Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. Zweiter Theil. Eisenach, 1761.§. 7.
In gemeldetem Jahre starb mein Vater. Was sollte ich nun thun? ich begab mich auf die Wanderschaft. Die Haare würden Ihnen, verehrungswürdiger Gönner, zu Berge stehen, wenn ich meine verdrüßlichen Begebenheiten auf dieser Reise erzählen wollte. Hunger und Durst mußte ich ausstehen. Wie viel mal habe ich unter freiem Himmel schlafen müssen! Die Handwerksgenossen waren nicht allemal so höflich, als ich glaubte, daß sie seyn sollten. Für mich war also nichts weiter zu thun, als daß ich 1742 unter die Königl. Preußl. Husaren gieng, und mir einen Bart wachsen ließ. Zum Unglück sahe mein Rittmeister in dem ersten Feldzuge ein, daß ich zu keinem Soldaten gebohren war. Ich bekam meinen Abschied, und gieng voller Verzweifelung nach Dürrenstein. Hier hatte der Himmel für mich gesorgt. Der Hr. von N. brauchte einen Informator, und fand in mir alle Eigenschaften eines solchen Mannes. §. 7.
In gemeldetem Jahre starb mein Vater. Was sollte ich nun thun? ich begab mich auf die Wanderschaft. Die Haare würden Ihnen, verehrungswürdiger Gönner, zu Berge stehen, wenn ich meine verdrüßlichen Begebenheiten auf dieser Reise erzählen wollte. Hunger und Durst mußte ich ausstehen. Wie viel mal habe ich unter freiem Himmel schlafen müssen! Die Handwerksgenossen waren nicht allemal so höflich, als ich glaubte, daß sie seyn sollten. Für mich war also nichts weiter zu thun, als daß ich 1742 unter die Königl. Preußl. Husaren gieng, und mir einen Bart wachsen ließ. Zum Unglück sahe mein Rittmeister in dem ersten Feldzuge ein, daß ich zu keinem Soldaten gebohren war. Ich bekam meinen Abschied, und gieng voller Verzweifelung nach Dürrenstein. Hier hatte der Himmel für mich gesorgt. Der Hr. von N. brauchte einen Informator, und fand in mir alle Eigenschaften eines solchen Mannes. <TEI> <text> <body> <div type="letter" n="1"> <floatingText> <body> <pb facs="#f0019" n="17"/> <div n="2"> <head>§. 7.</head> <p>In gemeldetem Jahre starb mein Vater. Was sollte ich nun thun? ich begab mich auf die Wanderschaft. Die Haare würden Ihnen, verehrungswürdiger Gönner, zu Berge stehen, wenn ich meine verdrüßlichen Begebenheiten auf dieser Reise erzählen wollte. Hunger und Durst mußte ich ausstehen. Wie viel mal habe ich unter freiem Himmel schlafen müssen! Die Handwerksgenossen waren nicht allemal so höflich, als ich glaubte, daß sie seyn sollten. Für mich war also nichts weiter zu thun, als daß ich 1742 unter die Königl. Preußl. Husaren gieng, und mir einen Bart wachsen ließ. Zum Unglück sahe mein Rittmeister in dem ersten Feldzuge ein, daß ich zu keinem Soldaten gebohren war. Ich bekam meinen Abschied, und gieng voller Verzweifelung nach Dürrenstein. Hier hatte der Himmel für mich gesorgt. Der Hr. von N. brauchte einen Informator, und fand in mir alle Eigenschaften eines solchen Mannes.</p> </div> </body> </floatingText> </div> </body> </text> </TEI> [17/0019]
§. 7. In gemeldetem Jahre starb mein Vater. Was sollte ich nun thun? ich begab mich auf die Wanderschaft. Die Haare würden Ihnen, verehrungswürdiger Gönner, zu Berge stehen, wenn ich meine verdrüßlichen Begebenheiten auf dieser Reise erzählen wollte. Hunger und Durst mußte ich ausstehen. Wie viel mal habe ich unter freiem Himmel schlafen müssen! Die Handwerksgenossen waren nicht allemal so höflich, als ich glaubte, daß sie seyn sollten. Für mich war also nichts weiter zu thun, als daß ich 1742 unter die Königl. Preußl. Husaren gieng, und mir einen Bart wachsen ließ. Zum Unglück sahe mein Rittmeister in dem ersten Feldzuge ein, daß ich zu keinem Soldaten gebohren war. Ich bekam meinen Abschied, und gieng voller Verzweifelung nach Dürrenstein. Hier hatte der Himmel für mich gesorgt. Der Hr. von N. brauchte einen Informator, und fand in mir alle Eigenschaften eines solchen Mannes.
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