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Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

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Das 1. Capitel.
seine Nahrung an sich ziehet; wann namlich der
überflüssig dargereichter Nehr-Safft die klemmen
Röhrlein und Säcklein erweiteret/ und mehr.
Nahrung zu fliesset/ als von inneren und ausseren
Ursachen verzehret/ und gleichsam vertäuchet wird.

Es mehret sich aber das Gewächs und krieget
sein Wachßtum auß dem Saamen/ welcher das
gantze Gewächs gar künstlich und artlich zusammen
gerollet und eingewicklet inner sich enthaltet und
vorstellet/ wie es sonderbar an der auß der Erden
aufkeimenden Bohne zu ersehen.

Wann nun der Saame in die Erde/ als seine
Mutter geworffen/ anfanget jähren/ treibt er sei-
nen flüchtigen Geist auß sich/ der sich dann weiter
außspreitet/ an den Kräuteren die Blätter herfür-
trucket/ und die Wurtzel in die Tieffe treibet/ durch
die Scheidung des schwereren von dem subtileren
Nehr-Safft/ den er durch die Gänge der Zäser-
lein in die Aeste ergiesset/ und endlich die jeder Gat-
tung gebührende Frucht zeitigen machet. Dieses
Wachßtum aber geschihet nicht nur durch den
Saamen allein/ sonder auch durch die Augen oder
Bollen/ Wurtzlen/ Aeste und Sprößlein
(Schößlein.)

Die dritte Würckung des Kräuter- oder Ge-
wächs-Geistes ist die Krafft sich fortzupflantzen
oder gleiche Ahrten zu zeugen/ durch welche dieser
Geist an einem gewüssen Orthe/ sonderlich an den
Gipfflen des Gewächses (so gleichsam der Pflan-
zen Eyerstock oder Saamen-Gehalter zu verste-

hen)

Das 1. Capitel.
ſeine Nahrung an ſich ziehet; wann namlich der
uͤberfluͤſſig dargereichter Nehr-Safft die klemmen
Roͤhrlein und Saͤcklein erweiteret/ und mehr.
Nahrung zu flieſſet/ als von inneren und auſſeren
Urſachen verzehret/ und gleichſam vertaͤuchet wird.

Es mehret ſich aber das Gewaͤchs und krieget
ſein Wachßtum auß dem Saamen/ welcher das
gantze Gewaͤchs gar kuͤnſtlich und artlich zuſam̃en
gerollet und eingewicklet inner ſich enthaltet und
vorſtellet/ wie es ſonderbar an der auß der Erden
aufkeimenden Bohne zu erſehen.

Wann nun der Saame in die Erde/ als ſeine
Mutter geworffen/ anfanget jaͤhren/ treibt er ſei-
nen fluͤchtigen Geiſt auß ſich/ der ſich dann weiter
außſpreitet/ an den Kraͤuteren die Blaͤtter herfuͤr-
trucket/ und die Wurtzel in die Tieffe treibet/ durch
die Scheidung des ſchwereren von dem ſubtileren
Nehr-Safft/ den er durch die Gaͤnge der Zaͤſer-
lein in die Aeſte ergieſſet/ und endlich die jeder Gat-
tung gebuͤhrende Frucht zeitigen machet. Dieſes
Wachßtum aber geſchihet nicht nur durch den
Saamen allein/ ſonder auch durch die Augen oder
Bollen/ Wurtzlen/ Aeſte und Sproͤßlein
(Schoͤßlein.)

Die dritte Wuͤrckung des Kraͤuter- oder Ge-
waͤchs-Geiſtes iſt die Krafft ſich fortzupflantzen
oder gleiche Ahrten zu zeugen/ durch welche dieſer
Geiſt an einem gewuͤſſen Orthe/ ſonderlich an den
Gipfflen des Gewaͤchſes (ſo gleichſam der Pflan-
zen Eyerſtock oder Saamen-Gehalter zu verſte-

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[4/0036] Das 1. Capitel. ſeine Nahrung an ſich ziehet; wann namlich der uͤberfluͤſſig dargereichter Nehr-Safft die klemmen Roͤhrlein und Saͤcklein erweiteret/ und mehr. Nahrung zu flieſſet/ als von inneren und auſſeren Urſachen verzehret/ und gleichſam vertaͤuchet wird. Es mehret ſich aber das Gewaͤchs und krieget ſein Wachßtum auß dem Saamen/ welcher das gantze Gewaͤchs gar kuͤnſtlich und artlich zuſam̃en gerollet und eingewicklet inner ſich enthaltet und vorſtellet/ wie es ſonderbar an der auß der Erden aufkeimenden Bohne zu erſehen. Wann nun der Saame in die Erde/ als ſeine Mutter geworffen/ anfanget jaͤhren/ treibt er ſei- nen fluͤchtigen Geiſt auß ſich/ der ſich dann weiter außſpreitet/ an den Kraͤuteren die Blaͤtter herfuͤr- trucket/ und die Wurtzel in die Tieffe treibet/ durch die Scheidung des ſchwereren von dem ſubtileren Nehr-Safft/ den er durch die Gaͤnge der Zaͤſer- lein in die Aeſte ergieſſet/ und endlich die jeder Gat- tung gebuͤhrende Frucht zeitigen machet. Dieſes Wachßtum aber geſchihet nicht nur durch den Saamen allein/ ſonder auch durch die Augen oder Bollen/ Wurtzlen/ Aeſte und Sproͤßlein (Schoͤßlein.) Die dritte Wuͤrckung des Kraͤuter- oder Ge- waͤchs-Geiſtes iſt die Krafft ſich fortzupflantzen oder gleiche Ahrten zu zeugen/ durch welche dieſer Geiſt an einem gewuͤſſen Orthe/ ſonderlich an den Gipfflen des Gewaͤchſes (ſo gleichſam der Pflan- zen Eyerſtock oder Saamen-Gehalter zu verſte- hen)

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Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/36>, abgerufen am 21.11.2024.