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Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772.

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Gesinnung sind. Boerhave, Stahl, Junker, Hoff-
mann, Werlhof, waren alle Christen. Meads zur Be-
stätigung des Christenthums dienende Christen werden
Sie kennen. Haller hat noch neulich ein Buch für die
Religion geschrieben, welches ich Jhnen zu lesen geben
würde, wenn es schon hier zu haben wäre. Unser
Berger, welch ein überzeugter frommer Bekenner der
Religion ist er nicht! Auch Zimmermann, setzte er hinzu,
ist ein Christ. Sie müssen überhaupt nicht denken, daß
ich mit diesem Einfalle etwas sagen wolle. Eben so
wenig als damit, daß ich mich erinnere gehört zu haben,
Michaelis und Semlor wären Naturalisten. "Wenn
sie das wären, Herr Graf, so würden sie sich schwerlich
so viel Mühe geben das Christenthum zu befördern und
auszubreiten, als sie würklich thun. Dieß ist ohne Zwei-
fel eine Beschuldigung intoleranter Christen, welche
durch die Dienste, die diese Männer der Religion leisten,
hinlänglich widerlegt wird."

Funfzehende Unterredung, den 27sten März.

Meine Leser werden sich aus der vorigen Unterredung
erinnern, daß der Graf über die Erfüllung der
Weißagungen mehr Unterricht zu haben wünschte. Um
ihm diesen zu verschaffen brachte ich ihm nun Neutons
Abhandlungen über die Weißagungen, die merkwürdig
erfüllt sind.

Jch erkenne itzt, sagte er, wie wichtig die mora-
lische Regel ist, daß man sich vor der ersten Sünde
hüten müsse. Wenn man das nicht thut, wenn man
sich nur das Wohlgefallen an bösen Lüsten erlaubt, und
nicht gleich ihre ersten Aufwallungen unterdrückt, so hat
mans nachher oft gar nicht mehr in seiner Gewalt gut
und tugendhaft zu handeln. Jch habe es erfahren. Mir

schien
J 5



Geſinnung ſind. Boerhave, Stahl, Junker, Hoff-
mann, Werlhof, waren alle Chriſten. Meads zur Be-
ſtaͤtigung des Chriſtenthums dienende Chriſten werden
Sie kennen. Haller hat noch neulich ein Buch fuͤr die
Religion geſchrieben, welches ich Jhnen zu leſen geben
wuͤrde, wenn es ſchon hier zu haben waͤre. Unſer
Berger, welch ein uͤberzeugter frommer Bekenner der
Religion iſt er nicht! Auch Zimmermann, ſetzte er hinzu,
iſt ein Chriſt. Sie muͤſſen uͤberhaupt nicht denken, daß
ich mit dieſem Einfalle etwas ſagen wolle. Eben ſo
wenig als damit, daß ich mich erinnere gehoͤrt zu haben,
Michaelis und Semlor waͤren Naturaliſten. “Wenn
ſie das waͤren, Herr Graf, ſo wuͤrden ſie ſich ſchwerlich
ſo viel Muͤhe geben das Chriſtenthum zu befoͤrdern und
auszubreiten, als ſie wuͤrklich thun. Dieß iſt ohne Zwei-
fel eine Beſchuldigung intoleranter Chriſten, welche
durch die Dienſte, die dieſe Maͤnner der Religion leiſten,
hinlaͤnglich widerlegt wird.„

Funfzehende Unterredung, den 27ſten Maͤrz.

Meine Leſer werden ſich aus der vorigen Unterredung
erinnern, daß der Graf uͤber die Erfuͤllung der
Weißagungen mehr Unterricht zu haben wuͤnſchte. Um
ihm dieſen zu verſchaffen brachte ich ihm nun Neutons
Abhandlungen uͤber die Weißagungen, die merkwuͤrdig
erfuͤllt ſind.

Jch erkenne itzt, ſagte er, wie wichtig die mora-
liſche Regel iſt, daß man ſich vor der erſten Suͤnde
huͤten muͤſſe. Wenn man das nicht thut, wenn man
ſich nur das Wohlgefallen an boͤſen Luͤſten erlaubt, und
nicht gleich ihre erſten Aufwallungen unterdruͤckt, ſo hat
mans nachher oft gar nicht mehr in ſeiner Gewalt gut
und tugendhaft zu handeln. Jch habe es erfahren. Mir

ſchien
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[137/0149] Geſinnung ſind. Boerhave, Stahl, Junker, Hoff- mann, Werlhof, waren alle Chriſten. Meads zur Be- ſtaͤtigung des Chriſtenthums dienende Chriſten werden Sie kennen. Haller hat noch neulich ein Buch fuͤr die Religion geſchrieben, welches ich Jhnen zu leſen geben wuͤrde, wenn es ſchon hier zu haben waͤre. Unſer Berger, welch ein uͤberzeugter frommer Bekenner der Religion iſt er nicht! Auch Zimmermann, ſetzte er hinzu, iſt ein Chriſt. Sie muͤſſen uͤberhaupt nicht denken, daß ich mit dieſem Einfalle etwas ſagen wolle. Eben ſo wenig als damit, daß ich mich erinnere gehoͤrt zu haben, Michaelis und Semlor waͤren Naturaliſten. “Wenn ſie das waͤren, Herr Graf, ſo wuͤrden ſie ſich ſchwerlich ſo viel Muͤhe geben das Chriſtenthum zu befoͤrdern und auszubreiten, als ſie wuͤrklich thun. Dieß iſt ohne Zwei- fel eine Beſchuldigung intoleranter Chriſten, welche durch die Dienſte, die dieſe Maͤnner der Religion leiſten, hinlaͤnglich widerlegt wird.„ Funfzehende Unterredung, den 27ſten Maͤrz. Meine Leſer werden ſich aus der vorigen Unterredung erinnern, daß der Graf uͤber die Erfuͤllung der Weißagungen mehr Unterricht zu haben wuͤnſchte. Um ihm dieſen zu verſchaffen brachte ich ihm nun Neutons Abhandlungen uͤber die Weißagungen, die merkwuͤrdig erfuͤllt ſind. Jch erkenne itzt, ſagte er, wie wichtig die mora- liſche Regel iſt, daß man ſich vor der erſten Suͤnde huͤten muͤſſe. Wenn man das nicht thut, wenn man ſich nur das Wohlgefallen an boͤſen Luͤſten erlaubt, und nicht gleich ihre erſten Aufwallungen unterdruͤckt, ſo hat mans nachher oft gar nicht mehr in ſeiner Gewalt gut und tugendhaft zu handeln. Jch habe es erfahren. Mir ſchien J 5

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Zitationshilfe: Münter, Balthasar: Bekehrungsgeschichte des vormaligen Grafen [...] Johann Friederich Struensee. Kopenhagen, 1772, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muenter_bekehren_1772/149>, abgerufen am 24.11.2024.