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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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nothwendig geworden wäre. -- Gott wird endlich, setzte
ich noch hinzu, ihren künftigen Leib so bilden, wie er Jh-
nen dort brauchbar seyn wird: er wird das Unvollkommene,
das hier nöthig war, von ihm absondern. So ist z. Ex.
der grobe Stoff, aus welchem hier unser Körper besteht,
eine nothwendige Unvollkommenheit, da wir hier mit
lauter groben körperlichen Dingen umgeben sind, die wir
mit Gliedern von feiner Materie gar nicht würden hand-
haben können. Uebergeben Sie also Jhren Leib mit Ruhe
und Hoffnung der Bewahrung und Zubereitung des We-
sens aller Wesen, das jedes Stäubchen, worin er zer-
fallen mag, ganz gewiß kennt und zu seinen Absichten
brauchen wird. --

Der Graf versicherte mich hier, daß ihm der Tod
zwar nicht gleichgültig, aber doch auch nicht schrecklich
sey. Er könne und wolle es sich freylich nicht verhehlen,
daß er große Ursache habe alles dasjenige zu bereuen,
wodurch er ihn beschleunigt habe. Da aber nun das nicht
zu ändern, und er der Vergebung seiner Sünden gewiß
sey, so binde ihn, außer dem natürlichen Triebe der Con-
servation, gar nichts an das Leben, und er sey bereit, so
bald ihn Gott abriefe, die Welt zu verlassen. Er beküm-
mere sich auch gar nicht darum, was etwa nach seinem
Tode mit seinem Körper vorgehen möchte. Er sey unter
der Aufsicht Gottes überall sicher aufgehoben.

Jnzwischen, sagte er, will ich meine Zeit gewissen-
haft anwenden und mich bemühen täglich besser und Gott
wohlgefälliger zu werden. Jch lese in dieser Absicht, ich
bete, ich denke über meinen vorigen und itzigen Zustand
nach und vergleiche sie mit einander, ich rede mit den
Officiers, aber ohne Zudringlichkeit und Affectation über
Religion und Tugend. Jch sagte in diesen Tagen einem
unter ihnen, daß man mit der Bibel immer mehr bekannt
würde, daß man sie täglich verständlicher und ihren Jn-
halt lehrreicher fände, wenn man sie nur fleißig studirte.

Dieser
O 5



nothwendig geworden waͤre. — Gott wird endlich, ſetzte
ich noch hinzu, ihren kuͤnftigen Leib ſo bilden, wie er Jh-
nen dort brauchbar ſeyn wird: er wird das Unvollkommene,
das hier noͤthig war, von ihm abſondern. So iſt z. Ex.
der grobe Stoff, aus welchem hier unſer Koͤrper beſteht,
eine nothwendige Unvollkommenheit, da wir hier mit
lauter groben koͤrperlichen Dingen umgeben ſind, die wir
mit Gliedern von feiner Materie gar nicht wuͤrden hand-
haben koͤnnen. Uebergeben Sie alſo Jhren Leib mit Ruhe
und Hoffnung der Bewahrung und Zubereitung des We-
ſens aller Weſen, das jedes Staͤubchen, worin er zer-
fallen mag, ganz gewiß kennt und zu ſeinen Abſichten
brauchen wird. —

Der Graf verſicherte mich hier, daß ihm der Tod
zwar nicht gleichguͤltig, aber doch auch nicht ſchrecklich
ſey. Er koͤnne und wolle es ſich freylich nicht verhehlen,
daß er große Urſache habe alles dasjenige zu bereuen,
wodurch er ihn beſchleunigt habe. Da aber nun das nicht
zu aͤndern, und er der Vergebung ſeiner Suͤnden gewiß
ſey, ſo binde ihn, außer dem natuͤrlichen Triebe der Con-
ſervation, gar nichts an das Leben, und er ſey bereit, ſo
bald ihn Gott abriefe, die Welt zu verlaſſen. Er bekuͤm-
mere ſich auch gar nicht darum, was etwa nach ſeinem
Tode mit ſeinem Koͤrper vorgehen moͤchte. Er ſey unter
der Aufſicht Gottes uͤberall ſicher aufgehoben.

Jnzwiſchen, ſagte er, will ich meine Zeit gewiſſen-
haft anwenden und mich bemuͤhen taͤglich beſſer und Gott
wohlgefaͤlliger zu werden. Jch leſe in dieſer Abſicht, ich
bete, ich denke uͤber meinen vorigen und itzigen Zuſtand
nach und vergleiche ſie mit einander, ich rede mit den
Officiers, aber ohne Zudringlichkeit und Affectation uͤber
Religion und Tugend. Jch ſagte in dieſen Tagen einem
unter ihnen, daß man mit der Bibel immer mehr bekannt
wuͤrde, daß man ſie taͤglich verſtaͤndlicher und ihren Jn-
halt lehrreicher faͤnde, wenn man ſie nur fleißig ſtudirte.

Dieſer
O 5
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[217/0229] nothwendig geworden waͤre. — Gott wird endlich, ſetzte ich noch hinzu, ihren kuͤnftigen Leib ſo bilden, wie er Jh- nen dort brauchbar ſeyn wird: er wird das Unvollkommene, das hier noͤthig war, von ihm abſondern. So iſt z. Ex. der grobe Stoff, aus welchem hier unſer Koͤrper beſteht, eine nothwendige Unvollkommenheit, da wir hier mit lauter groben koͤrperlichen Dingen umgeben ſind, die wir mit Gliedern von feiner Materie gar nicht wuͤrden hand- haben koͤnnen. Uebergeben Sie alſo Jhren Leib mit Ruhe und Hoffnung der Bewahrung und Zubereitung des We- ſens aller Weſen, das jedes Staͤubchen, worin er zer- fallen mag, ganz gewiß kennt und zu ſeinen Abſichten brauchen wird. — Der Graf verſicherte mich hier, daß ihm der Tod zwar nicht gleichguͤltig, aber doch auch nicht ſchrecklich ſey. Er koͤnne und wolle es ſich freylich nicht verhehlen, daß er große Urſache habe alles dasjenige zu bereuen, wodurch er ihn beſchleunigt habe. Da aber nun das nicht zu aͤndern, und er der Vergebung ſeiner Suͤnden gewiß ſey, ſo binde ihn, außer dem natuͤrlichen Triebe der Con- ſervation, gar nichts an das Leben, und er ſey bereit, ſo bald ihn Gott abriefe, die Welt zu verlaſſen. Er bekuͤm- mere ſich auch gar nicht darum, was etwa nach ſeinem Tode mit ſeinem Koͤrper vorgehen moͤchte. Er ſey unter der Aufſicht Gottes uͤberall ſicher aufgehoben. Jnzwiſchen, ſagte er, will ich meine Zeit gewiſſen- haft anwenden und mich bemuͤhen taͤglich beſſer und Gott wohlgefaͤlliger zu werden. Jch leſe in dieſer Abſicht, ich bete, ich denke uͤber meinen vorigen und itzigen Zuſtand nach und vergleiche ſie mit einander, ich rede mit den Officiers, aber ohne Zudringlichkeit und Affectation uͤber Religion und Tugend. Jch ſagte in dieſen Tagen einem unter ihnen, daß man mit der Bibel immer mehr bekannt wuͤrde, daß man ſie taͤglich verſtaͤndlicher und ihren Jn- halt lehrreicher faͤnde, wenn man ſie nur fleißig ſtudirte. Dieſer O 5

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/229>, abgerufen am 24.11.2024.