel verdiene ich ihn nicht, ich bin in beiden sehr abergläubisch. Der Pabst Sixt der fünfte, ob er gleich Pabst war, hatte doch den Aberglauben, alle glückliche Begebenheiten seines Lebens ereigneten sich an einer Mittwoche, und ich habe angemerkt, daß mir das Glück

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0314" n="312"/>
Christ beschehren zu lassen: nehmem Sie sich aber wohl in acht, ihr eine Korb Portechaise zu verehren, Sie dürften vielleicht der erste seyn, der die Ehre hätte, darinne getragen zu werden. Alle Korbmacherarbeit ist den Liebenden fatal, und wird von ihnen eben sowohl für ein böses Anzeichen gehalten, als die unglücklichen Vögel bey den Römern, wenn sie zu Felde zogen. Ich war bei meiner Liebe so abergläubisch, daß wenn mir jemand mit einem Korbe begegnete, wenn ich ihr aufwarten wollte, so kehrte ich stehendes Fußes wieder um, und versparte meinen Besuch bis auf eine glücklichere Zeit. Sie wissen, daß der Unglaube eher mein Fehler ist, als der Aberglaube. Wenn Sie mir ehemals von Ihren Feldzügen eine Erzehlung machten, so erregte ich Ihnen so viele Zweifel, daß Sie oftmals eben so ungewiß waren, als ich, ob sich das wirklich zugetragen hätte, was Sie erzählten. Man giebt mir also mit Recht den Namen des Ungläubigen, aber bei der Liebe und beim Spiel verdiene ich ihn nicht, ich bin in beiden sehr abergläubisch. Der Pabst Sixt der fünfte, ob er gleich Pabst war, hatte doch den Aberglauben, alle glückliche Begebenheiten seines Lebens ereigneten sich an einer Mittwoche, und ich habe angemerkt, daß mir das Glück
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0314] Christ beschehren zu lassen: nehmem Sie sich aber wohl in acht, ihr eine Korb Portechaise zu verehren, Sie dürften vielleicht der erste seyn, der die Ehre hätte, darinne getragen zu werden. Alle Korbmacherarbeit ist den Liebenden fatal, und wird von ihnen eben sowohl für ein böses Anzeichen gehalten, als die unglücklichen Vögel bey den Römern, wenn sie zu Felde zogen. Ich war bei meiner Liebe so abergläubisch, daß wenn mir jemand mit einem Korbe begegnete, wenn ich ihr aufwarten wollte, so kehrte ich stehendes Fußes wieder um, und versparte meinen Besuch bis auf eine glücklichere Zeit. Sie wissen, daß der Unglaube eher mein Fehler ist, als der Aberglaube. Wenn Sie mir ehemals von Ihren Feldzügen eine Erzehlung machten, so erregte ich Ihnen so viele Zweifel, daß Sie oftmals eben so ungewiß waren, als ich, ob sich das wirklich zugetragen hätte, was Sie erzählten. Man giebt mir also mit Recht den Namen des Ungläubigen, aber bei der Liebe und beim Spiel verdiene ich ihn nicht, ich bin in beiden sehr abergläubisch. Der Pabst Sixt der fünfte, ob er gleich Pabst war, hatte doch den Aberglauben, alle glückliche Begebenheiten seines Lebens ereigneten sich an einer Mittwoche, und ich habe angemerkt, daß mir das Glück

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/314
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/314>, abgerufen am 22.11.2024.