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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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den Gott, dem Vater der Lebendigen, so wichtigen
Pflichten der Ehe, in Ansehung der Fortpflanzung des
menschlichen Geschlechts, untüchtig geworden. -- Oder
wenn diese auch nur so weit durch die Wollust geschwächt
worden wären, daß sie nur eine schwache und kümmerli-
che Nachkommenschaft erzeugen könnten, was für große
und fortdaurende Verwüstungen in dem Reiche Gottes
hätten Sie, Herr Graf, dann nicht veranlaßt! "Mit
einer sehr lebhaften Reue erkannte er sich in allen diesen
Stücken schuldig. Seine Ausdrücke, seine Mienen,
seine Stellung schienen mich zu bitten, daß ich nicht weiter
fortfahren möchte."

Wie manches junge, unerfahrne Frauenzimmer,
fuhr ich fort, werden Sie nicht auch verführt haben? --
Wie vorsetzlich und mit was für niedrigen Künsten haben
Sie wohl nicht Religion, Ehre und Tugend bey diesen
Opfern Jhrer Wollust unterdrückt? -- Auch manche
gewiß zeitlich unglücklich gemacht, sie an vortheilhaften
Ehen gehindert, sie in Verachtung und Armuth gestürzt?
"Jch kann es nicht läugnen, ich bin ein gefährlicher
Verführer gewesen. Jch habe durch meine Grundsätze
die Unschuld oft betrogen. Auch gutdenkende Frauen-
zimmer habe ich überwunden, und sie noch dazu über
ihre Vergehungen wieder beruhigt. Es war fast keine,
an die ich mich wagte, im Stande mir in die Länge zu
widerstehen, wenn sie sich nicht gleich auf die Flucht be-
gab. Es fehlte mir nie an List sie zu überwältigen, doch
muß ich auch dieß sagen, daß ich keiner etwas verspro-
chen habe, das ich ihr nicht habe halten wollen. Ob ich
gleich that, was ich vermochte, um diejenigen, die durch
meine Verführung äußerlich unglücklich worden waren,
vor dem Elende der Armuth in Sicherheit zu setzen, so
ist doch das nichts, um mich entschuldigen zu können."

Viel-




den Gott, dem Vater der Lebendigen, ſo wichtigen
Pflichten der Ehe, in Anſehung der Fortpflanzung des
menſchlichen Geſchlechts, untuͤchtig geworden. — Oder
wenn dieſe auch nur ſo weit durch die Wolluſt geſchwaͤcht
worden waͤren, daß ſie nur eine ſchwache und kuͤmmerli-
che Nachkommenſchaft erzeugen koͤnnten, was fuͤr große
und fortdaurende Verwuͤſtungen in dem Reiche Gottes
haͤtten Sie, Herr Graf, dann nicht veranlaßt! “Mit
einer ſehr lebhaften Reue erkannte er ſich in allen dieſen
Stuͤcken ſchuldig. Seine Ausdruͤcke, ſeine Mienen,
ſeine Stellung ſchienen mich zu bitten, daß ich nicht weiter
fortfahren moͤchte.„

Wie manches junge, unerfahrne Frauenzimmer,
fuhr ich fort, werden Sie nicht auch verfuͤhrt haben? —
Wie vorſetzlich und mit was fuͤr niedrigen Kuͤnſten haben
Sie wohl nicht Religion, Ehre und Tugend bey dieſen
Opfern Jhrer Wolluſt unterdruͤckt? — Auch manche
gewiß zeitlich ungluͤcklich gemacht, ſie an vortheilhaften
Ehen gehindert, ſie in Verachtung und Armuth geſtuͤrzt?
“Jch kann es nicht laͤugnen, ich bin ein gefaͤhrlicher
Verfuͤhrer geweſen. Jch habe durch meine Grundſaͤtze
die Unſchuld oft betrogen. Auch gutdenkende Frauen-
zimmer habe ich uͤberwunden, und ſie noch dazu uͤber
ihre Vergehungen wieder beruhigt. Es war faſt keine,
an die ich mich wagte, im Stande mir in die Laͤnge zu
widerſtehen, wenn ſie ſich nicht gleich auf die Flucht be-
gab. Es fehlte mir nie an Liſt ſie zu uͤberwaͤltigen, doch
muß ich auch dieß ſagen, daß ich keiner etwas verſpro-
chen habe, das ich ihr nicht habe halten wollen. Ob ich
gleich that, was ich vermochte, um diejenigen, die durch
meine Verfuͤhrung aͤußerlich ungluͤcklich worden waren,
vor dem Elende der Armuth in Sicherheit zu ſetzen, ſo
iſt doch das nichts, um mich entſchuldigen zu koͤnnen.„

Viel-
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[59/0071] den Gott, dem Vater der Lebendigen, ſo wichtigen Pflichten der Ehe, in Anſehung der Fortpflanzung des menſchlichen Geſchlechts, untuͤchtig geworden. — Oder wenn dieſe auch nur ſo weit durch die Wolluſt geſchwaͤcht worden waͤren, daß ſie nur eine ſchwache und kuͤmmerli- che Nachkommenſchaft erzeugen koͤnnten, was fuͤr große und fortdaurende Verwuͤſtungen in dem Reiche Gottes haͤtten Sie, Herr Graf, dann nicht veranlaßt! “Mit einer ſehr lebhaften Reue erkannte er ſich in allen dieſen Stuͤcken ſchuldig. Seine Ausdruͤcke, ſeine Mienen, ſeine Stellung ſchienen mich zu bitten, daß ich nicht weiter fortfahren moͤchte.„ Wie manches junge, unerfahrne Frauenzimmer, fuhr ich fort, werden Sie nicht auch verfuͤhrt haben? — Wie vorſetzlich und mit was fuͤr niedrigen Kuͤnſten haben Sie wohl nicht Religion, Ehre und Tugend bey dieſen Opfern Jhrer Wolluſt unterdruͤckt? — Auch manche gewiß zeitlich ungluͤcklich gemacht, ſie an vortheilhaften Ehen gehindert, ſie in Verachtung und Armuth geſtuͤrzt? “Jch kann es nicht laͤugnen, ich bin ein gefaͤhrlicher Verfuͤhrer geweſen. Jch habe durch meine Grundſaͤtze die Unſchuld oft betrogen. Auch gutdenkende Frauen- zimmer habe ich uͤberwunden, und ſie noch dazu uͤber ihre Vergehungen wieder beruhigt. Es war faſt keine, an die ich mich wagte, im Stande mir in die Laͤnge zu widerſtehen, wenn ſie ſich nicht gleich auf die Flucht be- gab. Es fehlte mir nie an Liſt ſie zu uͤberwaͤltigen, doch muß ich auch dieß ſagen, daß ich keiner etwas verſpro- chen habe, das ich ihr nicht habe halten wollen. Ob ich gleich that, was ich vermochte, um diejenigen, die durch meine Verfuͤhrung aͤußerlich ungluͤcklich worden waren, vor dem Elende der Armuth in Sicherheit zu ſetzen, ſo iſt doch das nichts, um mich entſchuldigen zu koͤnnen.„ Viel-

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/71>, abgerufen am 27.11.2024.