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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Faust und roher Gewalt die Eingeborenen in Furcht
zu versetzen, um sie durch die Furcht ihrem Willen zu
beugen. Aber der amerikanische Commodore Perry,
welcher im Jahre 1853 und, als sich das Bakufu d. i. die
Shogunatsregierung ein Jahr Bedenkzeit ausbedungen
hatte, zum zweitenmal im Jahre 1854 in der Bay von
Tokyo erschien, um einen Handelsvertrag mit Japan ab-
zuschließen, hat einen andern Weg eingeschlagen. Nicht
durch Feuer und Schwert und nicht durch Erregung
der Furcht suchte er zum Ziele zu kommen und ist
zum Ziele gelangt, sondern durch die Macht seiner
wahrhaft christlichen Persönlichkeit und durch die
Weckung von Achtung und Bewunderung. Das rechnen
ihm die Japaner heute noch hoch an, und das hat der
Kultur und dem Christentum eine offene Thür ge-
schaffen, daß Perry bei all seiner Entschiedenheit und
Bestimmtheit "nicht mit barschem Kommandoruf, son-
dern mit Doxologien die Gestade von Japan bombar-
dierte". Und wenn wir seiner eigenen Erzählung
lauschen, so hat er seine schwierige und delikate Auf-
gabe ausgeführt als ein rechter Missionar unter be-
ständigem Aufblick zu dem Lenker der Völker. Gewiß,
auch mit roher Gewalt hätte sich die Eröffnung des

binnen kurzem erscheinen; -- ein glänzendes Ehrenzeugnis für den
Bienenfleiß und Forschersinn eines deutschen "liberalen" Theologen,
dessen Werk nun die Grundlage geworden ist, auf welcher Missionare
aller Schattierungen in gemeinsamer geistiger Zusammenarbeit ihre
geistliche Zusammengehörigkeit bekunden. Auch die Ausführungen
dieses IX. Kapitels haben bis 1890 Ritters Werk zur wesentlichen
Unterlage. Die Aufgabe, die ich mir neu gestellt habe, ist lediglich die
Ergänzung Ritters nach der inneren und geistigen Seite des japanischen
Missionsgetriebes, womit aber nicht gesagt sein soll, daß der früh
verblichene geistvolle Vorkämpfer des Allg. evang.-prot. Missions-
vereins diese Seite unberücksichtigt gelassen habe.

Fauſt und roher Gewalt die Eingeborenen in Furcht
zu verſetzen, um ſie durch die Furcht ihrem Willen zu
beugen. Aber der amerikaniſche Commodore Perry,
welcher im Jahre 1853 und, als ſich das Bakufu d. i. die
Shogunatsregierung ein Jahr Bedenkzeit ausbedungen
hatte, zum zweitenmal im Jahre 1854 in der Bay von
Tokyo erſchien, um einen Handelsvertrag mit Japan ab-
zuſchließen, hat einen andern Weg eingeſchlagen. Nicht
durch Feuer und Schwert und nicht durch Erregung
der Furcht ſuchte er zum Ziele zu kommen und iſt
zum Ziele gelangt, ſondern durch die Macht ſeiner
wahrhaft chriſtlichen Perſönlichkeit und durch die
Weckung von Achtung und Bewunderung. Das rechnen
ihm die Japaner heute noch hoch an, und das hat der
Kultur und dem Chriſtentum eine offene Thür ge-
ſchaffen, daß Perry bei all ſeiner Entſchiedenheit und
Beſtimmtheit „nicht mit barſchem Kommandoruf, ſon-
dern mit Doxologien die Geſtade von Japan bombar-
dierte“. Und wenn wir ſeiner eigenen Erzählung
lauſchen, ſo hat er ſeine ſchwierige und delikate Auf-
gabe ausgeführt als ein rechter Miſſionar unter be-
ſtändigem Aufblick zu dem Lenker der Völker. Gewiß,
auch mit roher Gewalt hätte ſich die Eröffnung des

binnen kurzem erſcheinen; — ein glänzendes Ehrenzeugnis für den
Bienenfleiß und Forſcherſinn eines deutſchen „liberalen“ Theologen,
deſſen Werk nun die Grundlage geworden iſt, auf welcher Miſſionare
aller Schattierungen in gemeinſamer geiſtiger Zuſammenarbeit ihre
geiſtliche Zuſammengehörigkeit bekunden. Auch die Ausführungen
dieſes IX. Kapitels haben bis 1890 Ritters Werk zur weſentlichen
Unterlage. Die Aufgabe, die ich mir neu geſtellt habe, iſt lediglich die
Ergänzung Ritters nach der inneren und geiſtigen Seite des japaniſchen
Miſſionsgetriebes, womit aber nicht geſagt ſein ſoll, daß der früh
verblichene geiſtvolle Vorkämpfer des Allg. evang.-prot. Miſſions-
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[261/0275] Fauſt und roher Gewalt die Eingeborenen in Furcht zu verſetzen, um ſie durch die Furcht ihrem Willen zu beugen. Aber der amerikaniſche Commodore Perry, welcher im Jahre 1853 und, als ſich das Bakufu d. i. die Shogunatsregierung ein Jahr Bedenkzeit ausbedungen hatte, zum zweitenmal im Jahre 1854 in der Bay von Tokyo erſchien, um einen Handelsvertrag mit Japan ab- zuſchließen, hat einen andern Weg eingeſchlagen. Nicht durch Feuer und Schwert und nicht durch Erregung der Furcht ſuchte er zum Ziele zu kommen und iſt zum Ziele gelangt, ſondern durch die Macht ſeiner wahrhaft chriſtlichen Perſönlichkeit und durch die Weckung von Achtung und Bewunderung. Das rechnen ihm die Japaner heute noch hoch an, und das hat der Kultur und dem Chriſtentum eine offene Thür ge- ſchaffen, daß Perry bei all ſeiner Entſchiedenheit und Beſtimmtheit „nicht mit barſchem Kommandoruf, ſon- dern mit Doxologien die Geſtade von Japan bombar- dierte“. Und wenn wir ſeiner eigenen Erzählung lauſchen, ſo hat er ſeine ſchwierige und delikate Auf- gabe ausgeführt als ein rechter Miſſionar unter be- ſtändigem Aufblick zu dem Lenker der Völker. Gewiß, auch mit roher Gewalt hätte ſich die Eröffnung des 1) 1) binnen kurzem erſcheinen; — ein glänzendes Ehrenzeugnis für den Bienenfleiß und Forſcherſinn eines deutſchen „liberalen“ Theologen, deſſen Werk nun die Grundlage geworden iſt, auf welcher Miſſionare aller Schattierungen in gemeinſamer geiſtiger Zuſammenarbeit ihre geiſtliche Zuſammengehörigkeit bekunden. Auch die Ausführungen dieſes IX. Kapitels haben bis 1890 Ritters Werk zur weſentlichen Unterlage. Die Aufgabe, die ich mir neu geſtellt habe, iſt lediglich die Ergänzung Ritters nach der inneren und geiſtigen Seite des japaniſchen Miſſionsgetriebes, womit aber nicht geſagt ſein ſoll, daß der früh verblichene geiſtvolle Vorkämpfer des Allg. evang.-prot. Miſſions- vereins dieſe Seite unberückſichtigt gelaſſen habe.

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/275>, abgerufen am 24.11.2024.