rungen sind, das zeigt Jhnen die Natur und Absicht der Erlösung, die Gott für uns veranstaltet hat, und daß das Evangelium sie auch würklich an uns thut, davon überzeugen Sie folgende Schriftstellen. Röm. 2, 13. Tit. 1, 16. Matth. 7, 21. Jac. 2, 17.
Wollen Sie daher gewiß darüber werden, ob Sie sich Hoffnung machen dürfen von Gott begnadigt zu seyn, so müssen Sie sich prüfen, ob durch die Erkenntniß und Annahme des Evangelii diese Veränderung bey Jh- nen bewürkt worden ist. Forschen Sie also nach, ob Sie Jhre Vergehungen alle, ohne Ausnahme, ohne sich selbst zu schmeicheln, würklich verabscheuen, ob Sie sie von Herzen bereuen, ob Sie sie, wie sie es denn in der That sind, für die größesten unter allen Uebeln halten, von denen Sie itzt gedrückt werden? Und das nicht etwa allein deswegen, weil Sie die unangenehme Folgen der- selben erfahren, sondern vornemlich darum, weil Sie Gott, Jhren wohlthätigen Vater, der aus Liebe zu Jh- nen seines einigen Sohnes nicht verschont hat, dadurch beleidigt haben. Hat die Religion bey Jhnen diese Ver- änderung hervorgebracht, so wird sie auch in Jhrer Seele eine Neigung zu dem entgegengesetzten Guten, und über- haupt zu allem, was gut und Gott wohlgefällig ist, gewürkt haben. Auch darüber müssen Sie sich prüfen. Sie haben bey dieser Untersuchung nicht so sehr auf den Grad Jhrer Veränderung, als auf das Daseyn und die Wahrheit derselben zu sehen. Das Evangelium bestimmt nirgends, welchen Grad der Reue über die Sünde, des Vertrauens auf Gott und der Liebe zu ihm wir haben müssen. Aber das sagt es, daß wahre unverstellte Reue über alle unsre Sünden, ernstliches Verlangen nach Gnade, kindliche Zuversicht zu Gott durch Christum, aufrichtige Liebe gegen Gott und unsern Erlöser, und fester allgemeiner Vorsatz diese Liebe in allen uns möglichen
guten
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rungen ſind, das zeigt Jhnen die Natur und Abſicht der Erloͤſung, die Gott fuͤr uns veranſtaltet hat, und daß das Evangelium ſie auch wuͤrklich an uns thut, davon uͤberzeugen Sie folgende Schriftſtellen. Roͤm. 2, 13. Tit. 1, 16. Matth. 7, 21. Jac. 2, 17.
Wollen Sie daher gewiß daruͤber werden, ob Sie ſich Hoffnung machen duͤrfen von Gott begnadigt zu ſeyn, ſo muͤſſen Sie ſich pruͤfen, ob durch die Erkenntniß und Annahme des Evangelii dieſe Veraͤnderung bey Jh- nen bewuͤrkt worden iſt. Forſchen Sie alſo nach, ob Sie Jhre Vergehungen alle, ohne Ausnahme, ohne ſich ſelbſt zu ſchmeicheln, wuͤrklich verabſcheuen, ob Sie ſie von Herzen bereuen, ob Sie ſie, wie ſie es denn in der That ſind, fuͤr die groͤßeſten unter allen Uebeln halten, von denen Sie itzt gedruͤckt werden? Und das nicht etwa allein deswegen, weil Sie die unangenehme Folgen der- ſelben erfahren, ſondern vornemlich darum, weil Sie Gott, Jhren wohlthaͤtigen Vater, der aus Liebe zu Jh- nen ſeines einigen Sohnes nicht verſchont hat, dadurch beleidigt haben. Hat die Religion bey Jhnen dieſe Ver- aͤnderung hervorgebracht, ſo wird ſie auch in Jhrer Seele eine Neigung zu dem entgegengeſetzten Guten, und uͤber- haupt zu allem, was gut und Gott wohlgefaͤllig iſt, gewuͤrkt haben. Auch daruͤber muͤſſen Sie ſich pruͤfen. Sie haben bey dieſer Unterſuchung nicht ſo ſehr auf den Grad Jhrer Veraͤnderung, als auf das Daſeyn und die Wahrheit derſelben zu ſehen. Das Evangelium beſtimmt nirgends, welchen Grad der Reue uͤber die Suͤnde, des Vertrauens auf Gott und der Liebe zu ihm wir haben muͤſſen. Aber das ſagt es, daß wahre unverſtellte Reue uͤber alle unſre Suͤnden, ernſtliches Verlangen nach Gnade, kindliche Zuverſicht zu Gott durch Chriſtum, aufrichtige Liebe gegen Gott und unſern Erloͤſer, und feſter allgemeiner Vorſatz dieſe Liebe in allen uns moͤglichen
guten
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rungen ſind, das zeigt Jhnen die Natur und Abſicht der
Erloͤſung, die Gott fuͤr uns veranſtaltet hat, und daß
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uͤberzeugen Sie folgende Schriftſtellen. Roͤm. 2, 13.
Tit. 1, 16. Matth. 7, 21. Jac. 2, 17.
Wollen Sie daher gewiß daruͤber werden, ob
Sie ſich Hoffnung machen duͤrfen von Gott begnadigt zu
ſeyn, ſo muͤſſen Sie ſich pruͤfen, ob durch die Erkenntniß
und Annahme des Evangelii dieſe Veraͤnderung bey Jh-
nen bewuͤrkt worden iſt. Forſchen Sie alſo nach, ob
Sie Jhre Vergehungen alle, ohne Ausnahme, ohne ſich
ſelbſt zu ſchmeicheln, wuͤrklich verabſcheuen, ob Sie ſie
von Herzen bereuen, ob Sie ſie, wie ſie es denn in der
That ſind, fuͤr die groͤßeſten unter allen Uebeln halten,
von denen Sie itzt gedruͤckt werden? Und das nicht etwa
allein deswegen, weil Sie die unangenehme Folgen der-
ſelben erfahren, ſondern vornemlich darum, weil Sie
Gott, Jhren wohlthaͤtigen Vater, der aus Liebe zu Jh-
nen ſeines einigen Sohnes nicht verſchont hat, dadurch
beleidigt haben. Hat die Religion bey Jhnen dieſe Ver-
aͤnderung hervorgebracht, ſo wird ſie auch in Jhrer Seele
eine Neigung zu dem entgegengeſetzten Guten, und uͤber-
haupt zu allem, was gut und Gott wohlgefaͤllig iſt,
gewuͤrkt haben. Auch daruͤber muͤſſen Sie ſich pruͤfen.
Sie haben bey dieſer Unterſuchung nicht ſo ſehr auf den
Grad Jhrer Veraͤnderung, als auf das Daſeyn und die
Wahrheit derſelben zu ſehen. Das Evangelium beſtimmt
nirgends, welchen Grad der Reue uͤber die Suͤnde, des
Vertrauens auf Gott und der Liebe zu ihm wir haben
muͤſſen. Aber das ſagt es, daß wahre unverſtellte Reue
uͤber alle unſre Suͤnden, ernſtliches Verlangen nach
Gnade, kindliche Zuverſicht zu Gott durch Chriſtum,
aufrichtige Liebe gegen Gott und unſern Erloͤſer, und
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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/195>, abgerufen am 28.07.2024.
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