Musäus, Johann Karl August: Grandison der Zweite, Oder Geschichte des Herrn v. N*** in Briefen entworfen. [Erster Theil.] Eisenach, 1760.XV. Brief. Der Herr von S. an den Magister Wilibald. Grandisonhall den 5 August.Hochgeehrtester Herr Magister, Ich lobe Ihren Entschluß, den Doctor Bartlett nachzuahmen; Sie sind aber in gewissen Stücken gar zu zärtlich. Ein Staatskluger muß selbst ein Urbild werden und sich fortzupflanzen suchen. Ich kann Ihnen nunmehro die Gewissensfragen, welche Sie an mich thun, um desto leichter beantworten. Sie können, geliebter Freund, ganz wohl auf der Orgel spielen, ohne daß Doctor Bartlett dergleichen thut. Es würde sich aber dieser rechtschaffene Geistliche gar kein Bedenken daraus machen, wenn ihn Sir Carl nur mit einer Mine ersuchte. Sie können auch nach dem Beispiele Bartletts auf die Jagd reiten, und den Magister dabei eben so wenig als jener den Doctor vergessen. Das Mäntelgen, das er umthut, ist sehr kurz, und XV. Brief. Der Herr von S. an den Magister Wilibald. Grandisonhall den 5 August.Hochgeehrtester Herr Magister, Ich lobe Ihren Entschluß, den Doctor Bartlett nachzuahmen; Sie sind aber in gewissen Stücken gar zu zärtlich. Ein Staatskluger muß selbst ein Urbild werden und sich fortzupflanzen suchen. Ich kann Ihnen nunmehro die Gewissensfragen, welche Sie an mich thun, um desto leichter beantworten. Sie können, geliebter Freund, ganz wohl auf der Orgel spielen, ohne daß Doctor Bartlett dergleichen thut. Es würde sich aber dieser rechtschaffene Geistliche gar kein Bedenken daraus machen, wenn ihn Sir Carl nur mit einer Mine ersuchte. Sie können auch nach dem Beispiele Bartletts auf die Jagd reiten, und den Magister dabei eben so wenig als jener den Doctor vergessen. Das Mäntelgen, das er umthut, ist sehr kurz, und <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0117" n="102"/> <div type="letter" n="1"> <head> <hi rendition="#fr">XV. Brief.</hi><lb/> </head> <head> <hi rendition="#fr">Der Herr von S. an den Magister Wilibald.</hi><lb/> </head> <opener> <dateline>Grandisonhall den 5 August.</dateline><lb/> <salute rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Hochgeehrtester Herr Magister,</hi> </salute> </opener> <p>Ich lobe Ihren Entschluß, den Doctor Bartlett nachzuahmen; Sie sind aber in gewissen Stücken gar zu zärtlich. Ein Staatskluger muß selbst ein Urbild werden und sich fortzupflanzen suchen. Ich kann Ihnen nunmehro die Gewissensfragen, welche Sie an mich thun, um desto leichter beantworten. Sie können, geliebter Freund, ganz wohl auf der Orgel spielen, ohne daß Doctor Bartlett dergleichen thut. Es würde sich aber dieser rechtschaffene Geistliche gar kein Bedenken daraus machen, wenn ihn Sir Carl nur mit einer Mine ersuchte. Sie können auch nach dem Beispiele Bartletts auf die Jagd reiten, und den Magister dabei eben so wenig als jener den Doctor vergessen. Das Mäntelgen, das er umthut, ist sehr kurz, und </p> </div> </body> </text> </TEI> [102/0117]
XV. Brief.
Der Herr von S. an den Magister Wilibald.
Grandisonhall den 5 August.
Hochgeehrtester Herr Magister, Ich lobe Ihren Entschluß, den Doctor Bartlett nachzuahmen; Sie sind aber in gewissen Stücken gar zu zärtlich. Ein Staatskluger muß selbst ein Urbild werden und sich fortzupflanzen suchen. Ich kann Ihnen nunmehro die Gewissensfragen, welche Sie an mich thun, um desto leichter beantworten. Sie können, geliebter Freund, ganz wohl auf der Orgel spielen, ohne daß Doctor Bartlett dergleichen thut. Es würde sich aber dieser rechtschaffene Geistliche gar kein Bedenken daraus machen, wenn ihn Sir Carl nur mit einer Mine ersuchte. Sie können auch nach dem Beispiele Bartletts auf die Jagd reiten, und den Magister dabei eben so wenig als jener den Doctor vergessen. Das Mäntelgen, das er umthut, ist sehr kurz, und
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