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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Forscher zu sehr übereinstimmen und durch den Blick
auf die Karte zu wahrscheinlich gemacht werden, als
daß sie reine Gebilde der Phantasie sein könnten. Auch
die allmähliche Eroberung des Landes vom Südwesten
ist geschichtlich.

Wenn man aber in jedem Punkte der mythologischen
Erzählung geschichtliche Wahrheiten suchen will, so ge-
rät man auf Abwege. Vielmehr tragen dieselben zu
einem Teil unverkennbar einen rein religiösen Charakter.
Wie deutlich erkennbar ist in dem Zwiespalt Amaterasus
und Susanos die kindlich poetische Darstellung des
Gewitters! Aus den Wogen des Meeres tauchen die
Nebel und steigen hinauf nach dem leuchtenden Himmel.
Dort ballen sie sich zu schwarzen Wolken drohend zu-
sammen, und die Sonne verliert ihren Schein und ver-
schwindet, und es wird dunkel auf der Erde. Wütend
tobt am Himmel das Gewitter, und in bangen Sorgen
schauen die Menschen der entschwundenen Sonne nach.
Aber siehe da, auf einmal scheint ein Strahl durch den
Wolkenschleier und spiegelt sich wieder in der reinen
glatten Fläche des Meeres. Und nun zerreißen die
Wolken weiter und weiter und strahlender denn zuvor
kommt die "Himmelerleuchtende" aus dunkler Verborgen-
heit hervor. Der Regen aber fällt zur Erde zurück, und
er, der sich zuvor wild und ungestüm gebahrte, wird
auf der Erde ein freundlicher Wohlthäter. So stimmt
Punkt für Punkt, und der Tanz und Reigen der niederen
Götter vor der Höhle der entflohenen Sonne mit der
Absicht, sie wieder hervorzulocken, -- eine Erzählung,
welche bestimmt auf eine alte religiöse Sitte dieser Art
zurückzuführen ist, -- deckt sich so auffallend mit den
religiösen Übungen gewisser Völkerschaften bei Sonnen-
finsternis, Gewitter etc., daß man versucht ist, diese Dinge

Forſcher zu ſehr übereinſtimmen und durch den Blick
auf die Karte zu wahrſcheinlich gemacht werden, als
daß ſie reine Gebilde der Phantaſie ſein könnten. Auch
die allmähliche Eroberung des Landes vom Südweſten
iſt geſchichtlich.

Wenn man aber in jedem Punkte der mythologiſchen
Erzählung geſchichtliche Wahrheiten ſuchen will, ſo ge-
rät man auf Abwege. Vielmehr tragen dieſelben zu
einem Teil unverkennbar einen rein religiöſen Charakter.
Wie deutlich erkennbar iſt in dem Zwieſpalt Amateraſus
und Suſanos die kindlich poetiſche Darſtellung des
Gewitters! Aus den Wogen des Meeres tauchen die
Nebel und ſteigen hinauf nach dem leuchtenden Himmel.
Dort ballen ſie ſich zu ſchwarzen Wolken drohend zu-
ſammen, und die Sonne verliert ihren Schein und ver-
ſchwindet, und es wird dunkel auf der Erde. Wütend
tobt am Himmel das Gewitter, und in bangen Sorgen
ſchauen die Menſchen der entſchwundenen Sonne nach.
Aber ſiehe da, auf einmal ſcheint ein Strahl durch den
Wolkenſchleier und ſpiegelt ſich wieder in der reinen
glatten Fläche des Meeres. Und nun zerreißen die
Wolken weiter und weiter und ſtrahlender denn zuvor
kommt die „Himmelerleuchtende“ aus dunkler Verborgen-
heit hervor. Der Regen aber fällt zur Erde zurück, und
er, der ſich zuvor wild und ungeſtüm gebahrte, wird
auf der Erde ein freundlicher Wohlthäter. So ſtimmt
Punkt für Punkt, und der Tanz und Reigen der niederen
Götter vor der Höhle der entflohenen Sonne mit der
Abſicht, ſie wieder hervorzulocken, — eine Erzählung,
welche beſtimmt auf eine alte religiöſe Sitte dieſer Art
zurückzuführen iſt, — deckt ſich ſo auffallend mit den
religiöſen Übungen gewiſſer Völkerſchaften bei Sonnen-
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[197/0211] Forſcher zu ſehr übereinſtimmen und durch den Blick auf die Karte zu wahrſcheinlich gemacht werden, als daß ſie reine Gebilde der Phantaſie ſein könnten. Auch die allmähliche Eroberung des Landes vom Südweſten iſt geſchichtlich. Wenn man aber in jedem Punkte der mythologiſchen Erzählung geſchichtliche Wahrheiten ſuchen will, ſo ge- rät man auf Abwege. Vielmehr tragen dieſelben zu einem Teil unverkennbar einen rein religiöſen Charakter. Wie deutlich erkennbar iſt in dem Zwieſpalt Amateraſus und Suſanos die kindlich poetiſche Darſtellung des Gewitters! Aus den Wogen des Meeres tauchen die Nebel und ſteigen hinauf nach dem leuchtenden Himmel. Dort ballen ſie ſich zu ſchwarzen Wolken drohend zu- ſammen, und die Sonne verliert ihren Schein und ver- ſchwindet, und es wird dunkel auf der Erde. Wütend tobt am Himmel das Gewitter, und in bangen Sorgen ſchauen die Menſchen der entſchwundenen Sonne nach. Aber ſiehe da, auf einmal ſcheint ein Strahl durch den Wolkenſchleier und ſpiegelt ſich wieder in der reinen glatten Fläche des Meeres. Und nun zerreißen die Wolken weiter und weiter und ſtrahlender denn zuvor kommt die „Himmelerleuchtende“ aus dunkler Verborgen- heit hervor. Der Regen aber fällt zur Erde zurück, und er, der ſich zuvor wild und ungeſtüm gebahrte, wird auf der Erde ein freundlicher Wohlthäter. So ſtimmt Punkt für Punkt, und der Tanz und Reigen der niederen Götter vor der Höhle der entflohenen Sonne mit der Abſicht, ſie wieder hervorzulocken, — eine Erzählung, welche beſtimmt auf eine alte religiöſe Sitte dieſer Art zurückzuführen iſt, — deckt ſich ſo auffallend mit den religiöſen Übungen gewiſſer Völkerſchaften bei Sonnen- finſternis, Gewitter ꝛc., daß man verſucht iſt, dieſe Dinge

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/211>, abgerufen am 22.11.2024.