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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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wie es die Religion verheißt, in der Ewigkeit wieder
leben, so muhtmaßt die Vernunft schon eine Wiederher-
stellung des Leibes, denn nicht die Seele allein, sondern
die Verbindung der Seele mit dem Leibe, macht den
ganzen Menschen aus. Ja, sie hat es gemuhtmaßt, ehe
sie den Unterricht der Religion davon gehabt hat. Das
beweisen die Begräbnißgebräuche der alten heidnischen
Völker, und ihre fabelhaften Erzählungen von dem kör-
perlichen Aufenthalt ihrer Verstorbenen in angenehmen
oder unangenehmen Gegenden. Als Darius gegen die
Scythen zu Felde zog, und sie der Feigherzigkeit beschul-
digte, weil sie ihm immer auswichen, ließen sie ihm sagen,
er möchte sich nur an den Gräbern ihrer Väter vergreifen,
so sollte er erfahren, ob sie eine feige Nation wären.
Warum sahen sie die Verletzung dieser Grabstätten für
eine solche Beleidigung an, die sie nothwendig rächen
müßten, wenn sie den Staub ihrer Vorfahren für nichts
anders als gemeinen Staub, wenn sie ihn nicht für ein
kostbares Depot hielten, das einmahl wieder abgefordert
werden sollte? -- Man hat nun zwar gegen die Mög-
lichkeit der Auferstehung mancherley Einwendungen ge-
macht, ja so gar berechnen wollen, daß die ganze Ober-
fläche des Erdbodens zu klein seyn würde, allen Aufer-
standenen Platz zu geben, worauf sie stehen könnten. Es
ist aber auch gewiesen worden, daß man sich sehr ver-
rechnet hat, und überhaupt zeigen alle diese Einwürfe,
wie eingeschränkte und sinnliche Vorstellungen diejenigen
von der Auferstehung haben, die sie machen. Sie treffen
folgende Wahrheiten gar nicht, auf denen die Möglich-
keit der Auferstehung beruht. Die Theile des alten Lei-
bes, aus denen der neue zusammengesetzt werden soll,
können sich nicht aus der Natur der Dinge verlieren,
wie oft sie auch in der allgemeinen Circulation der Mate-
rie mit andern fremden Theilen vermischt werden mögen.
Der Allwissende, der sie zum fernern Gebrauch bestimmt

hat,



wie es die Religion verheißt, in der Ewigkeit wieder
leben, ſo muhtmaßt die Vernunft ſchon eine Wiederher-
ſtellung des Leibes, denn nicht die Seele allein, ſondern
die Verbindung der Seele mit dem Leibe, macht den
ganzen Menſchen aus. Ja, ſie hat es gemuhtmaßt, ehe
ſie den Unterricht der Religion davon gehabt hat. Das
beweiſen die Begraͤbnißgebraͤuche der alten heidniſchen
Voͤlker, und ihre fabelhaften Erzaͤhlungen von dem koͤr-
perlichen Aufenthalt ihrer Verſtorbenen in angenehmen
oder unangenehmen Gegenden. Als Darius gegen die
Scythen zu Felde zog, und ſie der Feigherzigkeit beſchul-
digte, weil ſie ihm immer auswichen, ließen ſie ihm ſagen,
er moͤchte ſich nur an den Graͤbern ihrer Vaͤter vergreifen,
ſo ſollte er erfahren, ob ſie eine feige Nation waͤren.
Warum ſahen ſie die Verletzung dieſer Grabſtaͤtten fuͤr
eine ſolche Beleidigung an, die ſie nothwendig raͤchen
muͤßten, wenn ſie den Staub ihrer Vorfahren fuͤr nichts
anders als gemeinen Staub, wenn ſie ihn nicht fuͤr ein
koſtbares Depot hielten, das einmahl wieder abgefordert
werden ſollte? — Man hat nun zwar gegen die Moͤg-
lichkeit der Auferſtehung mancherley Einwendungen ge-
macht, ja ſo gar berechnen wollen, daß die ganze Ober-
flaͤche des Erdbodens zu klein ſeyn wuͤrde, allen Aufer-
ſtandenen Platz zu geben, worauf ſie ſtehen koͤnnten. Es
iſt aber auch gewieſen worden, daß man ſich ſehr ver-
rechnet hat, und uͤberhaupt zeigen alle dieſe Einwuͤrfe,
wie eingeſchraͤnkte und ſinnliche Vorſtellungen diejenigen
von der Auferſtehung haben, die ſie machen. Sie treffen
folgende Wahrheiten gar nicht, auf denen die Moͤglich-
keit der Auferſtehung beruht. Die Theile des alten Lei-
bes, aus denen der neue zuſammengeſetzt werden ſoll,
koͤnnen ſich nicht aus der Natur der Dinge verlieren,
wie oft ſie auch in der allgemeinen Circulation der Mate-
rie mit andern fremden Theilen vermiſcht werden moͤgen.
Der Allwiſſende, der ſie zum fernern Gebrauch beſtimmt

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[214/0226] wie es die Religion verheißt, in der Ewigkeit wieder leben, ſo muhtmaßt die Vernunft ſchon eine Wiederher- ſtellung des Leibes, denn nicht die Seele allein, ſondern die Verbindung der Seele mit dem Leibe, macht den ganzen Menſchen aus. Ja, ſie hat es gemuhtmaßt, ehe ſie den Unterricht der Religion davon gehabt hat. Das beweiſen die Begraͤbnißgebraͤuche der alten heidniſchen Voͤlker, und ihre fabelhaften Erzaͤhlungen von dem koͤr- perlichen Aufenthalt ihrer Verſtorbenen in angenehmen oder unangenehmen Gegenden. Als Darius gegen die Scythen zu Felde zog, und ſie der Feigherzigkeit beſchul- digte, weil ſie ihm immer auswichen, ließen ſie ihm ſagen, er moͤchte ſich nur an den Graͤbern ihrer Vaͤter vergreifen, ſo ſollte er erfahren, ob ſie eine feige Nation waͤren. Warum ſahen ſie die Verletzung dieſer Grabſtaͤtten fuͤr eine ſolche Beleidigung an, die ſie nothwendig raͤchen muͤßten, wenn ſie den Staub ihrer Vorfahren fuͤr nichts anders als gemeinen Staub, wenn ſie ihn nicht fuͤr ein koſtbares Depot hielten, das einmahl wieder abgefordert werden ſollte? — Man hat nun zwar gegen die Moͤg- lichkeit der Auferſtehung mancherley Einwendungen ge- macht, ja ſo gar berechnen wollen, daß die ganze Ober- flaͤche des Erdbodens zu klein ſeyn wuͤrde, allen Aufer- ſtandenen Platz zu geben, worauf ſie ſtehen koͤnnten. Es iſt aber auch gewieſen worden, daß man ſich ſehr ver- rechnet hat, und uͤberhaupt zeigen alle dieſe Einwuͤrfe, wie eingeſchraͤnkte und ſinnliche Vorſtellungen diejenigen von der Auferſtehung haben, die ſie machen. Sie treffen folgende Wahrheiten gar nicht, auf denen die Moͤglich- keit der Auferſtehung beruht. Die Theile des alten Lei- bes, aus denen der neue zuſammengeſetzt werden ſoll, koͤnnen ſich nicht aus der Natur der Dinge verlieren, wie oft ſie auch in der allgemeinen Circulation der Mate- rie mit andern fremden Theilen vermiſcht werden moͤgen. Der Allwiſſende, der ſie zum fernern Gebrauch beſtimmt hat,

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/226>, abgerufen am 24.11.2024.