Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.Worte auf das Papier: "Heinrich ist ermordet, ich liege krank, aber nur Erschöpfung, bringen Sie es Ihrer Tochter mit Vorsicht bei, ehe sie das Gerücht erfährt. Ich bitte um andere Kleider und Wäsche." Ich siegelte das Billet, überschrieb es an den Kammerrath Brand "zu eigenhändiger Eröffnung," sprach diese Worte laut, und bemerkte absichtlich, daß sie mir nöthig schienen, damit der Brief auf keinen Fall von Fräulein Marianen geöffnet werde. Es fiel ihm nicht auf, daß ich den Namen wußte. "Sie wird nicht," sagte er: "und am Ende -" Er wendete sich ab, seufzte beklommen, und verbarg sein Gesicht in dem Kissen. Ich zweifelte nicht mehr, daß er den Schmerz im voraus mitfühlte, womit die traurige Nachricht die Braut seines Bruders erfüllen würde. Worte auf das Papier: „Heinrich ist ermordet, ich liege krank, aber nur Erschöpfung, bringen Sie es Ihrer Tochter mit Vorsicht bei, ehe sie das Gerücht erfährt. Ich bitte um andere Kleider und Wäsche.“ Ich siegelte das Billet, überschrieb es an den Kammerrath Brand „zu eigenhändiger Eröffnung,“ sprach diese Worte laut, und bemerkte absichtlich, daß sie mir nöthig schienen, damit der Brief auf keinen Fall von Fräulein Marianen geöffnet werde. Es fiel ihm nicht auf, daß ich den Namen wußte. „Sie wird nicht,“ sagte er: „und am Ende –“ Er wendete sich ab, seufzte beklommen, und verbarg sein Gesicht in dem Kissen. Ich zweifelte nicht mehr, daß er den Schmerz im voraus mitfühlte, womit die traurige Nachricht die Braut seines Bruders erfüllen würde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0053" n="33"/> Worte auf das Papier: „Heinrich ist ermordet, ich liege krank, aber nur Erschöpfung, bringen Sie es Ihrer Tochter mit Vorsicht bei, ehe sie das Gerücht erfährt. Ich bitte um andere Kleider und Wäsche.“ Ich siegelte das Billet, überschrieb es an den Kammerrath Brand „zu eigenhändiger Eröffnung,“ sprach diese Worte laut, und bemerkte absichtlich, daß sie mir nöthig schienen, damit der Brief auf keinen Fall von Fräulein <hi rendition="#g">Marianen</hi> geöffnet werde. Es fiel ihm nicht auf, daß ich den Namen wußte.</p> <p>„Sie wird <hi rendition="#g">nicht</hi>,“ sagte er: „und am Ende –“ Er wendete sich ab, seufzte beklommen, und verbarg sein Gesicht in dem Kissen. Ich zweifelte nicht mehr, daß er den Schmerz im voraus mitfühlte, womit die traurige Nachricht die Braut seines Bruders erfüllen würde.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [33/0053]
Worte auf das Papier: „Heinrich ist ermordet, ich liege krank, aber nur Erschöpfung, bringen Sie es Ihrer Tochter mit Vorsicht bei, ehe sie das Gerücht erfährt. Ich bitte um andere Kleider und Wäsche.“ Ich siegelte das Billet, überschrieb es an den Kammerrath Brand „zu eigenhändiger Eröffnung,“ sprach diese Worte laut, und bemerkte absichtlich, daß sie mir nöthig schienen, damit der Brief auf keinen Fall von Fräulein Marianen geöffnet werde. Es fiel ihm nicht auf, daß ich den Namen wußte.
„Sie wird nicht,“ sagte er: „und am Ende –“ Er wendete sich ab, seufzte beklommen, und verbarg sein Gesicht in dem Kissen. Ich zweifelte nicht mehr, daß er den Schmerz im voraus mitfühlte, womit die traurige Nachricht die Braut seines Bruders erfüllen würde.
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/53>, abgerufen am 08.07.2024. |