Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.Siebenzehende Unterredung, den 30sten März. Jemehr ich, sagte der Graf, das Christenthum aus der Er hatte nun den Neuton über die Weißagungen hat,
Siebenzehende Unterredung, den 30ſten Maͤrz. Jemehr ich, ſagte der Graf, das Chriſtenthum aus der Er hatte nun den Neuton uͤber die Weißagungen hat,
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0156" n="144"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Siebenzehende Unterredung, den<lb/> 30ſten Maͤrz.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">J</hi>emehr ich, ſagte der Graf, das Chriſtenthum aus der<lb/> Bibel ſelbſt kennen lerne, deſto mehr werde ich uͤber-<lb/> zeugt, wie ungerecht die Vorwuͤrfe ſind, die demſelben<lb/> gemacht werden. So z. Ex. finde ich daß das, was Vol-<lb/> taire und andere von der Jntoleranz der Chriſten, und<lb/> von dem Blutvergießen ſagen, welches dadurch veranlaßt<lb/> worden iſt, auf keine Weiſe der Religion zur Laſt gelegt<lb/> werden kann. Nein, antwortete ich, ſie predigt die<lb/> Liebe, die Sanftmuth, ſie will nicht durch aͤußerliche<lb/> Gewalt, ſondern allein durch die Macht der Wahrheit<lb/> ſiegen. Aller Zwang, die Menſchen zu ihrer Annehmung<lb/> zu bringen, iſt ganz ihrem Geiſt und ihrer Natur zuwider.<lb/> Man ſieht es auch, ſetzte er hinzu, wenn man die Un-<lb/> menſchlichkeiten, die der Religion beygemeſſen werden,<lb/> von der rechten Seite betrachtet, daß ſie durch menſchli-<lb/> che Leidenſchaften, durch Eigennutz und Herſchſucht oder<lb/> wenigſtens durch Einfalt ſind verurſacht worden, und<lb/> daß die Religion nur einen Vorwand hat geben muͤſſen.<lb/> Man braucht nur die Geſchichte der Grauſamkeiten zu<lb/> leſen, die die Spanier in America veruͤbt haben um da-<lb/> von uͤberzeugt zu werden. —</p><lb/> <p>Er hatte nun den Neuton uͤber die Weißagungen<lb/> vollendet, und fand es ſehr beweiſend fuͤr die Wahrheit<lb/> des Chriſtenthums, daß die Erfuͤllung derſelben durch<lb/> die Geſchichte ſo gut erwieſen werden koͤnnte. Dieß ſey<lb/> beſonders in die Augen fallend bey denen, welche Baby-<lb/> lon, Tyrus, Jeruſalem und die itzt noch fortdaurenden<lb/> Schickſale des juͤdiſchen Volks betraͤfen. Jch muß zwar<lb/> geſtehen, ſetzte er hinzu, einige Weißagungen ſind mir<lb/> zu dunkel. So z. Ex. kann ich mich nicht darin finden,<lb/> was Chriſtus unter den Zeichen am Himmel verſtanden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hat,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0156]
Siebenzehende Unterredung, den
30ſten Maͤrz.
Jemehr ich, ſagte der Graf, das Chriſtenthum aus der
Bibel ſelbſt kennen lerne, deſto mehr werde ich uͤber-
zeugt, wie ungerecht die Vorwuͤrfe ſind, die demſelben
gemacht werden. So z. Ex. finde ich daß das, was Vol-
taire und andere von der Jntoleranz der Chriſten, und
von dem Blutvergießen ſagen, welches dadurch veranlaßt
worden iſt, auf keine Weiſe der Religion zur Laſt gelegt
werden kann. Nein, antwortete ich, ſie predigt die
Liebe, die Sanftmuth, ſie will nicht durch aͤußerliche
Gewalt, ſondern allein durch die Macht der Wahrheit
ſiegen. Aller Zwang, die Menſchen zu ihrer Annehmung
zu bringen, iſt ganz ihrem Geiſt und ihrer Natur zuwider.
Man ſieht es auch, ſetzte er hinzu, wenn man die Un-
menſchlichkeiten, die der Religion beygemeſſen werden,
von der rechten Seite betrachtet, daß ſie durch menſchli-
che Leidenſchaften, durch Eigennutz und Herſchſucht oder
wenigſtens durch Einfalt ſind verurſacht worden, und
daß die Religion nur einen Vorwand hat geben muͤſſen.
Man braucht nur die Geſchichte der Grauſamkeiten zu
leſen, die die Spanier in America veruͤbt haben um da-
von uͤberzeugt zu werden. —
Er hatte nun den Neuton uͤber die Weißagungen
vollendet, und fand es ſehr beweiſend fuͤr die Wahrheit
des Chriſtenthums, daß die Erfuͤllung derſelben durch
die Geſchichte ſo gut erwieſen werden koͤnnte. Dieß ſey
beſonders in die Augen fallend bey denen, welche Baby-
lon, Tyrus, Jeruſalem und die itzt noch fortdaurenden
Schickſale des juͤdiſchen Volks betraͤfen. Jch muß zwar
geſtehen, ſetzte er hinzu, einige Weißagungen ſind mir
zu dunkel. So z. Ex. kann ich mich nicht darin finden,
was Chriſtus unter den Zeichen am Himmel verſtanden
hat,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |