Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.ich vermuthet hatte. Das war offenbar nicht die Geliebte des Ermordeten, welche fragte; es war die Geliebte Ferdinands, oder es war wenigstens nicht Jener, sondern Dieser, welchen sie liebte. Wußte das Ferdinand selbst noch nicht, als er an der Leiche seines Bruders ausrief: "Mariane, du kannst es nicht tragen!" Diese Unwahrscheinlichkeit fiel mir auf das Herz, auf das criminalistische, möcht' ich sagen. "In der That, mein Fräulein," erwiederte ich: "Herr Albus hat Spuren einer Verzweiflung blicken laßen, die seinem eignen Leben hätten gefährlich werden können. Er hat mir sogar eingestanden, daß er nach dem Unglück, auf der Brücke von Eichdorf, von dem Gedanken an Selbstmord überfallen worden. -" "Oh sehn Sie - sehn Sie wohl, Vater!" fiel Mariane ein. ich vermuthet hatte. Das war offenbar nicht die Geliebte des Ermordeten, welche fragte; es war die Geliebte Ferdinands, oder es war wenigstens nicht Jener, sondern Dieser, welchen sie liebte. Wußte das Ferdinand selbst noch nicht, als er an der Leiche seines Bruders ausrief: „Mariane, du kannst es nicht tragen!“ Diese Unwahrscheinlichkeit fiel mir auf das Herz, auf das criminalistische, möcht’ ich sagen. „In der That, mein Fräulein,“ erwiederte ich: „Herr Albus hat Spuren einer Verzweiflung blicken laßen, die seinem eignen Leben hätten gefährlich werden können. Er hat mir sogar eingestanden, daß er nach dem Unglück, auf der Brücke von Eichdorf, von dem Gedanken an Selbstmord überfallen worden. –“ „Oh sehn Sie – sehn Sie wohl, Vater!“ fiel Mariane ein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0059" n="39"/> ich vermuthet hatte. Das war offenbar nicht die Geliebte des Ermordeten, welche fragte; es war die Geliebte <hi rendition="#g">Ferdinands</hi>, oder es war wenigstens nicht Jener, sondern Dieser, welchen <hi rendition="#g">sie</hi> liebte. Wußte das Ferdinand <hi rendition="#g">selbst</hi> noch nicht, als er an der Leiche seines Bruders ausrief: „Mariane, du kannst es nicht tragen!“ Diese Unwahrscheinlichkeit fiel mir auf das Herz, auf das criminalistische, möcht’ ich sagen.</p> <p>„In der That, mein Fräulein,“ erwiederte ich: „Herr Albus hat Spuren einer Verzweiflung blicken laßen, die seinem eignen Leben hätten gefährlich werden können. Er hat mir sogar eingestanden, daß er nach dem Unglück, auf der Brücke von Eichdorf, von dem Gedanken an Selbstmord überfallen worden. –“</p> <p>„Oh sehn Sie – sehn Sie wohl, Vater!“ fiel Mariane ein.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0059]
ich vermuthet hatte. Das war offenbar nicht die Geliebte des Ermordeten, welche fragte; es war die Geliebte Ferdinands, oder es war wenigstens nicht Jener, sondern Dieser, welchen sie liebte. Wußte das Ferdinand selbst noch nicht, als er an der Leiche seines Bruders ausrief: „Mariane, du kannst es nicht tragen!“ Diese Unwahrscheinlichkeit fiel mir auf das Herz, auf das criminalistische, möcht’ ich sagen.
„In der That, mein Fräulein,“ erwiederte ich: „Herr Albus hat Spuren einer Verzweiflung blicken laßen, die seinem eignen Leben hätten gefährlich werden können. Er hat mir sogar eingestanden, daß er nach dem Unglück, auf der Brücke von Eichdorf, von dem Gedanken an Selbstmord überfallen worden. –“
„Oh sehn Sie – sehn Sie wohl, Vater!“ fiel Mariane ein.
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/59>, abgerufen am 31.07.2024. |