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Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

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verplämpert haben, ehe sie zu einer Bedienung gelangen, so kan auch Niemand einsehen, was daher für großes Unheil erwachsen sollte. Es ist vielmehr ganz löblich, daß man sich in Zeiten um eine Liebste bewirbt, denn wenn man einmal ins Amt kommt, und die Geschäfte und Sorgen sich mehren, so hat man nicht Zeit, ans heirathen zu denken, und ehe man sichs versiehet, hat man sich ins Hagestolzenrecht geschworen. Genug, ich hatte mir Jungfer Hannchen zu meiner zukünftigen Gattin ausersehen, allein verschieden gute Anstalten, womit ich mich einige Zeit zum Besten meines Patrons und des Publici beschäftigte, setzten das Ziel meiner Wünsche etwas weiter hinaus, als ich im Anfang dachte. Inzwischen da ich mir schmeichelte, daß mein Glück gewiß genug wäre, sahe ich diese Verzögerung ganz gleichgültig an: weil ich voraus sahe, daß vielerlei nützliche Projecte, deren Ausführung Mühe und Sorgfalt erforderte, unterbleiben würden, wenn ich einmal verehlichet wäre,

verplämpert haben, ehe sie zu einer Bedienung gelangen, so kan auch Niemand einsehen, was daher für großes Unheil erwachsen sollte. Es ist vielmehr ganz löblich, daß man sich in Zeiten um eine Liebste bewirbt, denn wenn man einmal ins Amt kommt, und die Geschäfte und Sorgen sich mehren, so hat man nicht Zeit, ans heirathen zu denken, und ehe man sichs versiehet, hat man sich ins Hagestolzenrecht geschworen. Genug, ich hatte mir Jungfer Hannchen zu meiner zukünftigen Gattin ausersehen, allein verschieden gute Anstalten, womit ich mich einige Zeit zum Besten meines Patrons und des Publici beschäftigte, setzten das Ziel meiner Wünsche etwas weiter hinaus, als ich im Anfang dachte. Inzwischen da ich mir schmeichelte, daß mein Glück gewiß genug wäre, sahe ich diese Verzögerung ganz gleichgültig an: weil ich voraus sahe, daß vielerlei nützliche Projecte, deren Ausführung Mühe und Sorgfalt erforderte, unterbleiben würden, wenn ich einmal verehlichet wäre,

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[284/0286] verplämpert haben, ehe sie zu einer Bedienung gelangen, so kan auch Niemand einsehen, was daher für großes Unheil erwachsen sollte. Es ist vielmehr ganz löblich, daß man sich in Zeiten um eine Liebste bewirbt, denn wenn man einmal ins Amt kommt, und die Geschäfte und Sorgen sich mehren, so hat man nicht Zeit, ans heirathen zu denken, und ehe man sichs versiehet, hat man sich ins Hagestolzenrecht geschworen. Genug, ich hatte mir Jungfer Hannchen zu meiner zukünftigen Gattin ausersehen, allein verschieden gute Anstalten, womit ich mich einige Zeit zum Besten meines Patrons und des Publici beschäftigte, setzten das Ziel meiner Wünsche etwas weiter hinaus, als ich im Anfang dachte. Inzwischen da ich mir schmeichelte, daß mein Glück gewiß genug wäre, sahe ich diese Verzögerung ganz gleichgültig an: weil ich voraus sahe, daß vielerlei nützliche Projecte, deren Ausführung Mühe und Sorgfalt erforderte, unterbleiben würden, wenn ich einmal verehlichet wäre,

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/286>, abgerufen am 22.11.2024.