Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762.

Bild:
<< vorherige Seite

die Mode eine solche Untersuchung billigte, würde ein Gelehrter dadurch eine Professur nebst dem Titul eines Doctoris seraphici erhalten haben. Die neuesten Zeitungen melden, daß ein Student ist entleibet worden, weil er keine Harmoniam praestabilitam hat glauben wollen; der Baron von Wolf mußte Landflüchtig werden, weil er sie lehrte.

Wenn die Mode im äußerlichen etwas befiehlt, so verfährt sie mit den Uebertretern ihrer Gesetze nicht so gar strenge, ob es gleich nicht an Beispielen fehlet, da sie auch das rauhe herausgekehret hat; doch gemeiniglich werden sie dadurch gezüchtiget, daß man sie verlacht, oder auszischt. An und für sich selbst betrachtet, liegt zwar des heiligen römischen Reichs Wohlfahrt nicht daran, ob man zwei oder drei Zipfel in die Perucken knüpft, ob man den Hut auf dem Kopfe oder unter dem Arm trägt; ob man den Bart wachsen oder abnehmen läßt: allein die Mode will

die Mode eine solche Untersuchung billigte, würde ein Gelehrter dadurch eine Professur nebst dem Titul eines Doctoris seraphici erhalten haben. Die neuesten Zeitungen melden, daß ein Student ist entleibet worden, weil er keine Harmoniam praestabilitam hat glauben wollen; der Baron von Wolf mußte Landflüchtig werden, weil er sie lehrte.

Wenn die Mode im äußerlichen etwas befiehlt, so verfährt sie mit den Uebertretern ihrer Gesetze nicht so gar strenge, ob es gleich nicht an Beispielen fehlet, da sie auch das rauhe herausgekehret hat; doch gemeiniglich werden sie dadurch gezüchtiget, daß man sie verlacht, oder auszischt. An und für sich selbst betrachtet, liegt zwar des heiligen römischen Reichs Wohlfahrt nicht daran, ob man zwei oder drei Zipfel in die Perucken knüpft, ob man den Hut auf dem Kopfe oder unter dem Arm trägt; ob man den Bart wachsen oder abnehmen läßt: allein die Mode will

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0173" n="171"/>
die Mode eine solche Untersuchung billigte, würde ein Gelehrter dadurch eine Professur nebst dem Titul eines <hi rendition="#aq">Doctoris seraphici</hi> erhalten haben. Die neuesten Zeitungen melden, daß ein Student ist entleibet worden, weil er keine <hi rendition="#aq">Harmoniam praestabilitam</hi> hat glauben wollen; der Baron von Wolf mußte Landflüchtig werden, weil er sie lehrte.</p>
        <p>Wenn die Mode im äußerlichen etwas befiehlt, so verfährt sie mit den Uebertretern ihrer Gesetze nicht so gar strenge, ob es gleich nicht an Beispielen fehlet, da sie auch das rauhe herausgekehret hat; doch gemeiniglich werden sie dadurch gezüchtiget, daß man sie verlacht, oder auszischt. An und für sich selbst betrachtet, liegt zwar des heiligen römischen Reichs Wohlfahrt nicht daran, ob man zwei oder drei Zipfel in die Perucken knüpft, ob man den Hut auf dem Kopfe oder unter dem Arm trägt; ob man den Bart wachsen oder abnehmen läßt: allein die Mode will
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0173] die Mode eine solche Untersuchung billigte, würde ein Gelehrter dadurch eine Professur nebst dem Titul eines Doctoris seraphici erhalten haben. Die neuesten Zeitungen melden, daß ein Student ist entleibet worden, weil er keine Harmoniam praestabilitam hat glauben wollen; der Baron von Wolf mußte Landflüchtig werden, weil er sie lehrte. Wenn die Mode im äußerlichen etwas befiehlt, so verfährt sie mit den Uebertretern ihrer Gesetze nicht so gar strenge, ob es gleich nicht an Beispielen fehlet, da sie auch das rauhe herausgekehret hat; doch gemeiniglich werden sie dadurch gezüchtiget, daß man sie verlacht, oder auszischt. An und für sich selbst betrachtet, liegt zwar des heiligen römischen Reichs Wohlfahrt nicht daran, ob man zwei oder drei Zipfel in die Perucken knüpft, ob man den Hut auf dem Kopfe oder unter dem Arm trägt; ob man den Bart wachsen oder abnehmen läßt: allein die Mode will

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/173
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Dritter Theil. Eisenach, 1762, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison03_1762/173>, abgerufen am 25.11.2024.