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Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

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noch die Menschen in Thierhäute kleideten und in Wäldern und Hölen wohnten, waren die Gelehrten nicht gewohnt in barbara und celarent zu schlüßen. Man wußte zu der Zeit noch nichts von der Kunst die Haare zu kräuseln oder den Bart zu scheeren. Mit der Zärtlichkeit der Sitten entstund auch eine gewisse Zärtlichkeit in der Tracht. Man war nicht mit dem Ansehen zufrieden, das die Natur den Menschen ertheilet, man nahm die Kunst allenthalben zu Hülfe. Die natürliche Erkenntniß war nicht mehr zureichend, sie mußte durch die Kunst erweitert werden, und die natürlichen Sitten, worinne Einfalt und Aufrichtigkeit herrschte, bekamen durch den Anstrich der Kunst eine freiere aber gefährlichere Gestalt. Wenn die Menschen anfangen zu künsteln so künsteln sie in allem, und dieses erstreckt sich folglich auch auf die Gestalt.

Hieraus folgt, daß man von der äußerlichen Seite des Menschen richtig auf das innerliche

noch die Menschen in Thierhäute kleideten und in Wäldern und Hölen wohnten, waren die Gelehrten nicht gewohnt in barbara und celarent zu schlüßen. Man wußte zu der Zeit noch nichts von der Kunst die Haare zu kräuseln oder den Bart zu scheeren. Mit der Zärtlichkeit der Sitten entstund auch eine gewisse Zärtlichkeit in der Tracht. Man war nicht mit dem Ansehen zufrieden, das die Natur den Menschen ertheilet, man nahm die Kunst allenthalben zu Hülfe. Die natürliche Erkenntniß war nicht mehr zureichend, sie mußte durch die Kunst erweitert werden, und die natürlichen Sitten, worinne Einfalt und Aufrichtigkeit herrschte, bekamen durch den Anstrich der Kunst eine freiere aber gefährlichere Gestalt. Wenn die Menschen anfangen zu künsteln so künsteln sie in allem, und dieses erstreckt sich folglich auch auf die Gestalt.

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[177/0179] noch die Menschen in Thierhäute kleideten und in Wäldern und Hölen wohnten, waren die Gelehrten nicht gewohnt in barbara und celarent zu schlüßen. Man wußte zu der Zeit noch nichts von der Kunst die Haare zu kräuseln oder den Bart zu scheeren. Mit der Zärtlichkeit der Sitten entstund auch eine gewisse Zärtlichkeit in der Tracht. Man war nicht mit dem Ansehen zufrieden, das die Natur den Menschen ertheilet, man nahm die Kunst allenthalben zu Hülfe. Die natürliche Erkenntniß war nicht mehr zureichend, sie mußte durch die Kunst erweitert werden, und die natürlichen Sitten, worinne Einfalt und Aufrichtigkeit herrschte, bekamen durch den Anstrich der Kunst eine freiere aber gefährlichere Gestalt. Wenn die Menschen anfangen zu künsteln so künsteln sie in allem, und dieses erstreckt sich folglich auch auf die Gestalt. Hieraus folgt, daß man von der äußerlichen Seite des Menschen richtig auf das innerliche

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/179>, abgerufen am 24.11.2024.