Beweise, daß jeder der seine Vernunft gewissenhaft brau- chen will, und nur nicht beschlossen hat, der Wahrheit zu widerstehen, nothwendig die Wahrheit finden muß.
Zweene Wege sind überhaupt zur Gewißheit von der christlichen Religion vorhanden. Der erste und sicher- ste ist eine fortdaurende Ausübung der Vorschriften Jesu. Hier wird der Mensch bey dem Gebrauch der Mittel von ihrer Würksamkeit durch seine eigne Erfahrung überzeugt. So erfährt es der Fieberkranke, wenn er die Rinde in der gehörigen Ordnung braucht, daß sie ein vortreffliches Mittel gegen seine Krankheit ist. Demonstriren kann ihm der Arzt es nicht, daß sie diese Würkung haben werde und müsse; anderer Erfahrungen kann er ihm vorlegen: aber die eigne des Kranken giebt diesem erst die völlige Gewißheit. Eben so kann ich Jhnen keine Demonstra- tion davon vorlegen, daß der Gebrauch der Mittel, die Jhnen Jesus anpreist, oder die treue Befolgung seiner Vorschriften, Jhr Gewissen beruhigen und Sie von Jh- rer Begnadigung bey Gott gewiß machen werde. Jch kann mich nur auf meine und anderer Christen Erfahrung davon berufen. Die völlige Gewißheit muß Jhnen Jhre eigne Erfahrung geben, und die setzt dann die richtige Anwendung der Mittel voraus, die Jhnen das Christen- thum darbietet. Wenn Sie dann nun selbst empfünden, daß Jhr Glaube und Jhr Gehorsam Sie beruhigte, Sie mit Vertrauen auf Gott, mit Hoffnung einer glück- lichen Ewigkeit, mit Stärke zum Guten erfüllte, so würden Sie durch Jhre eigne Erfahrung von der Wahr- heit des Christenthums so gewiß werden, daß Sie sich durch keinen Zweifel, auch wenn Sie ihn nicht heben könnten, würden irre machen lassen. Wie weit Sie nun auf diesem Wege werden fortgehen können, das wird von der Zeit, die Jhnen Gott noch gönnen wird, und von Jhrem Fleiß und Jhrer Aufrichtigkeit abhängen.
Heil-
Beweiſe, daß jeder der ſeine Vernunft gewiſſenhaft brau- chen will, und nur nicht beſchloſſen hat, der Wahrheit zu widerſtehen, nothwendig die Wahrheit finden muß.
Zweene Wege ſind uͤberhaupt zur Gewißheit von der chriſtlichen Religion vorhanden. Der erſte und ſicher- ſte iſt eine fortdaurende Ausuͤbung der Vorſchriften Jeſu. Hier wird der Menſch bey dem Gebrauch der Mittel von ihrer Wuͤrkſamkeit durch ſeine eigne Erfahrung uͤberzeugt. So erfaͤhrt es der Fieberkranke, wenn er die Rinde in der gehoͤrigen Ordnung braucht, daß ſie ein vortreffliches Mittel gegen ſeine Krankheit iſt. Demonſtriren kann ihm der Arzt es nicht, daß ſie dieſe Wuͤrkung haben werde und muͤſſe; anderer Erfahrungen kann er ihm vorlegen: aber die eigne des Kranken giebt dieſem erſt die voͤllige Gewißheit. Eben ſo kann ich Jhnen keine Demonſtra- tion davon vorlegen, daß der Gebrauch der Mittel, die Jhnen Jeſus anpreiſt, oder die treue Befolgung ſeiner Vorſchriften, Jhr Gewiſſen beruhigen und Sie von Jh- rer Begnadigung bey Gott gewiß machen werde. Jch kann mich nur auf meine und anderer Chriſten Erfahrung davon berufen. Die voͤllige Gewißheit muß Jhnen Jhre eigne Erfahrung geben, und die ſetzt dann die richtige Anwendung der Mittel voraus, die Jhnen das Chriſten- thum darbietet. Wenn Sie dann nun ſelbſt empfuͤnden, daß Jhr Glaube und Jhr Gehorſam Sie beruhigte, Sie mit Vertrauen auf Gott, mit Hoffnung einer gluͤck- lichen Ewigkeit, mit Staͤrke zum Guten erfuͤllte, ſo wuͤrden Sie durch Jhre eigne Erfahrung von der Wahr- heit des Chriſtenthums ſo gewiß werden, daß Sie ſich durch keinen Zweifel, auch wenn Sie ihn nicht heben koͤnnten, wuͤrden irre machen laſſen. Wie weit Sie nun auf dieſem Wege werden fortgehen koͤnnen, das wird von der Zeit, die Jhnen Gott noch goͤnnen wird, und von Jhrem Fleiß und Jhrer Aufrichtigkeit abhaͤngen.
Heil-
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Beweiſe, daß jeder der ſeine Vernunft gewiſſenhaft brau-
chen will, und nur nicht beſchloſſen hat, der Wahrheit
zu widerſtehen, nothwendig die Wahrheit finden muß.
Zweene Wege ſind uͤberhaupt zur Gewißheit von
der chriſtlichen Religion vorhanden. Der erſte und ſicher-
ſte iſt eine fortdaurende Ausuͤbung der Vorſchriften Jeſu.
Hier wird der Menſch bey dem Gebrauch der Mittel von
ihrer Wuͤrkſamkeit durch ſeine eigne Erfahrung uͤberzeugt.
So erfaͤhrt es der Fieberkranke, wenn er die Rinde in
der gehoͤrigen Ordnung braucht, daß ſie ein vortreffliches
Mittel gegen ſeine Krankheit iſt. Demonſtriren kann
ihm der Arzt es nicht, daß ſie dieſe Wuͤrkung haben werde
und muͤſſe; anderer Erfahrungen kann er ihm vorlegen:
aber die eigne des Kranken giebt dieſem erſt die voͤllige
Gewißheit. Eben ſo kann ich Jhnen keine Demonſtra-
tion davon vorlegen, daß der Gebrauch der Mittel, die
Jhnen Jeſus anpreiſt, oder die treue Befolgung ſeiner
Vorſchriften, Jhr Gewiſſen beruhigen und Sie von Jh-
rer Begnadigung bey Gott gewiß machen werde. Jch
kann mich nur auf meine und anderer Chriſten Erfahrung
davon berufen. Die voͤllige Gewißheit muß Jhnen Jhre
eigne Erfahrung geben, und die ſetzt dann die richtige
Anwendung der Mittel voraus, die Jhnen das Chriſten-
thum darbietet. Wenn Sie dann nun ſelbſt empfuͤnden,
daß Jhr Glaube und Jhr Gehorſam Sie beruhigte,
Sie mit Vertrauen auf Gott, mit Hoffnung einer gluͤck-
lichen Ewigkeit, mit Staͤrke zum Guten erfuͤllte, ſo
wuͤrden Sie durch Jhre eigne Erfahrung von der Wahr-
heit des Chriſtenthums ſo gewiß werden, daß Sie ſich
durch keinen Zweifel, auch wenn Sie ihn nicht heben
koͤnnten, wuͤrden irre machen laſſen. Wie weit Sie
nun auf dieſem Wege werden fortgehen koͤnnen, das wird
von der Zeit, die Jhnen Gott noch goͤnnen wird, und
von Jhrem Fleiß und Jhrer Aufrichtigkeit abhaͤngen.
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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/89>, abgerufen am 28.07.2024.
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