-- in geringerem Maß -- im Taufunterricht und -- in höherem Grad -- bei der litterarischen Arbeit, von welcher in Kap. XII noch die Rede sein wird. Hier kommt die Apologetik zu ihrem Recht. In der Predigt aber tritt sie nicht in den Vordergrund. Vielmehr besteht materiell zwischen der Predigt in dem Gottesdienste der Missionsgemeinde und der Predigt in der Heimat kein Unterschied. Der Zweck ist positive Erbauung hier wie dort, und wenn der japanische Geistliche hier und da auf kleine Abwege gerät, so tragen die Missionare daran keine Schuld. Für Japan trifft auch die Anschauung nicht zu, die gleichfalls in Bezug auf Missionspredigten gang und gäbe ist, als müßten dieselben sehr einfach gehalten sein, etwa in dem Stil, wie man zu Kindern redet, als dürfe man nichts voraussetzen und nirgends nur andeutungsweise sich ergehen, als müsse man viel- mehr bei Heranziehung biblischer Beispiele recht aus- führlich sein, wodurch dann die Predigt einen stark erzählenden Charakter erhalte. Der geistige Horizont ist wie überall so auch hier ein verschiedener, und bei der Predigt ist das wohl in Betracht zu ziehen. Aber im großen und ganzen braucht sich dieselbe kaum unter der geistigen Höhe zu halten, auf der sie sich in Deutsch- land bewegt. Und auch die Anforderungen an das religiöse Besitztum der Hörer brauchen kaum geringer zu sein. Denn die biblischen Kenntnisse der heiden- christlichen Gemeinde sind bedeutende.
Wenn die Predigt auf die Heiden, welche unter den Zuhörern sind, auch nicht direkt berechnet ist, so hat sie darum doch auch für diese ihren Gewinn; und wenn sie einmal eine biblische Anspielung nicht ver- stehen, so mag ihnen gerade das zum Sporn weiteren Nachforschens werden.
Während aber der Missionar mit Bezug auf den
— in geringerem Maß — im Taufunterricht und — in höherem Grad — bei der litterariſchen Arbeit, von welcher in Kap. XII noch die Rede ſein wird. Hier kommt die Apologetik zu ihrem Recht. In der Predigt aber tritt ſie nicht in den Vordergrund. Vielmehr beſteht materiell zwiſchen der Predigt in dem Gottesdienſte der Miſſionsgemeinde und der Predigt in der Heimat kein Unterſchied. Der Zweck iſt poſitive Erbauung hier wie dort, und wenn der japaniſche Geiſtliche hier und da auf kleine Abwege gerät, ſo tragen die Miſſionare daran keine Schuld. Für Japan trifft auch die Anſchauung nicht zu, die gleichfalls in Bezug auf Miſſionspredigten gang und gäbe iſt, als müßten dieſelben ſehr einfach gehalten ſein, etwa in dem Stil, wie man zu Kindern redet, als dürfe man nichts vorausſetzen und nirgends nur andeutungsweiſe ſich ergehen, als müſſe man viel- mehr bei Heranziehung bibliſcher Beiſpiele recht aus- führlich ſein, wodurch dann die Predigt einen ſtark erzählenden Charakter erhalte. Der geiſtige Horizont iſt wie überall ſo auch hier ein verſchiedener, und bei der Predigt iſt das wohl in Betracht zu ziehen. Aber im großen und ganzen braucht ſich dieſelbe kaum unter der geiſtigen Höhe zu halten, auf der ſie ſich in Deutſch- land bewegt. Und auch die Anforderungen an das religiöſe Beſitztum der Hörer brauchen kaum geringer zu ſein. Denn die bibliſchen Kenntniſſe der heiden- chriſtlichen Gemeinde ſind bedeutende.
Wenn die Predigt auf die Heiden, welche unter den Zuhörern ſind, auch nicht direkt berechnet iſt, ſo hat ſie darum doch auch für dieſe ihren Gewinn; und wenn ſie einmal eine bibliſche Anſpielung nicht ver- ſtehen, ſo mag ihnen gerade das zum Sporn weiteren Nachforſchens werden.
Während aber der Miſſionar mit Bezug auf den
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0386"n="372"/>— in geringerem Maß — im Taufunterricht und — in<lb/>
höherem Grad — bei der litterariſchen Arbeit, von<lb/>
welcher in Kap. <hirendition="#aq">XII</hi> noch die Rede ſein wird. Hier kommt<lb/>
die Apologetik zu ihrem Recht. In der Predigt aber<lb/>
tritt ſie nicht in den Vordergrund. Vielmehr beſteht<lb/>
materiell zwiſchen der Predigt in dem Gottesdienſte der<lb/>
Miſſionsgemeinde und der Predigt in der Heimat kein<lb/>
Unterſchied. Der Zweck iſt poſitive Erbauung hier wie<lb/>
dort, und wenn der japaniſche Geiſtliche hier und da<lb/>
auf kleine Abwege gerät, ſo tragen die Miſſionare daran<lb/>
keine Schuld. Für Japan trifft auch die Anſchauung<lb/>
nicht zu, die gleichfalls in Bezug auf Miſſionspredigten<lb/>
gang und gäbe iſt, als müßten dieſelben ſehr einfach<lb/>
gehalten ſein, etwa in dem Stil, wie man zu Kindern<lb/>
redet, als dürfe man nichts vorausſetzen und nirgends<lb/>
nur andeutungsweiſe ſich ergehen, als müſſe man viel-<lb/>
mehr bei Heranziehung bibliſcher Beiſpiele recht aus-<lb/>
führlich ſein, wodurch dann die Predigt einen ſtark<lb/>
erzählenden Charakter erhalte. Der geiſtige Horizont<lb/>
iſt wie überall ſo auch hier ein verſchiedener, und bei<lb/>
der Predigt iſt das wohl in Betracht zu ziehen. Aber<lb/>
im großen und ganzen braucht ſich dieſelbe kaum unter<lb/>
der geiſtigen Höhe zu halten, auf der ſie ſich in Deutſch-<lb/>
land bewegt. Und auch die Anforderungen an das<lb/>
religiöſe Beſitztum der Hörer brauchen kaum geringer<lb/>
zu ſein. Denn die bibliſchen Kenntniſſe der heiden-<lb/>
chriſtlichen Gemeinde ſind bedeutende.</p><lb/><p>Wenn die Predigt auf die Heiden, welche unter<lb/>
den Zuhörern ſind, auch nicht direkt berechnet iſt, ſo<lb/>
hat ſie darum doch auch für dieſe ihren Gewinn; und<lb/>
wenn ſie einmal eine bibliſche Anſpielung nicht ver-<lb/>ſtehen, ſo mag ihnen gerade das zum Sporn weiteren<lb/>
Nachforſchens werden.</p><lb/><p>Während aber der Miſſionar mit Bezug auf den<lb/></p></div></body></text></TEI>
[372/0386]
— in geringerem Maß — im Taufunterricht und — in
höherem Grad — bei der litterariſchen Arbeit, von
welcher in Kap. XII noch die Rede ſein wird. Hier kommt
die Apologetik zu ihrem Recht. In der Predigt aber
tritt ſie nicht in den Vordergrund. Vielmehr beſteht
materiell zwiſchen der Predigt in dem Gottesdienſte der
Miſſionsgemeinde und der Predigt in der Heimat kein
Unterſchied. Der Zweck iſt poſitive Erbauung hier wie
dort, und wenn der japaniſche Geiſtliche hier und da
auf kleine Abwege gerät, ſo tragen die Miſſionare daran
keine Schuld. Für Japan trifft auch die Anſchauung
nicht zu, die gleichfalls in Bezug auf Miſſionspredigten
gang und gäbe iſt, als müßten dieſelben ſehr einfach
gehalten ſein, etwa in dem Stil, wie man zu Kindern
redet, als dürfe man nichts vorausſetzen und nirgends
nur andeutungsweiſe ſich ergehen, als müſſe man viel-
mehr bei Heranziehung bibliſcher Beiſpiele recht aus-
führlich ſein, wodurch dann die Predigt einen ſtark
erzählenden Charakter erhalte. Der geiſtige Horizont
iſt wie überall ſo auch hier ein verſchiedener, und bei
der Predigt iſt das wohl in Betracht zu ziehen. Aber
im großen und ganzen braucht ſich dieſelbe kaum unter
der geiſtigen Höhe zu halten, auf der ſie ſich in Deutſch-
land bewegt. Und auch die Anforderungen an das
religiöſe Beſitztum der Hörer brauchen kaum geringer
zu ſein. Denn die bibliſchen Kenntniſſe der heiden-
chriſtlichen Gemeinde ſind bedeutende.
Wenn die Predigt auf die Heiden, welche unter
den Zuhörern ſind, auch nicht direkt berechnet iſt, ſo
hat ſie darum doch auch für dieſe ihren Gewinn; und
wenn ſie einmal eine bibliſche Anſpielung nicht ver-
ſtehen, ſo mag ihnen gerade das zum Sporn weiteren
Nachforſchens werden.
Während aber der Miſſionar mit Bezug auf den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/386>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.