schon wieder den Anstoß zu drei weiteren Waisenhäusern gegeben hat.
Das ist eine wackere Arbeit, und man darf wohl sagen, daß die einheimischen Mitarbeiter von nun an den Missionaren als gleich starke Macht zur Seite stehen. Dieses so sehr, daß fast überall da, wo in den folgen- den Kapiteln von "Missionar" die Rede ist, auch der japanische Pastor in diesem Begriff miteingeschlossen ist. Ist sie auch der Kürze und Einfachheit halber nicht besonders benannt, so soll das Verdienst der japanischen Geistlichkeit darum nicht geschmälert erscheinen.
Die Art und Weise, in welcher diese Missionskräfte der Bekehrungsarbeit oblagen, war, den veränderten Zeitverhältnissen entsprechend, eine ganz andere als früher. Nicht mehr zu zweien oder dreien, nein zu dutzen- den waren sie in Bibelklassen versammelt. Die Gottes- häuser waren gefüllt, und anstatt zur Taufe zu treiben, mußte man eher zügeln. Das Christentum war eine öffentliche Macht geworden. Massenmeetings (enzetsu- kai) teils auf öffentlichen Plätzen teils in Theatern und großen Sälen, bei denen oft Tausende von Men- schen zusammenkamen, um stundenlang den Reden von Missionaren und eingeborenen Predigern zu lauschen, fanden allerorts statt und machten großen Eindruck. Die christlichen Arbeiter selbst waren von einer Thaten- lust sondergleichen beseelt. Von der Osakakonferenz (1883) war ein Geist der Erweckung ausgegangen, welcher in Gebetsversammlungen und Revivals fort- während systematisch genährt, mitunter auch in forcierter Weise gesteigert wurde; eine tiefe Erregung, die unter der Einwirkung der Missionare in den Erweckungsver- sammlungen in charakteristisch japanischer, du lkanartiger Weise zum Ausbruch kam (s. S. 120) und nur teilweise
ſchon wieder den Anſtoß zu drei weiteren Waiſenhäuſern gegeben hat.
Das iſt eine wackere Arbeit, und man darf wohl ſagen, daß die einheimiſchen Mitarbeiter von nun an den Miſſionaren als gleich ſtarke Macht zur Seite ſtehen. Dieſes ſo ſehr, daß faſt überall da, wo in den folgen- den Kapiteln von „Miſſionar“ die Rede iſt, auch der japaniſche Paſtor in dieſem Begriff miteingeſchloſſen iſt. Iſt ſie auch der Kürze und Einfachheit halber nicht beſonders benannt, ſo ſoll das Verdienſt der japaniſchen Geiſtlichkeit darum nicht geſchmälert erſcheinen.
Die Art und Weiſe, in welcher dieſe Miſſionskräfte der Bekehrungsarbeit oblagen, war, den veränderten Zeitverhältniſſen entſprechend, eine ganz andere als früher. Nicht mehr zu zweien oder dreien, nein zu dutzen- den waren ſie in Bibelklaſſen verſammelt. Die Gottes- häuſer waren gefüllt, und anſtatt zur Taufe zu treiben, mußte man eher zügeln. Das Chriſtentum war eine öffentliche Macht geworden. Maſſenmeetings (enzetsu- kai) teils auf öffentlichen Plätzen teils in Theatern und großen Sälen, bei denen oft Tauſende von Men- ſchen zuſammenkamen, um ſtundenlang den Reden von Miſſionaren und eingeborenen Predigern zu lauſchen, fanden allerorts ſtatt und machten großen Eindruck. Die chriſtlichen Arbeiter ſelbſt waren von einer Thaten- luſt ſondergleichen beſeelt. Von der Oſakakonferenz (1883) war ein Geiſt der Erweckung ausgegangen, welcher in Gebetsverſammlungen und Revivals fort- während ſyſtematiſch genährt, mitunter auch in forcierter Weiſe geſteigert wurde; eine tiefe Erregung, die unter der Einwirkung der Miſſionare in den Erweckungsver- ſammlungen in charakteriſtiſch japaniſcher, du lkanartiger Weiſe zum Ausbruch kam (ſ. S. 120) und nur teilweiſe
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0296"n="282"/>ſchon wieder den Anſtoß zu drei weiteren Waiſenhäuſern<lb/>
gegeben hat.</p><lb/><p>Das iſt eine wackere Arbeit, und man darf wohl<lb/>ſagen, daß die einheimiſchen Mitarbeiter von nun an<lb/>
den Miſſionaren als gleich ſtarke Macht zur Seite ſtehen.<lb/>
Dieſes ſo ſehr, daß faſt überall da, wo in den folgen-<lb/>
den Kapiteln von „Miſſionar“ die Rede iſt, auch der<lb/>
japaniſche Paſtor in dieſem Begriff miteingeſchloſſen iſt.<lb/>
Iſt ſie auch der Kürze und Einfachheit halber nicht<lb/>
beſonders benannt, ſo ſoll das Verdienſt der japaniſchen<lb/>
Geiſtlichkeit darum nicht geſchmälert erſcheinen.</p><lb/><p>Die Art und Weiſe, in welcher dieſe Miſſionskräfte<lb/>
der Bekehrungsarbeit oblagen, war, den veränderten<lb/>
Zeitverhältniſſen entſprechend, eine ganz andere als<lb/>
früher. Nicht mehr zu zweien oder dreien, nein zu dutzen-<lb/>
den waren ſie in Bibelklaſſen verſammelt. Die Gottes-<lb/>
häuſer waren gefüllt, und anſtatt zur Taufe zu treiben,<lb/>
mußte man eher zügeln. Das Chriſtentum war eine<lb/>
öffentliche Macht geworden. Maſſenmeetings (<hirendition="#aq">enzetsu-<lb/>
kai</hi>) teils auf öffentlichen Plätzen teils in Theatern<lb/>
und großen Sälen, bei denen oft Tauſende von Men-<lb/>ſchen zuſammenkamen, um ſtundenlang den Reden von<lb/>
Miſſionaren und eingeborenen Predigern zu lauſchen,<lb/>
fanden allerorts ſtatt und machten großen Eindruck.<lb/>
Die chriſtlichen Arbeiter ſelbſt waren von einer Thaten-<lb/>
luſt ſondergleichen beſeelt. Von der Oſakakonferenz<lb/>
(1883) war ein Geiſt der Erweckung ausgegangen,<lb/>
welcher in Gebetsverſammlungen und Revivals fort-<lb/>
während ſyſtematiſch genährt, mitunter auch in forcierter<lb/>
Weiſe geſteigert wurde; eine tiefe Erregung, die unter<lb/>
der Einwirkung der Miſſionare in den Erweckungsver-<lb/>ſammlungen in charakteriſtiſch japaniſcher, du lkanartiger<lb/>
Weiſe zum Ausbruch kam (ſ. S. 120) und nur teilweiſe<lb/></p></div></body></text></TEI>
[282/0296]
ſchon wieder den Anſtoß zu drei weiteren Waiſenhäuſern
gegeben hat.
Das iſt eine wackere Arbeit, und man darf wohl
ſagen, daß die einheimiſchen Mitarbeiter von nun an
den Miſſionaren als gleich ſtarke Macht zur Seite ſtehen.
Dieſes ſo ſehr, daß faſt überall da, wo in den folgen-
den Kapiteln von „Miſſionar“ die Rede iſt, auch der
japaniſche Paſtor in dieſem Begriff miteingeſchloſſen iſt.
Iſt ſie auch der Kürze und Einfachheit halber nicht
beſonders benannt, ſo ſoll das Verdienſt der japaniſchen
Geiſtlichkeit darum nicht geſchmälert erſcheinen.
Die Art und Weiſe, in welcher dieſe Miſſionskräfte
der Bekehrungsarbeit oblagen, war, den veränderten
Zeitverhältniſſen entſprechend, eine ganz andere als
früher. Nicht mehr zu zweien oder dreien, nein zu dutzen-
den waren ſie in Bibelklaſſen verſammelt. Die Gottes-
häuſer waren gefüllt, und anſtatt zur Taufe zu treiben,
mußte man eher zügeln. Das Chriſtentum war eine
öffentliche Macht geworden. Maſſenmeetings (enzetsu-
kai) teils auf öffentlichen Plätzen teils in Theatern
und großen Sälen, bei denen oft Tauſende von Men-
ſchen zuſammenkamen, um ſtundenlang den Reden von
Miſſionaren und eingeborenen Predigern zu lauſchen,
fanden allerorts ſtatt und machten großen Eindruck.
Die chriſtlichen Arbeiter ſelbſt waren von einer Thaten-
luſt ſondergleichen beſeelt. Von der Oſakakonferenz
(1883) war ein Geiſt der Erweckung ausgegangen,
welcher in Gebetsverſammlungen und Revivals fort-
während ſyſtematiſch genährt, mitunter auch in forcierter
Weiſe geſteigert wurde; eine tiefe Erregung, die unter
der Einwirkung der Miſſionare in den Erweckungsver-
ſammlungen in charakteriſtiſch japaniſcher, du lkanartiger
Weiſe zum Ausbruch kam (ſ. S. 120) und nur teilweiſe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/296>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.