Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.

Bild:
<< vorherige Seite

Mannes erblicken sollte. Du wirst glauben, ich stellte die Sache auf einer gar zu schlimmen Seite vor. Wenn Fräulein Julgen an einem alten Manne ihr Vergnügen finden kann, denkst du; wenn sie eine Zuneigung zu ihm haben kann, warum sollte ich sie denn bedauren. Der Regen und die Liebe, fallen so wohl auf Palläste als auf Strohdächer. Es zwingt sie ja Niemand, den Alten zu nehmen. Wenn Ihre Stiefmutter, auf eine unbedachtsame Art manchmal mit ihr scherzet, und ihr mit dem Stifte oder mit unsern Oncle drohet, so muß sie das als Scherz aufnehmen, und mit Scherz erwiedern. Was wollte ich darum geben, wenn dein Urtheil wahr wäre. Die gute Juliane, es kostet mir viele Thränen, wenn ich daran denke. Sie soll, sie muß unserm Oncle ihre Hand geben. Ihre verdammte Stiefmutter -. Ich würde ihr die Augen auskratzen, wenn sie da vor mir stünde, so erbittert bin ich. Sie ist eine von den gemeinen Stiefmüttern, welche sich eine Pflicht und zugleich ein Vergnügen daraus machen, die Kinder erster Ehe zu peinigen.

Mannes erblicken sollte. Du wirst glauben, ich stellte die Sache auf einer gar zu schlimmen Seite vor. Wenn Fräulein Julgen an einem alten Manne ihr Vergnügen finden kann, denkst du; wenn sie eine Zuneigung zu ihm haben kann, warum sollte ich sie denn bedauren. Der Regen und die Liebe, fallen so wohl auf Palläste als auf Strohdächer. Es zwingt sie ja Niemand, den Alten zu nehmen. Wenn Ihre Stiefmutter, auf eine unbedachtsame Art manchmal mit ihr scherzet, und ihr mit dem Stifte oder mit unsern Oncle drohet, so muß sie das als Scherz aufnehmen, und mit Scherz erwiedern. Was wollte ich darum geben, wenn dein Urtheil wahr wäre. Die gute Juliane, es kostet mir viele Thränen, wenn ich daran denke. Sie soll, sie muß unserm Oncle ihre Hand geben. Ihre verdammte Stiefmutter –. Ich würde ihr die Augen auskratzen, wenn sie da vor mir stünde, so erbittert bin ich. Sie ist eine von den gemeinen Stiefmüttern, welche sich eine Pflicht und zugleich ein Vergnügen daraus machen, die Kinder erster Ehe zu peinigen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter" n="1">
        <p><pb facs="#f0212" n="197"/>
Mannes erblicken sollte. Du wirst glauben, ich stellte die Sache auf einer gar zu schlimmen Seite vor. Wenn Fräulein Julgen an einem alten Manne ihr Vergnügen finden kann, denkst du; wenn sie eine Zuneigung zu ihm haben kann, warum sollte ich sie denn bedauren. Der Regen und die Liebe, fallen so wohl auf Palläste als auf Strohdächer. Es zwingt sie ja Niemand, den Alten zu nehmen. Wenn Ihre Stiefmutter, auf eine unbedachtsame Art manchmal mit ihr scherzet, und ihr mit dem Stifte oder mit unsern Oncle drohet, so muß sie das als Scherz aufnehmen, und mit Scherz erwiedern. Was wollte ich darum geben, wenn dein Urtheil wahr wäre. Die gute Juliane, es kostet mir viele Thränen, wenn ich daran denke. Sie soll, sie muß unserm Oncle ihre Hand geben. Ihre verdammte Stiefmutter &#x2013;. Ich würde ihr die Augen auskratzen, wenn sie da vor mir stünde, so erbittert bin ich. Sie ist eine von den gemeinen Stiefmüttern, welche sich eine Pflicht und zugleich ein Vergnügen daraus machen, die Kinder erster Ehe zu peinigen.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0212] Mannes erblicken sollte. Du wirst glauben, ich stellte die Sache auf einer gar zu schlimmen Seite vor. Wenn Fräulein Julgen an einem alten Manne ihr Vergnügen finden kann, denkst du; wenn sie eine Zuneigung zu ihm haben kann, warum sollte ich sie denn bedauren. Der Regen und die Liebe, fallen so wohl auf Palläste als auf Strohdächer. Es zwingt sie ja Niemand, den Alten zu nehmen. Wenn Ihre Stiefmutter, auf eine unbedachtsame Art manchmal mit ihr scherzet, und ihr mit dem Stifte oder mit unsern Oncle drohet, so muß sie das als Scherz aufnehmen, und mit Scherz erwiedern. Was wollte ich darum geben, wenn dein Urtheil wahr wäre. Die gute Juliane, es kostet mir viele Thränen, wenn ich daran denke. Sie soll, sie muß unserm Oncle ihre Hand geben. Ihre verdammte Stiefmutter –. Ich würde ihr die Augen auskratzen, wenn sie da vor mir stünde, so erbittert bin ich. Sie ist eine von den gemeinen Stiefmüttern, welche sich eine Pflicht und zugleich ein Vergnügen daraus machen, die Kinder erster Ehe zu peinigen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien
  • Der Seitenumbruch erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Worttrennungen am Zeilenende entfallen.
  • Das lange „s“ („ſ“) wird als normales rundes „s“ wiedergegeben.
  • Auslassungspunkte werden, unabhängig von der Anzahl der Punkte, als „…“ (Sonderzeichen Alt+0133) wiedergegeben.
  • Apostrophe werden durch das Sonderzeichen „’“ (Alt+0146) wiedergegeben (nicht durch die Variante auf der Tastatur).
  • Bindestriche werden durch den normalen Bindestrich „-“ wiedergegeben (nicht durch „=“).
  • Gleichheitszeichen „=“ werden als normale Gedankenstriche (Halbgeviertstriche) „–“ wiedergegeben.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/212
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_grandison01_1760/212>, abgerufen am 22.11.2024.