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Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

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Das 3. Capitel.
wandlen/ wann Wärme und Feuchtigkeit zu letst
sich in dem Gewächse gemehret/ wie zum Beyspiele
dessen dienen die Quiten/ welche einer grossen
Räuche sind/ eher sie reiffen/ wann sie aber die
Zeitigung erreichet/ werden die einen süß/ die an-
deren aber bleiben saurlecht.

Hier fraget sich: Ob das Harb nur Staffel-
weise von dem Süssen unterscheiden seye? Unsere
Antwort ifl: Man müsse/ was harb ist in dopel-
tem Verstand begreiffen/ entweders in Betrach-
tung/ da es noch völlig harb/ und gar unzeitig ist/
oder in Betrachtung/ da es schon zu zeltigen an-
fanget und reiffet. Jn Betrachtung des ersteren ist
süß und harb von einandern nicht Staffel-weise/
sonder wesentlich entscheiden. Aber in Betrach-
tung der Zeitigung steiget das harb nach und nach
in die süsse/ Staffel-weise/ dann weil das Harb
zu seiner Zeitigung zihlet/ so hat es schon ein Ver-
mögen süß zu werden/ hiemit eine verborgene
Süssigkeit in sich/ welche nach und nach einen
Außbruch gewinnet.

Der roh Geschmack ist entweders zusammen zie-
hen/ wie das Meersaltz (ponticus) oder wie die un-
reiffen Früchte/ oder wie der Alaun.

Es sind aber nicht nur vielerley Gattungen des
harben Geschmacks/ sonder auch des rohen/ daß
es unmöglich sie in ihre gewüsse Ordnungen einzu-
richten: dann einige Gewächse haben mehr sau-
res/ andere mehr süsses/ die einen mehr rohes/ an-
dere mehr harbes/ die einen schmecken nach Vi-
triol/ Alaun/ unreiffe Trauben/ unreiffen Obs/

Kasta-

Das 3. Capitel.
wandlen/ wann Waͤrme und Feuchtigkeit zu letſt
ſich in dem Gewaͤchſe gemehret/ wie zum Beyſpiele
deſſen dienen die Quiten/ welche einer groſſen
Raͤuche ſind/ eher ſie reiffen/ wann ſie aber die
Zeitigung erreichet/ werden die einen ſuͤß/ die an-
deren aber bleiben ſaurlecht.

Hier fraget ſich: Ob das Harb nur Staffel-
weiſe von dem Suͤſſen unterſcheiden ſeye? Unſere
Antwort ifl: Man muͤſſe/ was harb iſt in dopel-
tem Verſtand begreiffen/ entweders in Betrach-
tung/ da es noch voͤllig harb/ und gar unzeitig iſt/
oder in Betrachtung/ da es ſchon zu zeltigen an-
fanget und reiffet. Jn Betrachtung des erſteren iſt
ſuͤß und harb von einandern nicht Staffel-weiſe/
ſonder weſentlich entſcheiden. Aber in Betrach-
tung der Zeitigung ſteiget das harb nach und nach
in die ſuͤſſe/ Staffel-weiſe/ dann weil das Harb
zu ſeiner Zeitigung zihlet/ ſo hat es ſchon ein Ver-
moͤgen ſuͤß zu werden/ hiemit eine verborgene
Suͤſſigkeit in ſich/ welche nach und nach einen
Außbruch gewinnet.

Der roh Geſchmack iſt entweders zuſammen zie-
hen/ wie das Meerſaltz (ponticus) oder wie die un-
reiffen Fruͤchte/ oder wie der Alaun.

Es ſind aber nicht nur vielerley Gattungen des
harben Geſchmacks/ ſonder auch des rohen/ daß
es unmoͤglich ſie in ihre gewuͤſſe Ordnungen einzu-
richten: dann einige Gewaͤchſe haben mehr ſau-
res/ andere mehr ſuͤſſes/ die einen mehr rohes/ an-
dere mehr harbes/ die einen ſchmecken nach Vi-
triol/ Alaun/ unreiffe Trauben/ unreiffen Obs/

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[28/0060] Das 3. Capitel. wandlen/ wann Waͤrme und Feuchtigkeit zu letſt ſich in dem Gewaͤchſe gemehret/ wie zum Beyſpiele deſſen dienen die Quiten/ welche einer groſſen Raͤuche ſind/ eher ſie reiffen/ wann ſie aber die Zeitigung erreichet/ werden die einen ſuͤß/ die an- deren aber bleiben ſaurlecht. Hier fraget ſich: Ob das Harb nur Staffel- weiſe von dem Suͤſſen unterſcheiden ſeye? Unſere Antwort ifl: Man muͤſſe/ was harb iſt in dopel- tem Verſtand begreiffen/ entweders in Betrach- tung/ da es noch voͤllig harb/ und gar unzeitig iſt/ oder in Betrachtung/ da es ſchon zu zeltigen an- fanget und reiffet. Jn Betrachtung des erſteren iſt ſuͤß und harb von einandern nicht Staffel-weiſe/ ſonder weſentlich entſcheiden. Aber in Betrach- tung der Zeitigung ſteiget das harb nach und nach in die ſuͤſſe/ Staffel-weiſe/ dann weil das Harb zu ſeiner Zeitigung zihlet/ ſo hat es ſchon ein Ver- moͤgen ſuͤß zu werden/ hiemit eine verborgene Suͤſſigkeit in ſich/ welche nach und nach einen Außbruch gewinnet. Der roh Geſchmack iſt entweders zuſammen zie- hen/ wie das Meerſaltz (ponticus) oder wie die un- reiffen Fruͤchte/ oder wie der Alaun. Es ſind aber nicht nur vielerley Gattungen des harben Geſchmacks/ ſonder auch des rohen/ daß es unmoͤglich ſie in ihre gewuͤſſe Ordnungen einzu- richten: dann einige Gewaͤchſe haben mehr ſau- res/ andere mehr ſuͤſſes/ die einen mehr rohes/ an- dere mehr harbes/ die einen ſchmecken nach Vi- triol/ Alaun/ unreiffe Trauben/ unreiffen Obs/ Kaſta-

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Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/60>, abgerufen am 24.11.2024.