Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

Bild:
<< vorherige Seite




Glaubwürdigkeit seiner Auferstehung; Sie dachten über
die Weißagungen der Bibel nach, und funden auf bey-
den Seiten mehr Beweise, als nöthig waren Sie zu
überzeugen, daß Jesus von Gott gesandt, und daß sein
Wort Wahrheit sey. Hier lasen Sie den Bonnet, den
Leß, den Neuton. Jtzt lernten Sie die theoretischen
Lehren des Christenthums kennen. Wir fiengen bey der
Hauptlehre von der Versöhnung an, wir giengen fort
zu dem Unterricht des Christenthums von der Person
Christi und des heiligen Geistes. Wir schöpften unsre
Kenntnisse davon aus der heiligen Schrift, der einzigen
unverfälschten Quelle. Sie glaubten diese Wahrheiten
auf die Autorität Gottes, und auf das Zeugniß Jhrer
Vernunft, daß Sie nichts in denselben entdeckte, das
der Gottheit unanständig oder andern gewiß erkannten
Wahrheiten widersprechend sey.

Auf diese Art erinnerte ich den Grafen an den
Weg, welchen wir bisher mit einander zurückgelegt,
wiederholte kurz die Reihe der Beweise, die am meisten
auf ihn gewürkt hatten, und hatte das Vergnügen aus
seinen Antworten zu sehen, daß er sie gut gefaßt, und
daß sie ihm gegenwärtig waren. Das Resultat, setzte
ich noch hinzu, von diesen Jhren Bemühungen ist dieses,
daß Sie sich nun mit wahrer Ueberzeugung zum Chri-
stenthum bekennen, Jesum als Jhren Erlöser anbeten,
und schon die Würkungen Jhres Glaubens in der unge-
künstelten Ruhe und Heiterkeit spüren, die Jhre Seele
empfindet. Jch entwickelte diese letztern Sätze umständ-
lich, und fragte ihn bey einem jeden besonders, ob ich
seinen Sinn getroffen hätte, welches er jedesmahl mit
Empfindung bejahete. Von seiner gegenwärtigen Ruhe
sagte er, daß sie ganz etwas anders wäre, als diejenige,
die er vorhin zu haben geglaubt hätte. Jtzt fühle er sich
heiter: vorhin habe er sich gezwungen es zu scheinen.

Er
M 2




Glaubwuͤrdigkeit ſeiner Auferſtehung; Sie dachten uͤber
die Weißagungen der Bibel nach, und funden auf bey-
den Seiten mehr Beweiſe, als noͤthig waren Sie zu
uͤberzeugen, daß Jeſus von Gott geſandt, und daß ſein
Wort Wahrheit ſey. Hier laſen Sie den Bonnet, den
Leß, den Neuton. Jtzt lernten Sie die theoretiſchen
Lehren des Chriſtenthums kennen. Wir fiengen bey der
Hauptlehre von der Verſoͤhnung an, wir giengen fort
zu dem Unterricht des Chriſtenthums von der Perſon
Chriſti und des heiligen Geiſtes. Wir ſchoͤpften unſre
Kenntniſſe davon aus der heiligen Schrift, der einzigen
unverfaͤlſchten Quelle. Sie glaubten dieſe Wahrheiten
auf die Autoritaͤt Gottes, und auf das Zeugniß Jhrer
Vernunft, daß Sie nichts in denſelben entdeckte, das
der Gottheit unanſtaͤndig oder andern gewiß erkannten
Wahrheiten widerſprechend ſey.

Auf dieſe Art erinnerte ich den Grafen an den
Weg, welchen wir bisher mit einander zuruͤckgelegt,
wiederholte kurz die Reihe der Beweiſe, die am meiſten
auf ihn gewuͤrkt hatten, und hatte das Vergnuͤgen aus
ſeinen Antworten zu ſehen, daß er ſie gut gefaßt, und
daß ſie ihm gegenwaͤrtig waren. Das Reſultat, ſetzte
ich noch hinzu, von dieſen Jhren Bemuͤhungen iſt dieſes,
daß Sie ſich nun mit wahrer Ueberzeugung zum Chri-
ſtenthum bekennen, Jeſum als Jhren Erloͤſer anbeten,
und ſchon die Wuͤrkungen Jhres Glaubens in der unge-
kuͤnſtelten Ruhe und Heiterkeit ſpuͤren, die Jhre Seele
empfindet. Jch entwickelte dieſe letztern Saͤtze umſtaͤnd-
lich, und fragte ihn bey einem jeden beſonders, ob ich
ſeinen Sinn getroffen haͤtte, welches er jedesmahl mit
Empfindung bejahete. Von ſeiner gegenwaͤrtigen Ruhe
ſagte er, daß ſie ganz etwas anders waͤre, als diejenige,
die er vorhin zu haben geglaubt haͤtte. Jtzt fuͤhle er ſich
heiter: vorhin habe er ſich gezwungen es zu ſcheinen.

Er
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0191" n="179"/><lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Glaubwu&#x0364;rdigkeit &#x017F;einer Aufer&#x017F;tehung; Sie dachten u&#x0364;ber<lb/>
die Weißagungen der Bibel nach, und funden auf bey-<lb/>
den Seiten mehr Bewei&#x017F;e, als no&#x0364;thig waren Sie zu<lb/>
u&#x0364;berzeugen, daß Je&#x017F;us von Gott ge&#x017F;andt, und daß &#x017F;ein<lb/>
Wort Wahrheit &#x017F;ey. Hier la&#x017F;en Sie den Bonnet, den<lb/>
Leß, den Neuton. Jtzt lernten Sie die theoreti&#x017F;chen<lb/>
Lehren des Chri&#x017F;tenthums kennen. Wir fiengen bey der<lb/>
Hauptlehre von der Ver&#x017F;o&#x0364;hnung an, wir giengen fort<lb/>
zu dem Unterricht des Chri&#x017F;tenthums von der Per&#x017F;on<lb/>
Chri&#x017F;ti und des heiligen Gei&#x017F;tes. Wir &#x017F;cho&#x0364;pften un&#x017F;re<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e davon aus der heiligen Schrift, der einzigen<lb/>
unverfa&#x0364;l&#x017F;chten Quelle. Sie glaubten die&#x017F;e Wahrheiten<lb/>
auf die Autorita&#x0364;t Gottes, und auf das Zeugniß Jhrer<lb/>
Vernunft, daß Sie nichts in den&#x017F;elben entdeckte, das<lb/>
der Gottheit unan&#x017F;ta&#x0364;ndig oder andern gewiß erkannten<lb/>
Wahrheiten wider&#x017F;prechend &#x017F;ey.</p><lb/>
        <p>Auf die&#x017F;e Art erinnerte ich den Grafen an den<lb/>
Weg, welchen wir bisher mit einander zuru&#x0364;ckgelegt,<lb/>
wiederholte kurz die Reihe der Bewei&#x017F;e, die am mei&#x017F;ten<lb/>
auf ihn gewu&#x0364;rkt hatten, und hatte das Vergnu&#x0364;gen aus<lb/>
&#x017F;einen Antworten zu &#x017F;ehen, daß er &#x017F;ie gut gefaßt, und<lb/>
daß &#x017F;ie ihm gegenwa&#x0364;rtig waren. Das Re&#x017F;ultat, &#x017F;etzte<lb/>
ich noch hinzu, von die&#x017F;en Jhren Bemu&#x0364;hungen i&#x017F;t die&#x017F;es,<lb/>
daß Sie &#x017F;ich nun mit wahrer Ueberzeugung zum Chri-<lb/>
&#x017F;tenthum bekennen, Je&#x017F;um als Jhren Erlo&#x0364;&#x017F;er anbeten,<lb/>
und &#x017F;chon die Wu&#x0364;rkungen Jhres Glaubens in der unge-<lb/>
ku&#x0364;n&#x017F;telten Ruhe und Heiterkeit &#x017F;pu&#x0364;ren, die Jhre Seele<lb/>
empfindet. Jch entwickelte die&#x017F;e letztern Sa&#x0364;tze um&#x017F;ta&#x0364;nd-<lb/>
lich, und fragte ihn bey einem jeden be&#x017F;onders, ob ich<lb/>
&#x017F;einen Sinn getroffen ha&#x0364;tte, welches er jedesmahl mit<lb/>
Empfindung bejahete. Von &#x017F;einer gegenwa&#x0364;rtigen Ruhe<lb/>
&#x017F;agte er, daß &#x017F;ie ganz etwas anders wa&#x0364;re, als diejenige,<lb/>
die er vorhin zu haben geglaubt ha&#x0364;tte. Jtzt fu&#x0364;hle er &#x017F;ich<lb/>
heiter: vorhin habe er &#x017F;ich gezwungen es zu &#x017F;cheinen.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Er</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0191] Glaubwuͤrdigkeit ſeiner Auferſtehung; Sie dachten uͤber die Weißagungen der Bibel nach, und funden auf bey- den Seiten mehr Beweiſe, als noͤthig waren Sie zu uͤberzeugen, daß Jeſus von Gott geſandt, und daß ſein Wort Wahrheit ſey. Hier laſen Sie den Bonnet, den Leß, den Neuton. Jtzt lernten Sie die theoretiſchen Lehren des Chriſtenthums kennen. Wir fiengen bey der Hauptlehre von der Verſoͤhnung an, wir giengen fort zu dem Unterricht des Chriſtenthums von der Perſon Chriſti und des heiligen Geiſtes. Wir ſchoͤpften unſre Kenntniſſe davon aus der heiligen Schrift, der einzigen unverfaͤlſchten Quelle. Sie glaubten dieſe Wahrheiten auf die Autoritaͤt Gottes, und auf das Zeugniß Jhrer Vernunft, daß Sie nichts in denſelben entdeckte, das der Gottheit unanſtaͤndig oder andern gewiß erkannten Wahrheiten widerſprechend ſey. Auf dieſe Art erinnerte ich den Grafen an den Weg, welchen wir bisher mit einander zuruͤckgelegt, wiederholte kurz die Reihe der Beweiſe, die am meiſten auf ihn gewuͤrkt hatten, und hatte das Vergnuͤgen aus ſeinen Antworten zu ſehen, daß er ſie gut gefaßt, und daß ſie ihm gegenwaͤrtig waren. Das Reſultat, ſetzte ich noch hinzu, von dieſen Jhren Bemuͤhungen iſt dieſes, daß Sie ſich nun mit wahrer Ueberzeugung zum Chri- ſtenthum bekennen, Jeſum als Jhren Erloͤſer anbeten, und ſchon die Wuͤrkungen Jhres Glaubens in der unge- kuͤnſtelten Ruhe und Heiterkeit ſpuͤren, die Jhre Seele empfindet. Jch entwickelte dieſe letztern Saͤtze umſtaͤnd- lich, und fragte ihn bey einem jeden beſonders, ob ich ſeinen Sinn getroffen haͤtte, welches er jedesmahl mit Empfindung bejahete. Von ſeiner gegenwaͤrtigen Ruhe ſagte er, daß ſie ganz etwas anders waͤre, als diejenige, die er vorhin zu haben geglaubt haͤtte. Jtzt fuͤhle er ſich heiter: vorhin habe er ſich gezwungen es zu ſcheinen. Er M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/191
Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/191>, abgerufen am 22.11.2024.