Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829.um sich mit ihm in sein Zimmer zu drängen, das er hinter sich verschließen will. Wohl ahnend, daß die Verschuldung, die ihn immer gequält, größer seyn möge, als er eingestanden hatte, dringt sie in ihn mit aller Macht ihrer Angst. Er bleibt lange stumm. Endlich sagt er: "Du hast es ja eben gehört, gesehen! Es ist Oerindur, vor dem Du stehest, es ist Kain! Ich - ich habe meinen Bruder erschossen." Sie steht vernichtet. Sie fällt nieder vor ihm, und beschwört ihn, das Entsetzliche zu widerrufen. Da erklärt er ihr mit der Festigkeit einer klaren, inneren Anschauung von der Unerträglichkeit seiner Last, daß er ihr Elvirens Schmach ersparen, und statt des Brautbettes das Blutgerüst besteigen werde. Hier schloß sie die Schilderung dieser Scene. Mit krampfhaftem Druck hatte sie um sich mit ihm in sein Zimmer zu drängen, das er hinter sich verschließen will. Wohl ahnend, daß die Verschuldung, die ihn immer gequält, größer seyn möge, als er eingestanden hatte, dringt sie in ihn mit aller Macht ihrer Angst. Er bleibt lange stumm. Endlich sagt er: „Du hast es ja eben gehört, gesehen! Es ist Oerindur, vor dem Du stehest, es ist Kain! Ich – ich habe meinen Bruder erschossen.“ Sie steht vernichtet. Sie fällt nieder vor ihm, und beschwört ihn, das Entsetzliche zu widerrufen. Da erklärt er ihr mit der Festigkeit einer klaren, inneren Anschauung von der Unerträglichkeit seiner Last, daß er ihr Elvirens Schmach ersparen, und statt des Brautbettes das Blutgerüst besteigen werde. Hier schloß sie die Schilderung dieser Scene. Mit krampfhaftem Druck hatte sie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0154" n="134"/> um sich mit ihm in sein Zimmer zu drängen, das er hinter sich verschließen will. Wohl ahnend, daß die Verschuldung, die ihn immer gequält, größer seyn möge, als er eingestanden hatte, dringt sie in ihn mit aller Macht ihrer Angst. Er bleibt lange stumm. Endlich sagt er: „Du hast es ja eben gehört, gesehen! Es ist <hi rendition="#g">Oerindur</hi>, vor dem Du stehest, es ist <hi rendition="#g">Kain</hi>! Ich – <hi rendition="#g">ich</hi> habe meinen Bruder erschossen.“</p> <p>Sie steht vernichtet. Sie fällt nieder vor ihm, und beschwört ihn, das Entsetzliche zu widerrufen. Da erklärt er ihr mit der Festigkeit einer klaren, inneren Anschauung von der Unerträglichkeit seiner Last, daß er <hi rendition="#g">ihr</hi> Elvirens Schmach ersparen, und statt des Brautbettes das Blutgerüst besteigen werde.</p> <p>Hier schloß sie die Schilderung dieser Scene. Mit krampfhaftem Druck hatte sie </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0154]
um sich mit ihm in sein Zimmer zu drängen, das er hinter sich verschließen will. Wohl ahnend, daß die Verschuldung, die ihn immer gequält, größer seyn möge, als er eingestanden hatte, dringt sie in ihn mit aller Macht ihrer Angst. Er bleibt lange stumm. Endlich sagt er: „Du hast es ja eben gehört, gesehen! Es ist Oerindur, vor dem Du stehest, es ist Kain! Ich – ich habe meinen Bruder erschossen.“
Sie steht vernichtet. Sie fällt nieder vor ihm, und beschwört ihn, das Entsetzliche zu widerrufen. Da erklärt er ihr mit der Festigkeit einer klaren, inneren Anschauung von der Unerträglichkeit seiner Last, daß er ihr Elvirens Schmach ersparen, und statt des Brautbettes das Blutgerüst besteigen werde.
Hier schloß sie die Schilderung dieser Scene. Mit krampfhaftem Druck hatte sie
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Zitationshilfe: | Müllner, Adolph: Der Kaliber. Leipzig, 1829, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muellner_kaliber_1829/154>, abgerufen am 08.07.2024. |