Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite

der jetzigen veränderlichen Witterung und dem herannahenden Winter begriffen waren, die zu meinem Zwecke nicht gehörten und die ich also aufzuzeichnen keinen Befehl hatte.

Damit ich nun die erwartete Unterredung weniger gestöhrt aufzeichnen möchte, ward ich befehliget, in einen großen Schrank zu kriechen, der ausdrücklich zu dieser Absicht war in das Zimmer gebracht worden. Ich hatte die Ehre, daß der Herr v. F. mich eigenhändig darinne verschloß, und den Schlüssel zu sich nahm. Ungeachtet der Herr v. N. wohl mag gewußt haben, was dieser große unschickliche Schrank in einem Zimmer, das mit seidenen Tapeten ausgeschlagen war, zu bedeuten hatte: so sollte es doch lassen, als wenn ohne sein Wissen diese Unterredung nachgeschrieben würde. Ich wurde dahero befehliget, mich ruhig zu halten, weder zu husten noch zu niesen, vielweniger durch das Anziehen oder Fortsetzen eines Fußes mit meinen Stiefeln ein Gepoltere oder Geräusche zu erregen; hingegen aber sollte ich alles, was vorgienge,

der jetzigen veränderlichen Witterung und dem herannahenden Winter begriffen waren, die zu meinem Zwecke nicht gehörten und die ich also aufzuzeichnen keinen Befehl hatte.

Damit ich nun die erwartete Unterredung weniger gestöhrt aufzeichnen möchte, ward ich befehliget, in einen großen Schrank zu kriechen, der ausdrücklich zu dieser Absicht war in das Zimmer gebracht worden. Ich hatte die Ehre, daß der Herr v. F. mich eigenhändig darinne verschloß, und den Schlüssel zu sich nahm. Ungeachtet der Herr v. N. wohl mag gewußt haben, was dieser große unschickliche Schrank in einem Zimmer, das mit seidenen Tapeten ausgeschlagen war, zu bedeuten hatte: so sollte es doch lassen, als wenn ohne sein Wissen diese Unterredung nachgeschrieben würde. Ich wurde dahero befehliget, mich ruhig zu halten, weder zu husten noch zu niesen, vielweniger durch das Anziehen oder Fortsetzen eines Fußes mit meinen Stiefeln ein Gepoltere oder Geräusche zu erregen; hingegen aber sollte ich alles, was vorgienge,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0092" n="90"/>
der jetzigen veränderlichen Witterung und dem herannahenden Winter begriffen waren, die zu meinem Zwecke nicht gehörten und die ich also aufzuzeichnen keinen Befehl hatte.</p>
              <p>Damit ich nun die erwartete Unterredung weniger gestöhrt aufzeichnen möchte, ward ich befehliget, in einen großen Schrank zu kriechen, der ausdrücklich zu dieser Absicht war in das Zimmer gebracht worden. Ich hatte die Ehre, daß der Herr v. F. mich eigenhändig darinne verschloß, und den Schlüssel zu sich nahm. Ungeachtet der Herr v. N. wohl mag gewußt haben, was dieser große unschickliche Schrank in einem Zimmer, das mit seidenen Tapeten ausgeschlagen war, zu bedeuten hatte: so sollte es doch lassen, als wenn ohne sein Wissen diese Unterredung nachgeschrieben würde. Ich wurde dahero befehliget, mich ruhig zu halten, weder zu husten noch zu niesen, vielweniger durch das Anziehen oder Fortsetzen eines Fußes mit meinen Stiefeln ein Gepoltere oder Geräusche zu erregen; hingegen aber sollte ich alles, was vorgienge,
</p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0092] der jetzigen veränderlichen Witterung und dem herannahenden Winter begriffen waren, die zu meinem Zwecke nicht gehörten und die ich also aufzuzeichnen keinen Befehl hatte. Damit ich nun die erwartete Unterredung weniger gestöhrt aufzeichnen möchte, ward ich befehliget, in einen großen Schrank zu kriechen, der ausdrücklich zu dieser Absicht war in das Zimmer gebracht worden. Ich hatte die Ehre, daß der Herr v. F. mich eigenhändig darinne verschloß, und den Schlüssel zu sich nahm. Ungeachtet der Herr v. N. wohl mag gewußt haben, was dieser große unschickliche Schrank in einem Zimmer, das mit seidenen Tapeten ausgeschlagen war, zu bedeuten hatte: so sollte es doch lassen, als wenn ohne sein Wissen diese Unterredung nachgeschrieben würde. Ich wurde dahero befehliget, mich ruhig zu halten, weder zu husten noch zu niesen, vielweniger durch das Anziehen oder Fortsetzen eines Fußes mit meinen Stiefeln ein Gepoltere oder Geräusche zu erregen; hingegen aber sollte ich alles, was vorgienge,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T15:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T15:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T15:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/92
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison02_1761/92>, abgerufen am 22.11.2024.