Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.leises Zittern, und sie ließ sich auf eine Art nieder, welche zu erkennen gab, daß die Stellung der Ruhe mit ihrem Gemüthe nicht im Einklange war. Eine ungeduldige Aengstlichkeit schien Fragen auf ihre Zunge drängen zu wollen, welche sie mit Mühe zurückhielt, um dem Vater die Initiative der Unterredung zu überlassen. Hat man sie - dachte ich - noch in Zweifel gelassen über die Größe des Unglückes, welches sie betroffen hat? Ich wendete mich schnell wieder zu dem Alten. "Sie kommen unfehlbar, Herr Kammerrath, um zu erfahren, wie lange Sie Ihren Geschäftsgehülfen werden entbehren müssen. Der Schlaf hat ihn sehr gestärkt, die Besorgnisse des Arztes sind größtentheils verschwunden, doch soll er noch das Zimmer nicht verlassen, und meine Mutter hat sich gleichsam darin angesiedelt, damit die Einsamkeit seinen Trübsinn nicht vermehre." leises Zittern, und sie ließ sich auf eine Art nieder, welche zu erkennen gab, daß die Stellung der Ruhe mit ihrem Gemüthe nicht im Einklange war. Eine ungeduldige Aengstlichkeit schien Fragen auf ihre Zunge drängen zu wollen, welche sie mit Mühe zurückhielt, um dem Vater die Initiative der Unterredung zu überlassen. Hat man sie – dachte ich – noch in Zweifel gelassen über die Größe des Unglückes, welches sie betroffen hat? Ich wendete mich schnell wieder zu dem Alten. „Sie kommen unfehlbar, Herr Kammerrath, um zu erfahren, wie lange Sie Ihren Geschäftsgehülfen werden entbehren müssen. Der Schlaf hat ihn sehr gestärkt, die Besorgnisse des Arztes sind größtentheils verschwunden, doch soll er noch das Zimmer nicht verlassen, und meine Mutter hat sich gleichsam darin angesiedelt, damit die Einsamkeit seinen Trübsinn nicht vermehre.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0057" n="37"/> leises Zittern, und sie ließ sich auf eine Art nieder, welche zu erkennen gab, daß die Stellung der Ruhe mit ihrem Gemüthe nicht im Einklange war. Eine ungeduldige Aengstlichkeit schien Fragen auf ihre Zunge drängen zu wollen, welche sie mit Mühe zurückhielt, um dem Vater die Initiative der Unterredung zu überlassen. Hat man sie – dachte ich – noch in Zweifel gelassen über die Größe des Unglückes, welches sie betroffen hat? Ich wendete mich schnell wieder zu dem Alten.</p> <p>„Sie kommen unfehlbar, Herr Kammerrath, um zu erfahren, wie lange Sie Ihren Geschäftsgehülfen werden entbehren müssen. Der Schlaf hat ihn sehr gestärkt, die Besorgnisse des Arztes sind größtentheils verschwunden, doch soll er noch das Zimmer nicht verlassen, und meine Mutter hat sich gleichsam darin angesiedelt, damit die Einsamkeit seinen Trübsinn nicht vermehre.“</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [37/0057]
leises Zittern, und sie ließ sich auf eine Art nieder, welche zu erkennen gab, daß die Stellung der Ruhe mit ihrem Gemüthe nicht im Einklange war. Eine ungeduldige Aengstlichkeit schien Fragen auf ihre Zunge drängen zu wollen, welche sie mit Mühe zurückhielt, um dem Vater die Initiative der Unterredung zu überlassen. Hat man sie – dachte ich – noch in Zweifel gelassen über die Größe des Unglückes, welches sie betroffen hat? Ich wendete mich schnell wieder zu dem Alten.
„Sie kommen unfehlbar, Herr Kammerrath, um zu erfahren, wie lange Sie Ihren Geschäftsgehülfen werden entbehren müssen. Der Schlaf hat ihn sehr gestärkt, die Besorgnisse des Arztes sind größtentheils verschwunden, doch soll er noch das Zimmer nicht verlassen, und meine Mutter hat sich gleichsam darin angesiedelt, damit die Einsamkeit seinen Trübsinn nicht vermehre.“
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/57>, abgerufen am 31.07.2024. |