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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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benachbarten Badeort zuzubringen. Er bat auch einen
der Dorfschullehrer zu kommen, welcher das Provinzial-
lehrerseminar absolviert hatte. Obgleich derselbe nicht
englisch sprechen konnte, fand ich doch, daß er englische
Bücher fleißig las. Er hatte in englischer Übersetzung
Guizots "History of France" und auch seine "History
of Civilization"
gelesen. Auch Carlyles "Heroes and
Heroworship"
und einige seiner Biographien waren
ihm bekannt, und außerdem ein großer Teil der Schriften
von Lord Macaulay. In demselben Dorf war noch
ein Lehrer, ein Graduierter von Fukuzawas Schule,
auch ein belesener Mann. Ferner waren in dem Dorfe
noch zwei Graduierte der Doshisha, welche beide intelli-
gente Männer und fleißige Leser englischer Bücher
waren. Ich will nicht behaupten, daß diese Leute aus
ihren Büchern all den Nutzen ziehen konnten, welchen
wir durch ihre Lektüre haben würden, aber ihr Geist
war doch mit englischen Gedanken beschäftigt. Es
konnte nicht ausbleiben, daß die Kinder, welche zu
ihnen in den Unterricht kamen, wieder von ihrem Geiste
beeinflußt wurden. Nicht alle Schullehrer in Japan
mögen auf solch hoher Stufe stehen, aber Hunderte
kommen aus den Seminarien mit ähnlicher Vorliebe
für fremde Litteratur und verbreiten durch ihre Schüler
Gedanken, welche von einer Gottes- und Naturanschauung
beherrscht sind, grundverschieden von der, die früher
herrschte, und der Sauerteig dieser Gedanken ist in
den Köpfen von Zehntausenden von Kindern wirksam".

Es sind freilich nicht ausschließlich günstige Ein-
flüsse, die von der Litteratur des Abendlandes ausgehen.
Hat doch auch die materialistische und atheistische
Bücherei ihren Einzug in Japan gehalten. Es ist
aber doch nur ein beschränkter Kreis philosophisch

benachbarten Badeort zuzubringen. Er bat auch einen
der Dorfſchullehrer zu kommen, welcher das Provinzial-
lehrerſeminar abſolviert hatte. Obgleich derſelbe nicht
engliſch ſprechen konnte, fand ich doch, daß er engliſche
Bücher fleißig las. Er hatte in engliſcher Überſetzung
Guizots „History of France“ und auch ſeine „History
of Civilization“
geleſen. Auch Carlyles „Heroes and
Heroworship“
und einige ſeiner Biographien waren
ihm bekannt, und außerdem ein großer Teil der Schriften
von Lord Macaulay. In demſelben Dorf war noch
ein Lehrer, ein Graduierter von Fukuzawas Schule,
auch ein beleſener Mann. Ferner waren in dem Dorfe
noch zwei Graduierte der Doſhiſha, welche beide intelli-
gente Männer und fleißige Leſer engliſcher Bücher
waren. Ich will nicht behaupten, daß dieſe Leute aus
ihren Büchern all den Nutzen ziehen konnten, welchen
wir durch ihre Lektüre haben würden, aber ihr Geiſt
war doch mit engliſchen Gedanken beſchäftigt. Es
konnte nicht ausbleiben, daß die Kinder, welche zu
ihnen in den Unterricht kamen, wieder von ihrem Geiſte
beeinflußt wurden. Nicht alle Schullehrer in Japan
mögen auf ſolch hoher Stufe ſtehen, aber Hunderte
kommen aus den Seminarien mit ähnlicher Vorliebe
für fremde Litteratur und verbreiten durch ihre Schüler
Gedanken, welche von einer Gottes- und Naturanſchauung
beherrſcht ſind, grundverſchieden von der, die früher
herrſchte, und der Sauerteig dieſer Gedanken iſt in
den Köpfen von Zehntauſenden von Kindern wirkſam“.

Es ſind freilich nicht ausſchließlich günſtige Ein-
flüſſe, die von der Litteratur des Abendlandes ausgehen.
Hat doch auch die materialiſtiſche und atheiſtiſche
Bücherei ihren Einzug in Japan gehalten. Es iſt
aber doch nur ein beſchränkter Kreis philoſophiſch

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[408/0422] benachbarten Badeort zuzubringen. Er bat auch einen der Dorfſchullehrer zu kommen, welcher das Provinzial- lehrerſeminar abſolviert hatte. Obgleich derſelbe nicht engliſch ſprechen konnte, fand ich doch, daß er engliſche Bücher fleißig las. Er hatte in engliſcher Überſetzung Guizots „History of France“ und auch ſeine „History of Civilization“ geleſen. Auch Carlyles „Heroes and Heroworship“ und einige ſeiner Biographien waren ihm bekannt, und außerdem ein großer Teil der Schriften von Lord Macaulay. In demſelben Dorf war noch ein Lehrer, ein Graduierter von Fukuzawas Schule, auch ein beleſener Mann. Ferner waren in dem Dorfe noch zwei Graduierte der Doſhiſha, welche beide intelli- gente Männer und fleißige Leſer engliſcher Bücher waren. Ich will nicht behaupten, daß dieſe Leute aus ihren Büchern all den Nutzen ziehen konnten, welchen wir durch ihre Lektüre haben würden, aber ihr Geiſt war doch mit engliſchen Gedanken beſchäftigt. Es konnte nicht ausbleiben, daß die Kinder, welche zu ihnen in den Unterricht kamen, wieder von ihrem Geiſte beeinflußt wurden. Nicht alle Schullehrer in Japan mögen auf ſolch hoher Stufe ſtehen, aber Hunderte kommen aus den Seminarien mit ähnlicher Vorliebe für fremde Litteratur und verbreiten durch ihre Schüler Gedanken, welche von einer Gottes- und Naturanſchauung beherrſcht ſind, grundverſchieden von der, die früher herrſchte, und der Sauerteig dieſer Gedanken iſt in den Köpfen von Zehntauſenden von Kindern wirkſam“. Es ſind freilich nicht ausſchließlich günſtige Ein- flüſſe, die von der Litteratur des Abendlandes ausgehen. Hat doch auch die materialiſtiſche und atheiſtiſche Bücherei ihren Einzug in Japan gehalten. Es iſt aber doch nur ein beſchränkter Kreis philoſophiſch

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/422>, abgerufen am 24.11.2024.