Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.selbst dann ohne Zeichen des Unwillens anhörte, wenn sie diese Saite anschlug. Schon glaubte sie einmal, ihr Ziel bei ihm erreicht zu haben, da fing er an zu weinen, und sagte halblaut: "So jung, so schön, eine so himmlische Seele; und um meinetwillen vom Teufel besessen!" Dagegen gab es eine fast komische Scene, als auch Rebhahn, mit allen Waffen der Logik gerüstet, gegen seine fixe Idee ausrückte. Sobald er dessen Absicht merkte, setzte er sich gleichsam in Positur, und schien den ganzen Rest seiner Geisteskräfte zu einer Disputation mit ihm aufzubieten. "Sie behaupten, daß ich unschuldig bin; definiren Sie mir einmal meine Unschuld! Woraus besteht sie, Stück vor Stück?" "Sie ist aus dem Ganzen, werther Herr Albus; Sie bilden sich ein, Ihren Bruder selbst dann ohne Zeichen des Unwillens anhörte, wenn sie diese Saite anschlug. Schon glaubte sie einmal, ihr Ziel bei ihm erreicht zu haben, da fing er an zu weinen, und sagte halblaut: „So jung, so schön, eine so himmlische Seele; und um meinetwillen vom Teufel besessen!“ Dagegen gab es eine fast komische Scene, als auch Rebhahn, mit allen Waffen der Logik gerüstet, gegen seine fixe Idee ausrückte. Sobald er dessen Absicht merkte, setzte er sich gleichsam in Positur, und schien den ganzen Rest seiner Geisteskräfte zu einer Disputation mit ihm aufzubieten. „Sie behaupten, daß ich unschuldig bin; definiren Sie mir einmal meine Unschuld! Woraus besteht sie, Stück vor Stück?“ „Sie ist aus dem Ganzen, werther Herr Albus; Sie bilden sich ein, Ihren Bruder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0195" n="175"/> selbst dann ohne Zeichen des Unwillens anhörte, wenn sie diese Saite anschlug. Schon glaubte sie einmal, ihr Ziel bei ihm erreicht zu haben, da fing er an zu weinen, und sagte halblaut: „So jung, so schön, eine so himmlische Seele; und um <hi rendition="#g">meinetwillen</hi> vom Teufel besessen!“</p> <p>Dagegen gab es eine fast komische Scene, als auch Rebhahn, mit allen Waffen der Logik gerüstet, gegen seine fixe Idee ausrückte. Sobald er dessen Absicht merkte, setzte er sich gleichsam in Positur, und schien den ganzen Rest seiner Geisteskräfte zu einer Disputation mit ihm aufzubieten.</p> <p>„Sie behaupten, daß ich unschuldig bin; definiren Sie mir einmal meine Unschuld! Woraus besteht sie, Stück vor Stück?“</p> <p>„Sie ist aus dem Ganzen, werther Herr Albus; Sie bilden sich ein, Ihren Bruder </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [175/0195]
selbst dann ohne Zeichen des Unwillens anhörte, wenn sie diese Saite anschlug. Schon glaubte sie einmal, ihr Ziel bei ihm erreicht zu haben, da fing er an zu weinen, und sagte halblaut: „So jung, so schön, eine so himmlische Seele; und um meinetwillen vom Teufel besessen!“
Dagegen gab es eine fast komische Scene, als auch Rebhahn, mit allen Waffen der Logik gerüstet, gegen seine fixe Idee ausrückte. Sobald er dessen Absicht merkte, setzte er sich gleichsam in Positur, und schien den ganzen Rest seiner Geisteskräfte zu einer Disputation mit ihm aufzubieten.
„Sie behaupten, daß ich unschuldig bin; definiren Sie mir einmal meine Unschuld! Woraus besteht sie, Stück vor Stück?“
„Sie ist aus dem Ganzen, werther Herr Albus; Sie bilden sich ein, Ihren Bruder
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/195>, abgerufen am 16.02.2025. |